Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
Mutter das Geld nicht anrühren konnte und ihnen monatlich etwas ausgezahlt würde.
Das klang doch vernünftig.
Fand ihr Kopf. Ihr Herz war noch nicht recht überzeugt.
Als es dämmerte, stand Pip auf. Sie zog sich direkt an und ging hinunter. Machte sich eine Tasse Tee und ging hinaus, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Setzte sich auf die Steinbank in dem Teil des Gartens, den Judy immer den Geheimen Garten nannte, obwohl natürlich jeder von ihm wusste. Aber mit dem Geißblatt sowie den Hopfen- und Weinranken wirkte die Ecke irgendwie verwunschen und geheim. Von der Steinbank aus hatte man einen Blick über die hinteren Wiesen und Weiden, und gerade jetzt schob sich die Sonne gemächlich in den blassblauen Himmel.
Kaum hörte sie die Kirchturmuhr sieben schlagen, rührte sich im Haus hinter ihr etwas. Ihre Schwestern standen auf, doch sie blieb noch sitzen.
Sie genoss die Schönheit dieses taunassen Morgens. Gestattete sich selbst einen Moment der erdverbundenen, natürlichen Ruhe, die die Gärten von Arandore ausstrahlten. Bereitete sich innerlich darauf vor, hineinzugehen und mit ihrer Mutter zu reden.
Es war nicht so, dass sie nicht zu Judy hochgehen, mit ihr reden und sie, wenn nötig, aus dem Bett scheuchen wollte – denn je eher Judy wieder aufstand und sich erholte, desto eher konnten sie damit beginnen, sich alle aus dem Schlamassel zu ziehen, in den Judy sie manövriert hatte – und desto eher konnte Pip wieder ihr eigenes Leben leben, vielleicht sogar zusammen mit Dan ... Nein, was sie scheute, war, ihrer Mutter heute beizubringen, dass der einzige Weg aus dem Schlamassel über die Opferbank führte und dass sie ausgerechnet das würde opfern müssen, was ihr neben ihrer Familie am meisten bedeutete.
Arandore.
Sie würde ihr nicht einfach nur sagen, sie solle gefälligst aufstehen, sich zusammenreißen und weitermachen, sondern sie würde von ihr verlangen, Dinge zu tun, die ihr ohnehin gebrochenes Herz in noch kleinere Stücke zerfetzen würde.
Arandore war etwas ganz Besonderes.
Auf Pip wirkte es manchmal fast schon märchenhaft.
Sie schloss die Augen, wandte das Gesicht der Sonne zu, spürte die sanfte Brise im Haar, hörte die über ihr kreisenden Vögel, roch den süßen Duft der Blumen um sie herum und erschrak sich fast zu Tode, als Emerald ihr unvermittelt auf den Schoß sprang und ihr übers Gesicht leckte. Dicht gefolgt von dem kleinen, dicken, gutmütigen Eddie, der Pip seine Zuneigung zeigte, indem er versuchte, ihren linken Flipflop zu klauen, und Persi, die fand, wenn Emerald auf Pips Schoß saß, dann sollte sie selbst ebenfalls dort sitzen.
Es war in etwa so, als wollte Pip ein Pony auf die Knie steigen, um sich Streicheleinheiten abzuholen.
Die Situation verschärfte sich, als Emerald einen Eifersuchtsanfall bekam. Um den sich ankündigenden Nahkampf abzuwenden, stand Pip schnell auf.
»Na, kommt schon, ihr Rabauken«, sagte sie. »Wir gehen eine Runde, damit ihr eure überschüssige Energie loswerdet. Danach gibt’s Frühstück.«
Der Spaziergang über das großflächige Gelände von Arandore hatte heute nicht die übliche entspannende und erfrischende Wirkung auf Pip. Ihre Laune besserte sich nicht im Geringsten.
Was da in den Gärten wucherte, war nicht etwa Unkraut und wild Ausgesätes – ihr Großvater hatte alles sehr sorgfältig angelegt, und ganz gleich, wie gepflegt oder vernachlässigt das Gelände auch war: Es sah toll aus.
Um den Gemüsegarten kümmerte sich Tante Susan täglich mit Hingabe, und wenn es mitten in der Nacht im geblümten Nachthemd war. Dieser Teil des Gartens war perfekt gepflegt.
Das riesige Gewächshaus war ein Relikt aus der Zeit, als Arandore ein Weingut gewesen war. Außer dem Treibhaus mit dem uralten Mutterweinstock, von dem alle anderen Weinstöcke auf Arandore abstammten, und einem gigantischen Weinkeller unter Pops’ Cottage war von damals nichts weiter übrig geblieben. Bevor Pops einst in das Cottage eingezogen war, befanden sich im Keller die Büro- und Abfüllräume. Auch jetzt war der Keller noch voller Flaschen. Leider alle leer.
Pips Lieblingsplatz war der See neben der großen hinteren Weide, versteckt hinter einigen Bäumen. Dunkelgrün schimmerte die Wasseroberfläche, nur durchbrochen von großen Lilienblüten. Er war ein Paradies für Eisvögel und Libellen und so zauberhaft schön, dass man jederzeit damit rechnete, von einer Schar singender und tanzender Disney-Figuren umringt zu werden.
Wenn sie sonst mit den
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