Der Antares-Krieg
dass die Schnellen Esser krank wurden und starben. Die Ryall studierten biologische Zusammenhänge und züchteten einen Parasiten, der nur von den Schnellen Essern lebte.
So gewannen sie schließlich ihren Kampf mit den Ungeheuern der Tiefe. Eines Tages gab es sie nicht mehr. Trotz einer ausgedehnten Suche konnten die siegreichen Jäger keine Schnellen Esser finden. Die Art der Ryall, durch die Rivalität in ihrer Intelligenz bedeutend gestärkt, beherrschte fortan die Heimatwelt Darthan.
Doch auch das Volk der Ryall hatte sich verändert. Es war kein einfaches Fischervolk mehr. Nun waren viele Ryall Landwirte und Bergleute und Metallbearbeiter und Handwerker geworden – alles Gewerbe der Dörfer auf dem Land. Das Volk der Ryall vermehrte sich, entwickelte die Landwirtschaft und baute Städte. Dann, als die Zeit kam, blickte es zu den Sternen und verließ das übervölkerte Darthan, um andere Welten zu kolonisieren.
Aber trotz aller Verfeinerungen vergaßen die Ryall niemals die Lektion von den Schnellen Essern. Man hatte daraus gelernt, dass eine einzige Welt für zwei intelligente Arten zu klein ist. Wenn zwei intelligente Arten dasselbe Territorium besetzen, müssen sie schließlich in einen Existenzkampf eintreten, bis eine Art unterliegt und ausstirbt. Es ist eine Lektion, welche die Ryall gut gelernt hatten und die sie zu den Sternen exportierte. Es ist die Lektion, die ihnen Anlass gab, instinktiv zu reagieren und das erste menschliche Raumschiff, das ihnen begegnete, zu zerstören. Diese Lektion ist die Triebkraft hinter diesem hundertjährigen Krieg unserer Arten. Die Ryall glauben, dass dieser Krieg nicht enden kann, bis eine unserer Arten ausgerottet ist. Sie glauben es nicht, weil man es sie gelehrt hat, sondern vielmehr, weil es in der grundlegenden genetischen Verschlüsselung ist, mit der sie aus dem Ei schlüpfen.
Es wird ein Krieg auf Leben und Tod zwischen beiden Arten sein, weil es das Gesetz des Universums ist.«
Jorge Santiago blickte in die Obsidianaugen, die ihn musterten. »Das ist die Legende von den Schnellen Essern, nicht wahr?«
»Sie ist es«, sagte Varlan. »Es ist Ihnen überraschend gut gelungen, die lyrische Poesie des Epos einzufangen.«
»Für einen Fremden, meinen Sie.«
»Ja, für einen Fremden.«
Santiago lächelte, ehrlich erfreut. »Ich danke Ihnen für das Kompliment. Ich habe diese Geschichte in Ihrer eigenen Sprache studiert, und obwohl das poetische Gefühl meiner Art nicht das gleiche ist wie Ihres, glaube ich, dass mir viele der Nuancen bewusst sind, die in den Wörtern liegen. Diese Legende der Ryall ist es, die Olivia, Consuela und mich zu diesem Besuch bei Ihnen veranlasst hat, und sie ist es auch, über die ich gern einige Bemerkungen machen möchte.«
»Bitte tun Sie es.«
»Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht kränken werde? Ich versichere Ihnen, dass es nicht meine Absicht ist. Unter Menschen ist es jedoch so, dass Fragen über tiefempfundene Glaubensfragen oft eine heftige Reaktion auslösen. Ich habe nicht den Wunsch, Ihnen das anzutun.«
Varlan dachte lange darüber nach, dann nickte sie mit dem langen Hals. »Ich verstehe den Begriff. Da ich unter den Menschen gelebt habe, musste ich meinen eigenen Standpunkt in vielen Dingen erweitern. Stellen Sie Ihre Fragen. Ich werde nicht Anstoß daran nehmen.«
»Danke. Meine erste Frage ist dann, wie Sie die Wahrheit dieser Geschichte behaupten, obwohl sie voll innerer Ungereimtheiten ist?«
»Ich verstehe nicht.«
»Betrachten Sie es einfach logisch. Wie können Sie glauben, dass wirklich geschah, was ich gerade erzählt habe?«
Varlans Zunge schnellte in einer Schaustellung fremdartiger Gemütsbewegung hervor, dann wandte sie den Kopf seitwärts, um den Mann mit einem Obsidianauge zu fixieren und fragte: »Sind Sie religiös, Señor Santiago?«
»Gewiss.«
»Gehören Sie der Sekte an, die ›katholisch‹ genannt wird?«
»Ja.«
»Dann muss ich Sie fragen, wie Sie an Ihre Religion glauben können, obwohl sie so viele offensichtliche logische Widersprüche enthält. Nehmen Sie zum Beispiel die Sache mit der Jungfrau. War der Ehemann dieser Frau so naiv, dass er glaubte, sie werde gebären, ohne zuvor geschwängert zu sein?«
Bethany, die Varlan vor mehreren Monaten die religiösen Überzeugungen der Menschen erklärt hatte, erstickte beinahe, als sie ein Lachen unterdrückte. Anscheinend hatte Varlans Entgegnung ins Schwarze getroffen, denn Jorge Santiago lief rot an. Aber er bewahrte die
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