Der Antares-Krieg
Regentropfen sind von Sauerstoff durchsetzt und haben einen besonders süßen Geschmack.«
Bethany, der endlosen, in leierndem Tonfall vorgebrachten Fragen Jorge Santiagos überdrüssig und müde vom Sitzen auf dem harten Stuhl, erhob sich unsicher, um die Blutzirkulation in den Beinen wieder in Gang zu bringen. Als sie stand, verspürte sie einen vertrauten Schmerz im Unterleib. Sie keuchte und griff Halt suchend nach der Stuhllehne.
»Fehlt Ihnen etwas, Senora Drake?«, fragte Consuela Aragon. Bethany beugte sich über die Stuhllehne und verzog das Gesicht. »Es fehlt mir nichts. Es war nur eine kleine Kontraktion. Seit ein paar Tagen wiederholen sie sich sporadisch.«
»Vielleicht sollten Sie sich setzen.«
»Das Sitzen ermüdet mich. Ich stehe lieber eine Weile.«
»Dann halten Sie sich an der Stuhllehne fest«, meinte Olivia Southington. »In Ihrem Zustand zu fallen könnte sehr unangenehme Folgen haben. Glauben Sie mir, ich weiß es.«
»Um zum Thema zurückzukehren«, unterbrach Santiago und nahm sein Verhör wieder auf, das Varlan zuvor Anzeichen von Unwillen entlockt hatte. »Ich verstehe nicht, warum Sie glauben, die Geschichte von den Schnellen Essern sei mehr als eine Fabel.«
»Die Schnellen Esser gab es wirklich«, erwiderte Varlan.
»Wir haben ihre Skelette in unseren Museen.«
»Daran zweifle ich nicht«, sagte Santiago. »Dennoch leuchtete die zugrunde liegende Geschichte nicht ein. Da ist beispielsweise der Zeitfaktor.«
»Erklären Sie«, konterte Varlan.
»Ich kann Ihnen die Geschichte nur so wiedergeben, wie Angehörige Ihrer militärischen Kaste sie gewöhnlich erzählen. Ist das in Ordnung?«
Varlan bewegte ihren langen Hals auf und ab und erzeugte so eine passable Nachahmung menschlichen Nickens.
»Die Geschichte, wie sie den Jungen erzählt wird, ist die: Einst waren die Ryall ein Volk glücklicher Fischer, die in den Flussmündungen und Lagunen Darthans lebten, der Heimatwelt. Nach vielen Generationen idyllischen Lebens erschien ein neuer Stern am Himmel. Dieser Stern wurde rasch heller, bis er die drei Monde überstrahlte, wenn sie voll waren. Es heißt, dass man im Licht dieses Sterns bei Nacht fischen konnte, weil es die kleinen Tiere zur Wasseroberfläche lockte. Kurz nachdem der Böse Stern erschien, wurde unsere Rasse von einer schweren Seuche heimgesucht. Viele wurden krank und starben. Ihre Schuppen verfärbten sich gelb, sie erbrachen das Gegessene und bald legten sie sich nieder und hörten auf zu atmen. Die Jungen des betreffenden Jahres waren nicht immun gegen die Seuche. Viele Eier konnten nicht ausgebrütet werden, und aus den anderen schlüpften grotesk missgestaltete Junge. Dies dauerte viele tausend Jahre unverändert an, und jede Generation von Ryall wurde von Mutationen geplagt. Auch waren die Geburtsfehler nicht der einzige Nachteil für die Rasse, denn der Böse Stern brachte auch die Schnellen Esser.
Sie waren hirnlose Räuber, welche die tieferen Wasser des Weltmeeres bewohnten. Kurz nachdem der Böse Stern am Himmel erschien, begannen die Räuber über die Fischerdörfer der Ryall und die Brutplätze herzufallen. Sie waren schnell und bösartig und entwickelten im Laufe der Generationen genügend Schläue, dass sie die Ryall aus der See verdrängten. Die Ryall zogen sich ins Innere von Inseln und die Küsten von Kontinenten zurück, wo sie Dörfer auf dem Land bauten. Im Lauf von Jahrtausenden entwickelte sich die Intelligenz der Ryall weiter. Genauso aber verhielt es sich mit den Schnellen Essern. Die Zunahme der Intelligenz half den Ryall, Methoden zu entwickeln, die sie zur Jagd auf die Schnellen Esser befähigten. Zuerst hatten die Jäger nur die Absicht, die schnellen Esser von den Brutplätzen und den Flussmündungen zu verjagen, wo noch immer die kleinen Wasserbewohner gefangen wurden. Die Schnellen Esser wurden im Flachwasser der Küsten gejagt, und nach und nach, weil sie selbst Intelligenz entwickelten, lernten sie die Gegenden meiden, wo Ryall lebten. Dann, nach einem Kampf, der generationenlang geführt wurde, begann man die Schnellen Esser auch im tiefen Wasser zu jagen.
Die Ryall gaben sich nicht mehr damit zufrieden, die gelegentlich auftretenden Räuber zu vertreiben. Nun suchten die Jäger deren Brutplätze auf. Man entdeckte die Stellen, wo sie ihre Eier ablegten, und zerstörte diese systematisch. Im weiteren Verlauf verseuchten die Ryall die tieferen Küstengewässer, wo die schnellen Esser sich aufhielten, mit organischen Giften, so
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