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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Neffe verschwunden sind, haben sie mit Dunning in einem kleinen gemieteten Haus draußen an der Stadtgrenze nach Cashman gewohnt. Er hat schwer getrunken, und wenn er trinkt, setzt er seine Scheißfäuste ein. Ich hab blaue Flecken bei ihr gesehn, und Mikeys kleiner Arm war mal von der Hand bis zum Ellbogen ganz grün und blau. Ich sag ihr: ›Schwesterchen, schlägt er dich und das Baby? Falls ja, verprügle ich ihn. ‹ Sie sagt nein, aber sie konnte mich dabei nicht ansehen. Sie sagt: ›Leg dich nicht mit ihm an, Billy. Er ist stark. Ich weiß, das bist du auch, aber du bist mager. Ein kräftiger Windstoß könnte dich umblasen. Er würde dir was antun.‹ Und kein halbes Jahr später war sie verschwunden. Einfach abgehauen, hat er gesagt. Aber dort draußen gibt es jede Menge Wälder. Beim Teufel, ist man erst mal in Cashman, gibt es nur noch Wälder. Sie wissen auch, was wirklich passiert ist, stimmt’s?«
    Und ob. Andere würden es vielleicht nicht glauben, weil Dunning jetzt ein angesehener Bürger war, der seinen Alkoholkonsum seit vielen Jahren unter Kontrolle zu haben schien. Und weil er der Charme in Person war. Aber ich besaß immerhin Insiderinformationen.
    »Ich schätze, dass er ausgerastet ist. Dass er betrunken heimgekommen ist, und sie hat etwas Falsches gesagt, vielleicht etwas eigentlich ganz Unkompromittierendes …«
    »Unkompri- was? «
    Ich spähte durch die Hecke in den Garten hinter dem Haus hinüber. Eine Frau ging am Küchenfenster vorbei und blieb verschwunden. In der Casa Dunning wurde das Abendessen serviert. Würde es eine Nachspeise geben? Wackelpudding mit Fertigsahne? Ritz-Cracker-Pie? Das glaubte ich nicht. Wer brauchte an Halloween eine Nachspeise? »Damit will ich sagen, dass er sie ermordet hat. Ist das nicht auch das, was Sie denken?«
    »O ja …« Er wirkte verblüfft und misstrauisch zugleich. So wirkten Besessene wohl immer, wenn sie hörten, wie Dinge, die ihnen lange schlaflose Nächte beschert hatten, nicht nur ausgesprochen, sondern bestätigt wurden. Das musste ein Trick sein, dachten sie. Nur war dies kein Trick, sondern mein voller Ernst.
    Ich sagte: »Wie alt war Dunning damals, zweiundzwanzig? Hatte das ganze Leben noch vor sich. Er muss gedacht haben: ›Nun, ich habe etwas Schlimmes getan, aber ich kann’s wieder in Ordnung bringen. Wir sind draußen im Wald, die nächsten Nachbarn sind eine Meile weit entfernt …‹ Waren sie eine Meile weit entfernt, Turcotte?«
    »Mindestens.« Er sagte das widerstrebend. Mit einer Hand massierte er sich die Kehle über der Schlüsselbeingrube. Das Bajonett war herabgesunken. Es mit der rechten Hand an mich zu reißen wäre einfach gewesen, und vielleicht hätte ich ihm mit meiner anderen sogar den Revolver aus dem Hosenbund ziehen können, aber das wollte ich nicht tun. Ich vertraute darauf, dass das Virus Mr. Bill Turcotte rechtzeitig außer Gefecht setzte. Ich glaubte tatsächlich, dass die Sache so einfach sein würde. Wie leicht es doch ist, die Unerbittlichkeit der Vergangenheit völlig aus dem Sinn zu verlieren?
    »Also hat er die Leichen in den Wald gefahren und verscharrt und behauptet, sie wären weggelaufen. Da wird es keine langen Ermittlungen gegeben haben.«
    Turcotte drehte den Kopf zur Seite und spuckte aus. »Er stammt aus einer guten alten Familie in Derry. Meine ist mit ’nem alten, rostigen Pick-up aus dem Saint John Valley runtergekommen, als ich zehn und Clara acht war. Nur französisch sprechendes Gesindel. Was glauben Sie? «
    Ich glaubte, dass auch das wieder mal typisch war für Derry – genau das dachte ich. Und während ich begriff, wie sehr Turcotte seine Schwester geliebt hatte und seinen Verlust bedauerte, redete er von einem lange zurückliegenden Verbrechen. Mich hingegen beschäftigte mehr das andere, das in weniger als zwei Stunden verübt werden sollte.
    »Sie haben Frati auf mich angesetzt, stimmt’s?« Das war zwar enttäuschend, aber jetzt offenkundig. Ich hatte damals geglaubt, der Kerl wäre einfach nur freundlich und würde mir bei Bier und Hummerklein ein wenig Lokalklatsch erzählen. Irrtum. »Kumpel von Ihnen?«
    Turcotte lächelte, aber das sah mehr wie eine Grimasse aus. »Ich soll mit ’nem Itzig befreundet sein, der ein reicher Pfandleiher ist? Zum Totlachen! Wollen Sie ’ne kleine Geschichte hören?«
    Ein weiterer Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich noch etwas Zeit hatte. Während Turcotte erzählte, würde das liebe Magen virus kräftig weiterarbeiten. Sobald er

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