Der Antares-Krieg
Entscheidung gewesen, zu der er sich jemals habe durchringen müssen. Denn als Kenner der Geschichte war ihm klar, dass Jahre der Trennung unausweichlich zu einer Lockerung der Bande von Verwandtschaft und Freundschaft zwischen der isolierten Kolonie und der Mutterwelt führen mussten. Ohne interstellaren Handel und ohne gemeinsame Interessen würden die beiden Gesellschaften zwangsläufig verschiedene Wege gehen. Er sorgte sich, dass beide eines Tages in Konflikt miteinander geraten und womöglich sogar in einen Krieg verwickelt werden würden.
Im Jahr 2512 war der Gedanke, das winzige Alta könne die mächtige Erde angreifen, beinahe zu lächerlich, um einen Gedanken darauf zu verschwenden. Granville Whitlow war jedoch ein Mann, der dank seiner Ausbildung als Diplomat langfristig zu denken gewohnt war, und er nahm seine Verantwortung als Repräsentant der Erde sehr ernst. Bevor er der altanischen Regierung die Überlassung seiner kleinen Flotte anbot, beschloss er, dass, sollte Alta jemals Krieg gegen die Erde führen, dies ohne die Hilfe seiner drei Schlachtkreuzer geschehen würde.
»Onkel, wo bist du?«
»Hier draußen, Kind!«
Bethany Lindquist schloss die Tür hinter sich und ging durch Clarence Whitlows geräumiges Haus dem Klang seiner Stimme nach. Whitlow war der Urenkel Granville Whitlows und der ältere Bruder von Bethanys Mutter. Als sie und Bethanys Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren, nahm Clarence Whitlow die Zehnjährige in sein Haus auf und erzog sie als sein eigenes Kind. Jetzt, achtzehn Standardjahre später, lebte sie in der Stadt und besuchte ihn mehrmals im Jahr in seinem Haus in den Vorbergen des Colgate-Gebirges.
Bethany fand ihren Onkel im Solarium bei der Pflege seiner Rosen. Sie schlängelte sich zwischen den stachligen Pflanzen durch Rosenduft zu der Stelle, wo er einen Rosenstrauch beschnitt, der sich zwei Meter aus der Mitte eines Labyrinths komplizierter Rohrleitungen erhob. Als sie dem gebeugten, weißhaarigen Mann im schmutzigen Gärtnerkittel gegenüberstand, küsste sie ihn zärtlich auf die Stirn. »Wieder mal bei deinen Pflanzen, Onkel?«
Er nickte. »Nächsten Monat ist in Homeport die Blumenschau, und dieses Jahr möchte ich ein blaues Band gewinnen.«
»Du hättest schon letztes Jahr gewinnen sollen!«
Er lachte. »Das finde ich auch, aber wir sind beide voreingenommen. Was bringt meine Lieblingsnichte so weit aus der Stadt?«
Sie zuckte die Achseln. »Kein bestimmter Grund. Ich wollte bloß meine Familie besuchen. Ist das ein Verbrechen?«
Whitlow antwortete nicht gleich. Stattdessen legte er umständlich seine Gartenschere weg und zog die dicken Arbeitshandschuhe aus. Dabei betrachtete er seine Nichte. Was er sah, war eine junge Frau von etwas mehr als durchschnittlicher Größe, mit einer wohlproportionierten Figur und von anmutiger Haltung. Schulterlanges, kastanienbraunes Haar rahmte ihr Gesicht ein. Sie hatte klare graue Augen und einen Mund, der für den Rest ihrer Züge ein wenig zu groß war, aber der Gesamteindruck war der unauffälliger Schönheit. Zum hundertsten Mal musste er an die Verwandlung denken, die eine verängstigte Zehnjährige zu dieser schönen jungen Frau gemacht hatte. Wo waren all die Jahre geblieben?
»Deine Worte passen nicht zu deiner Haltung, Kind. Du bist so nervös, wie ich dich selten gesehen habe. Nun sag, was hast du auf dem Herzen?«
Ihr Ausdruck wurde nachdenklich, und sie tat einen tiefen Atemzug, bevor sie antwortete. »Carl hat mir einen Heiratsantrag gemacht.«
»Meinst du Carlton Aster?«
»Wen sonst?«
Whitlow nickte. Aster war Assistent und Berater von Jonathan Carstairs, dem Führer der oppositionellen Konservativen Partei im Parlament. Whitlow schätzte Aster nicht sonderlich, doch war er als Botschafter der Erde kraft Erbfolge zu vorsichtig, um es sich anmerken zu lassen. Er war mehrere Male in offiziellen Angelegenheiten mit dem jungen Mann zusammengekommen und hatte ihn bald als einen Opportunisten abgestempelt, einen unaufrichtigen Händeschüttler jenes Typs, der sich stets von der Politik angezogen fühlt. Ein prüfender Blick in Bethanys Gesicht sagte ihm, dass er nicht das Recht hatte, dieser Einschätzung Ausdruck zu geben. »Liebst du ihn?«
»Ich glaube schon.«
»Das klingt nicht sehr überzeugt.«
»Ich habe manchmal meine Zweifel. Das ist normal, nicht?«
Whitlow zuckte die Achseln. »Mag sein. Möchtest du einen Rat?«
»Von dir, Onkel? Natürlich.«
»Lass dir Zeit mit
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