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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Hunden hier spazieren ging, diente ihr die Runde dazu, sich mit allem wieder aufs Neue vertraut zu machen. Heute hingegen war sie schon damit beschäftigt, Abschied zu nehmen.
    Das Herz zog sich ihr zusammen.
    Wie zum Teufel sollte sie ihre Mutter von etwas überzeugen, von dem sie selbst alles andere als überzeugt war?
    In der Küche herrschte das übliche Frühstückschaos. Gypsy verschlang die letzten Cornflakes, deren Bestand sich seit ihrer Einkaufstour gestern in Windeseile reduziert hatte. Flora machte Tee, Viola nörgelte, dass sie Kaffee wollte, Flora aber die Milch aufgebraucht hätte. Susan bat sie alle, mit dem Geschrei aufzuhören. Doch nun mischten sich auch noch die drei Hunde ein und fingen an, sich um eine lange Socke zu raufen, die Gypsy noch nicht angezogen hatte.
    Pip beschloss, zunächst mal hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen, bevor sie nach oben zu ihrer Mutter ging. Sie schlichtete, gab Flora Geld und schickte sie und Gypsy mit den Hunden zum Kaufmann im Dorf. Als die beiden mit Milch und Cornflakes wiederkamen, fütterte sie alle Anwesenden (Hunde inbegriffen) ab und sorgte dafür, dass sie sich komplett anzogen (Hunde nicht inbegriffen) und zu streiten aufhörten (Hunde überhaupt nicht inbegriffen, denn die hatten nach dem Fressen ihren neuen Sport Socken-Wrestling wiederaufgenommen).
    Susan konnte Flora und Gypsy gerade noch rechtzeitig in ihren alten rostigen Jeep packen und zur Schule fahren.
    Pip überredete Viola dazu, abzutrocknen, während sie selbst das Frühstücksgeschirr abwusch. Allerdings schmollte ihre Schwester die ganze Zeit und sprach kein Wort – schon gar nicht über die Szene vom Vorabend.
    Pip bemühte sich, sie in ein Gespräch zu verwickeln.
    »Und, was ist bei dir gerade so los?«
    Keine Antwort.
    »Wie läuft’s denn so, seit du mit der Schule fertig bist?«
    Keine Antwort.
    »Suchst du immer noch Arbeit, oder bist du inzwischen fündig geworden?«
    Keine Antwort.
    »Ich weiß, dass deine Prüfungsergebnisse nicht ganz deinen Erwartungen entsprachen – obwohl die Eins in Französisch echt ein Hammer ist ... Super, wirklich. Hast du dir schon überlegt, was du jetzt machen willst?«
    Keine Antwort, und so ging es weiter, bis Pip schließlich genau das tat, was Viola gehofft hatte: Sie hielt die Klappe.
    Es hatte keinen Zweck, weiterzubohren, wenn Viola so drauf war wie jetzt. Manchmal machte sie total dicht und sprach tagelang kein Wort mit irgendjemandem.
    Diese Verhaltensweise hatte sie ganz sicher von ihrer Mutter geerbt, es sei denn, auch ihr unbekannter Vater setzte eisernes Schweigen als Schutzschild ein.
    Pip unternahm einen letzten Versuch, als sie sich abwandte, um ein paar Gläser in den Schrank zu räumen.
    »Wenn du mal einen Tapetenwechsel brauchst, kannst du gerne mit mir nach Bristol kommen, wenn ich zurückfahre.«
    Abermals keine Antwort. Als Pip sich wieder zu ihr umdrehte, war Viola nicht mehr da.
    Die Küche war wieder sauber. Zumindest so sauber, wie der Hauptaufenthaltsraum von drei Mädchen, zwei Frauen und drei Hunden sein konnte.
    Völlig erledigt vom Spaziergang, dem Frühstück und der morgendlichen Rauferei lagen die Hunde vor dem Ofen und schliefen.
    Es war mucksmäuschenstill im Haus.
    Pip hatte keine Ausrede mehr. Jetzt musste sie nach oben gehen und mit ihrer Mutter reden.
    Als sie schließlich vor ihrem Zimmer stand, stellte sie überrascht fest, dass Judys Tür abgeschlossen war.
    Pip hatte nicht gewusst, dass die Tür überhaupt abschließbar war – keine der anderen Innentüren auf Arandore konnte man abschließen, nicht einmal die zu den Toiletten und Badezimmern.
    Auf Arandore hatte jeder immer das Recht gehabt, jederzeit überall hereinzuplatzen – und jetzt hatte ihre Mutter auf einmal ein Schloss an der Tür?
    Leise klopfte Pip an.
    Sie wartete.
    Nichts.
    Sie klopfte noch einmal, dieses Mal etwas lauter.
    »Mum? Ich bin’s, Pip.«
    Wieder nichts.
    Judy hatte sich stets geweigert, ihre älteste Tochter Pip zu nennen.
    Also überwand Pip sich und versuchte es noch einmal.
    »Mum, ich bin’s, P... Persicoria ... Machst du mir bitte auf? Ich bin extra aus Bristol gekommen, um mit dir zu reden.«
    Pip presste das Ohr an die Tür, als eine quäkende Stimme ertönte.
    »Leider ist Judy Charteris gerade nicht zu erreichen, bitte hinterlassen Sie Ihre Standpauke nach dem Piep ...«
    »Ach Mensch, Mum ...«
    »Piiiiiiiiiiiiiiep!«
    Pip gab auf.
    Gegen Mittag versuchte sie es noch einmal. Ausgerüstet mit einer Portion

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