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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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unsichtbare Macht, die den Status quo bewahren wollte, könnte ihm dabei sogar helfen.
    Wenn ich den richtigen Ton traf – mit anderen Worten, wenn ich das verrückte Zeug ausließ –, würde er mir vielleicht glauben. Wegen der Dinge, die er bereits glaubte. Die sein Herz wusste.
    »Er wird’s wieder tun.«
    Turcotte wollte fragen, was ich damit meinte, aber das war dann doch überflüssig. Er machte große Augen. »Sie meinen, dass er … sie?« Er sah zu der Hecke hinüber. Bis dahin war ich mir nicht einmal sicher gewesen, dass er wusste, was dahinter lag.
    »Nicht nur sie.«
    »Auch eins von den Kindern?«
    »Nicht eins, alle. Er ist jetzt unterwegs und besäuft sich, Turcotte. Steigert sich wieder mal in blinde Wut rein. Die kennen Sie ja zur Genüge. Nur wird es diesmal kein Vertuschen geben. Aber das ist ihm egal. Der Zorn hat sich seit seinem letzten Besäufnis angestaut, wo Doris seine Gewalttätigkeit endgültig satthatte. Sie hat ihm die Tür gewiesen, wussten Sie das?«
    »Das weiß jeder. Er wohnt in einem Gästehaus in der Charity Avenue.«
    »Er hat versucht, sich wieder bei ihr einzuschmeicheln, aber sein Charme verfängt bei ihr nicht mehr. Sie will die Scheidung, und weil er endlich begriffen hat, dass er sie nicht umstimmen kann, will er sie mit einem Hammer erschlagen. Danach will er sich auf die gleiche Weise von den Kindern trennen.«
    Er starrte mich mit dem Bajonett in der einen und dem Revolver in der anderen Hand stirnrunzelnd an. Ein kräftiger Windstoß könnte dich umblasen, hatte seine Schwester ihm vor vielen Jahren erklärt, aber heute Abend hätte eine leichte Brise genügt, das merkte ich ihm an. »Wie können Sie das wissen?«
    »Ich habe keine Zeit für lange Erklärungen, aber ich weiß es wirklich. Und ich bin hier, um das zu verhindern. Geben Sie mir den Revolver zurück, damit ich es tun kann. Für Ihre Schwester. Für Ihren Neffen. Und weil ich glaube, dass Sie im Innersten ein ziemlich netter Kerl sind.« Das war natürlich Schwachsinn, aber wenn man dick auftragen wollte, hatte mein Vater immer gesagt, konnte man auch gleich ganz dick auftragen. »Warum hätten Sie sonst verhindert, dass Dunning und seine Freunde Chaz Frati krankenhausreif prügeln?«
    Er dachte nach. Ich konnte fast hören, wie Zahnräder sich drehten und Sperrklinken klickten. Dann leuchteten seine Augen auf. Vielleicht war das nur der Widerschein der untergehenden Sonne, aber mich erinnerte es an die Kerzen, die jetzt gerade überall in Derry in Kürbislaternen flackerten. Er setzte ein Lächeln auf. Was er als Nächstes sagte, konnte nur aus dem Mund eines Menschen kommen, der geistesgestört war … oder zu lange in Derry gelebt hatte … oder beides.
    »Er will sie umbringen, was? Okay, lassen wir ihn.«
    »Was?«
    Er zielte mit dem .38er auf mich. »Setz dich wieder hin, Amberson. Mach’s dir bequem.«
    Ich ließ mich widerstrebend zurücksinken. Inzwischen war es nach sieben Uhr, und er begann sich in einen Schattenmann zu verwandeln. »Mr. Turcotte … Bill … Ich weiß, dass es dir nicht gut geht, daher kapierst du die Situation vielleicht nicht ganz. In dem Haus dort drüben sind eine Frau und vier Kinder. Mann, das kleine Mädchen ist erst sieben!«
    »Mein Neffe war noch viel jünger.« Er sprach so gewichtig wie jemand, der eine große Wahrheit verkündete, die alles erklärte. Und es zugleich rechtfertigte. »Ich bin zu krank, als dass ich es mit ihm aufnehmen könnte, und du hast nicht den Mumm dazu. Das weiß ich, weil ich’s dir ansehe.«
    Ich war davon überzeugt, dass er sich in diesem Punkt irrte. Das hätte vielleicht für Jake Epping aus Lisbon Falls gegolten, aber dieser Bursche hatte sich verändert. »Warum lässt du’s mich nicht versuchen? Was würde dir das schaden?«
    »Weil’s nicht genug wär, selbst wenn du diesen Dreckskerl umlegst. Das ist mir eben klar geworden. Einfach so …« Er schnalzte mit den Fingern. »Wie aus heiterem Himmel.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das kommt daher, weil du nicht zwanzig Jahre lang gesehen hast, wie Männer wie Tony und Phil Tracker ihn wie King Käse behandeln. Zwanzig Jahre, in denen die Frauen ihn angehimmelt haben, als wär er Frank Sinatra. Er hat schon lange einen Pontiac gefahren, als ich mir noch in sechs verschiedenen Fabriken für den Mindestlohn den Arsch aufgerissen und Textilfasern eingeatmet habe, bis ich jetzt morgens kaum mehr aufstehen kann.« Seine Hand wieder auf der Brust. Massierte und rieb. Sein Gesicht ein

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