Der Antares-Krieg
Luytens Stern, der etwa 12,5 Lichtjahre von der Sonne entfernt ist. Danach gab es kein Halten mehr. Im Lauf der nächsten Jahrhunderte wurde das Abwandern von Bevölkerungsteilen in den Raum zu einer wahren Flut. Verteilung und Form der Auswanderung waren beinahe ausschließlich vorgegeben von den bestehenden Faltlinien und ihren Faltpunkten. Während manche Sterne nur einen einzigen Faltpunkt besaßen, andere überhaupt keinen, gab es im Umkreis mancher Sterne zwei, drei oder noch mehr. Die größten und massereichsten Sterne erwiesen sich als besonders fruchtbare Zentren der Entstehung von Faltpunkten; daher wurden die Systeme dieser Sterne zu den Knotenpunkten des interstellaren Verkehrs. Der rote Überriese Antares nahm im gesamten, dem Menschen zugänglichen Raum eine herausragende Stellung ein. Antares hatte sechs Faltpunkte, die ihn zum Mittelpunkt eines Netzwerks von Sternsystemen machte, welches allgemein als der Faltraum Antares-Haufen bezeichnet wurde.
Als Antares am 3. August 2512 explodierte, waren die unmittelbaren Auswirkungen weit jenseits des Antaressystems spürbar. Die Freisetzung so gewaltiger Energiemengen in einem relativ eng begrenzten Raum erschütterte das Raumzeitkontinuum und mit ihm die Struktur des Faltraumes über Hunderte von Lichtjahren in jeder Richtung. In einigen Systemen kam es zu Positionsänderungen von Faltpunkten, während in anderen neue Faltpunkte erschienen, wo bis dahin keine existiert hatten. Und schließlich gab es Sternsysteme, deren Faltpunkte spurlos verschwanden.
Der als Valeria bekannte Zwergstern der Klasse F8 war in zweifacher Hinsicht unglücklich. 125 Lichtjahre von Antares entfernt, war Valeria, was Faltraumastronomen ein Sackgassensystem nannten, ein Stern mit einem einzigen Faltpunkt. Als Antares explodierte, verschwand Valerias Faltpunkt, und die menschliche Kolonie auf Valeria IV, von ihren Bewohnern Alta genannt, war für mehr als ein Jahrhundert vom Rest der Menschheit isoliert geblieben. Dann, im Frühjahr 2637 nach dem Universalkalender, war Antares am Himmel Altas hell aufgeflammt und hatte die Ankunft der Druckwelle des Supernovaausbruches angezeigt. Gleichzeitig mit dem Durchgang der Druckwelle war Valerias Faltpunkt hoch in der nördlichen Hemisphäre des Systems wieder erschienen ...
»Was soll das sein?«, fragte Drake mit einer Kopfbewegung zu der Darstellung.
»Es gehört zur Propagandakampagne der Regierung ›Kenne deinen Feind‹«, antwortete Bethany. »Solche Darstellungen finden sich an vielen öffentlichen Orten. Wenn du auf den Knopf dort drückst, wirst du über alle möglichen interessanten Tatsachen aufgeklärt. Hier, pass auf.« Sie trat näher und drückte auf einen Knopf am Sockel der holographischen Darstellung. Sofort wurde diese lebendig, und das seltsame Ungeheuer schien sie von oben herab ins Auge zu fassen. Gleichzeitig begann eine sonore Stimme zu sprechen.
»Das Lebewesen, welches Sie vor sich sehen, ist ein Ryall, der Todfeind der Menschheit ...«
Die holographische Wiedergabe zeigte ein fremdartiges Wesen, das einem sechsbeinigen, zweiarmigen Zentauren ähnelte. Die Beine waren stämmig und kurz, weniger als einen halben Meter lang, und endeten in breiten, weich aussehenden Füßen. Die Kürze der Beine wurde durch den Oberkörper ausgeglichen, einen vertikalen Rumpf mit einem langen und biegsamen Hals, der den Kopf in Mannshöhe trug. Dieser Kopf war im hinteren Bereich breit, zeigte eine beträchtliche Wölbung der Schädelkappe und verjüngte sich nach vorn zum fünfzehn Zentimeter vorgebauten, schnauzenartigen Gesichtsteil. Die Augen saßen seitlich unter dicken Knochenwülsten und lagen so weit auseinander, dass der Ryall Schwierigkeiten hatte, wenn er nach vorn blicken wollte. Im Hologramm war der Kopf auf eine Seite geneigt, wie um die Gesichter der Passanten zu beobachten. Der schnauzenartige Mund war halb geöffnet und zeigte zwei Reihen gefährlich aussehender konischer Zähne sowie eine dreifach gegabelte Zunge. Die Ohren waren Löcher im oberen Teil des Schädels, um welche beweglich aussehende Hautlappen an einem Rahmenwerk kleiner Stacheln aufgespannt waren. Von Nasenlöchern oder dergleichen war nichts zu sehen.
Der aufrechte Oberkörper trug zwei muskulöse Arme in der Höhe des Halsansatzes. Die Hände bestanden aus vier schmalen Fingern, die von zwei gegenständigen Daumen flankiert waren. Dem hinteren Ende des Rumpfes entwuchs ein meterlanger, am Boden nachschleifender Schwanz. Die Haut des Ryall
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