Der Antares-Krieg
gesamte äußere Hülle, die so genannte Sternatmosphäre in den Raum hinaus und ließ den Kern zurück. Der Explosionsdruck führte zum Zusammenbruch der inneren Schichten. Das Ergebnis ist ein Neutronenstern im Innern der Postnova. Da die Drehbewegung während des Zusammenbruchs beibehalten wurde, rotiert der Neutronenstern mit einer Geschwindigkeit von sechshundert Umdrehungen pro Sekunde. Diese Rotation setzt enorme Energien frei und stellt zusammen mit der harten Strahlung die größte Gefahr für unsere Schiffe dar.
Als Antares' Kern zusammenbrach und den hochverdichteten Neutronenstern bildete, fiel sein Magnetfeld mit ihm zusammen. Das Feld ist jetzt mehrere Milliarden Male so konzentriert wie vor der Explosion. Es rotiert synchron mit dem Neutronenstern. Auf diese Weise verwandelt das rotierende Magnetfeld Antares in einen gigantischen Teilchenbeschleuniger. Die Rotation des Feldes setzt das elektrisch geladene Plasma in Bewegung und beschleunigt es, bis einzelne Ionen annähernd Lichtgeschwindigkeit erreichen. Dieses weiß glühende Plasma gibt ein höllisch starkes Spektrum von Emissionen ab, von Synchrotronstrahlung über harte und weiche Röntgenstrahlung und Gammastrahlen bis zu hochbeschleunigten aufgeladenen Partikeln. Damit nicht genug, treffen diese energiereichen Strahlungen beim Durchdringen des Ringnebels auf Gaspartikel und erzeugen alle Arten von sekundären Strahlungsphänomenen.«
Sara Crofton betätigte erneut die Fernbedienung, und ein schematisches Diagramm erschien in der Projektion; dieses Diagramm teilte den Ringnebel in eine Serie konzentrischer Schichten. Jede Schicht war mit einem Risikofaktor etikettiert.
»Sie werden dieses Diagramm in unserem Bericht wiederfinden. Es führt Ihnen das Ausmaß der Risiken vor Augen, mit dem wir es an jedem Punkt innerhalb des Nebels zu tun haben. Es liegt auf der Hand, dass die Bedingungen sich verschlechtern, je näher man dem Zentralgestirn kommt, auch wenn der Ringnebel bereits hinter einem liegt. Wie aus dem Diagramm zu ersehen ist, wird jedes Schiff, das sich dem Neutronenstern auf weniger als vierhundert Millionen Kilometer nähert, wahrscheinlich eine Überlastung der strahlungsabweisenden Felder davontragen. Das Risiko ist zwischen vierhundert und achthundert Millionen Kilometern kurzzeitig zu vertreten. Jenseits von achthundert Millionen Kilometern sollten die strahlungsabweisenden Felder in der Lage sein, dem Beschuss unbegrenzt standzuhalten. Unser nächster Sprecher, Loren St. Cyr, wird auf diese Gefahrenzonen und die Faltpunktpositionen innerhalb des Nebels eingehen.«
Loren St. Cyr war ein Astrophysiker und Spezialist für mehrdimensionale Astronomie, der die Kartierungsarbeiten des Faltraums geleitet hatte. St. Cyr war ein dicklicher Mann Ende vierzig, den sein tief gefurchtes Gesicht und die frühzeitig weiß gewordenen Haare älter erscheinen ließen. Er trat ans Rednerpult, blickte von der Projektion zu seinem Taschencomputer/Notizbuch und begann mit dem Nachdruck und der Gestik eines Mannes zu sprechen, der sich irrtümlich für einen begnadeten Redner hält.
»Faltpunktverbindungen!«, rief er in den Saal. »Praktisch alles hängt ab von Faltpunktverbindungen. Aber wie viele Leute verstehen wirklich, was eine Faltlinie ist oder wie so etwas von der Antares-Supernova beeinflusst werden konnte?
Da vieles von dem, was ich zu sagen habe, von einem solchen Verständnis abhängt, werde ich mit einer Abschweifung beginnen.«
Das Diagramm des Antaresnebels verschwand aus der Projektion, und an seiner Stelle erschien eine abstrakte Gestalt, bestehend aus Tausenden von verschiedenen Liniensegmenten, die zu einer Doppelspirale angeordnet waren. »Astronomen wissen seit langem, dass ein massives Schwarzes Loch den Mittelpunkt unserer Galaxis einnimmt, und dass Milliarden und Abermilliarden Faltlinien von dort ausgehen. Diese Faltlinien ziehen sich in einem komplexen, verflochtenen Muster entlang den Spiralarmen der Galaxis nach außen. Wann immer eine Faltlinie auf einen Stern trifft, wird sie von dessen Masse etwa so gebündelt wie ein Lichtstrahl von einer optischen Linse. Ist der Brennpunkt scharf genug, entwickelt sich im Gewebe des Raumzeitkontinuums eine schwache Stelle, die wir Faltpunkt nennen.
Es ist seit langem bekannt, dass ein großer, massereicher Stern eher eine Faltlinie anziehen und dadurch einen Faltpunkt bilden wird, als dies bei einem kleineren Stern der Fall ist. Da Antares vor dem Novaausbruch einer der größten
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