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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wollte ihn nicht erschrecken oder einen weiteren Angriff provozieren. Ich machte zwei Schritte vor ihm halt und streckte die Hand aus. Das Geldstück, das Al mir mitgegeben hatte, glänzte in meiner Handfläche. »Ich hab keinen Dollar übrig, aber hier ist ein halber.«
    Er zögerte, jetzt mit dem Hut in der linken Hand. »Verlang jetzt bloß keinen Blowjob.«
    »Verlockend, aber ich kann der Versuchung irgendwie widerstehen .«
    »Hä?« Er starrte das Fünfzigcentstück, dann mein Gesicht, dann wieder das Geldstück an. Als er die rechte Hand hob, um sich den Sabber vom Kinn zu wischen, sah ich eine weitere winzige Veränderung im Vergleich zum letzten Mal. Nichts Weltbewegendes, aber doch genug, dass ich mich fragte, ob Als Behauptung, dass jede Rückkehr einen kompletten Neustart bedeutete, zutreffend war.
    »Ob du’s nimmst oder nicht, ist mir egal, aber entscheide dich«, sagte ich. »Ich hab viel zu tun.«
    Er schnappte sich das Geldstück und wich dann wieder an die Wand des Trockenschuppens zurück. Seine weit aufgerissenen Augen waren feucht. Die Sabberspur an seinem Kinn war wieder da. Auf der Welt gab es wirklich nichts Glamouröseres als einen Alkoholiker im Endstadium; ich habe nie verstanden, warum Jim Beam, Seagram’s und Mike’s Hard Lemonade sie nicht für ihre Werbung benutzten. Trinkt Beam, und ihr seht hübschere weiße Mäuse.
    »Wer bist du? Was machst du hier?«
    »Hoffentlich etwas Nützliches. Hör zu, hast du mal versucht, mit deinem kleinen Trinkproblem zu den Anonymen Alkoholikern zu …«
    »Verpiss dich, Jimla!«
    Ich hatte keine Ahnung, was ein Jimla sein könnte, aber der Verpiss-dich -Teil kam laut und deutlich rüber. Ich marschierte in Richtung Tor davon und machte mich darauf gefasst, dass er mir weitere Fragen nachbrüllte. Das hatte er beim letzten Mal nicht getan, aber die jetzige Begegnung war überhaupt auffällig anders gewesen.
    Weil er nicht der Mann mit der gelben Karte gewesen war, nicht diesmal. Als er die Hand gehoben hatte, um sich das Kinn abzuwischen, war die Karte, die seine Finger umklammerten, nicht gelb gewesen.
    Diesmal hatte sie in einem schmuddeligen, aber kräftigen Orangerot geleuchtet.
    2
    Ich schlängelte mich durch die Autos auf dem Werksparkplatz und berührte dabei auch wieder den Kofferraumdeckel des weiß-roten Plymouth Furys, als könnte mir das Glück bringen. Ich würde bestimmt alles Glück brauchen, das ich kriegen konnte. Ich überquerte die Bahngleise und hörte wieder das Wuff-tschuff eines Zuges – diesmal jedoch etwas weiter entfernt, weil meine Begegnung mit dem Mann mit der gelben Karte – der jetzt der Mann mit der orangeroten Karte war – etwas länger gedauert hatte. Die Luft stank wie zuvor nach Fabrikausdünstungen, und derselbe Überlandbus schnaubte vorbei. Weil ich dieses Mal etwas spät dran war, konnte ich nicht lesen, wohin er fuhr, aber ich erinnerte mich, dass dort als Ziel LEWISTON EXPRESS gestanden hatte. Ich fragte mich ohne sonderliches Interesse, wie oft Al genau diesen Bus mit denselben Fahrgästen an den Fenstern gesehen haben mochte.
    Ich hastete über die Straße und wedelte dabei den blauen Auspuffqualm des Busses weg, so gut ich konnte. Der Rockabilly-Rebell war auf seinem Posten neben dem Ladeneingang, und ich fragte mich kurz, was er wohl sagen würde, wenn ich ihm seinen Spruch klaute. In gewisser Weise wäre das jedoch so gemein gewesen, als hätte man den Säufer drüben am Trockenschuppen absichtlich gequält; wenn man solchen Jugendlichen ihre Geheimsprache klaute, blieb ihnen nicht mehr viel. Dieser hier konnte nicht einmal frustriert abziehen, um auf seine Xbox einzuhämmern. Deshalb nickte ich nur.
    Er nickte ebenfalls. »Hi-ho, Daddy-O.«
    Ich betrat den Laden. Die Türglocke bimmelte. Ich ging an den heruntergesetzten Comicheften vorbei zur Getränketheke, hinter der Frank Anicetti senior stand. »Was kann ich heute für Sie tun, mein Freund?«
    Im ersten Augenblick war ich verwirrt, weil er bei meinem vori gen Besuch etwas anderes gesagt hatte. Dann wurde mir die Ursache dafür klar. Beim letzten Mal hatte ich eine Zeitung aus dem Ständer mitgenommen. Dieses Mal nicht. Gut möglich, dass jede Rückkehr ins Jahr 1958 den Meilenzähler auf lauter Nullen zurücksetzte (mit Ausnahme des Kartenmanns), aber sobald man irgendetwas veränderte, konnte alles Mögliche passieren. Eine beängstigende und zugleich befreiende Vorstellung.
    »Ich könnte ein Root Beer brauchen«, sagte ich.
    »Und ich kann

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