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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Käsetoast mit Worcester-Soße – Judys Lieblingssnack – ging sie nach oben. Klopfte an. Wurde ignoriert. Ließ nicht locker. Holte sogar ein Geschirrtuch und wedelte damit den köstlichen Käsetoastduft unter der Tür hindurch, in der Hoffnung, ihre Mutter so zum Aufschließen zu bewegen. Doch die Tür blieb verschlossen.
    Nachdem Pip eine Weile mit dem Geschirrtuch gewedelt hatte wie ein Indianer, der seinen Stamm vor einem Trupp weißer Männer warnen will, gab sie schließlich auf.
    Mit dem Rücken an die Tür gelehnt, setzte sie sich auf den Boden und aß den Käsetoast selbst. Und natürlich gab sie den Hunden etwas davon ab, sie waren die Einzigen, auf die das Duftwedeln eine Wirkung gehabt hatte, und saßen jetzt geifernd neben ihr.
    Auf dem Weg zurück zur Küche überlegte sie, Chester anzurufen, entschied sich dann aber doch dagegen, weil ihn das nur daran erinnern würde, dass sie nicht in der Praxis war. Also rief sie Maggie an, um sicherzugehen, dass alles glatt lief. Die Geräuschkulisse im Hintergrund ließ eher auf einen wild gewordenen Zoo als auf eine Tierarztpraxis schließen, aber Maggie versicherte ihr, es sei alles in bester Ordnung. Daraufhin konnte Pip den Anruf tätigen, der ihr noch viel wichtiger war.
    Nancy ging schon nach zwei Mal Klingeln dran, woraus Pip schloss, dass sie sich auf dem Sofa befinden musste, Fernseher an, eine Dose Irgendwas in der Hand.
    »Pip!«, quietschte Nancy mit vollem Mund und der Glotze auf voller Lautstärke. »Na, wie sieht’s aus im Rosamunde-Pilcher-Land?«
    »Frag nicht.« Pip seufzte.
    Sie überlegte, ob sie Nancy davon erzählen sollte, dass sie das Haus verkaufen mussten, aber sie hatte Angst davor, es laut auszusprechen. Irgendwie würde der Plan dadurch so real ... Wenn sie ganz ehrlich war, hegte sie doch immer noch eine winzige, völlig irrationale Hoffnung, dass, wenn sie ihrer Mutter eröffnete, Arandore müsse zum Wohl von Viola, Gypsy und Flora verkauft werden, diese milde lächeln und ihr sagen würde, sie solle nicht so albern sein. Dass sie ihr von einem ihr unbekannten Sparplan erzählen würde, den ihr Vater einst in weiser Voraussicht für genau den Tag eingerichtet hatte, an dem ihre Mutter das eigentliche Vermögen verschleudern und die ganze Familie in die größte Bredouille ihres Lebens bringen würde.
    »Ach, doch so gut?«, lachte Nancy, ohne zu wissen, was gerade in ihrer Freundin vorging. »Deiner Mutter geht’s also immer noch schlecht?«
    »Keine Ahnung, ich habe sie noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Hat sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und weigert sich, mit mir zu reden. Ich bin hergekommen, um alles Mögliche mit ihr zu besprechen – aber wie soll das gehen, wenn sie mich nicht mal in ihr Zimmer lässt?«
    »Klingt in der Tat schwierig.«
    »Ich weiß echt nicht, was ich machen soll ...«
    Pip bemerkte, dass sie an ihren Fingernägeln herumkaute, und hörte sofort damit auf. Erstaunlich, wie schnell sich ihre schlechten Angewohnheiten wieder einstellten, sobald sie zurück auf Arandore war.
    »Wie wär’s, wenn du eine Leiter besorgst?«, schlug Nancy lachend vor.
    Pip lehnte sich zurück und brachte das erste Lächeln des Tages zustande.
    »Gar keine schlechte Idee. Dann könnte ich zu ihrem Fenster hochklettern und ihr eine Gardinenpredigt halten.«
    »Ich dachte da eher an: Die Scheibe mit einem Baseballschläger zertrümmern und deine Mutter unter Anwendung von Gewalt aus ihrem Zimmer zerren. Pip, du weißt, dass ich dich total gern hab und dass ich niemals etwas sagen würde, um dich zu verletzen, aber mal im Ernst, deine Mutter ist für euch alle doch so was wie eine heilige Kuh, um die ihr alle auf Zehenspitzen herumschleicht, um bloß nicht ihre Gefühle zu verletzen. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass du ihr ohne weitere Umschweife klarmachen solltest, dass sie die Suppe, die sie sich und euch eingebrockt hat, selbst auslöffeln muss. Nimm deine beneidenswert langen, schlanken Beine in die Hand, lass das Land der sattgrünen Wiesen und Weiden hinter dir und komm so schnell es geht wieder nach Hause. Dein Leben ist hier, Pip. Und ganz ehrlich, Pip, ich finde, du solltest dich lieber um den Mann kümmern, der auf deine Veranlassung bei uns eingezogen ist, statt um deine Mutter ...«
    »Tut mir echt leid, dass ich ihn dir einfach so aufs Auge gedrückt habe ...«
    »Das meinte ich nicht, Pip«, lachte Nancy. »Ich beschwere mich überhaupt nicht. Er ist eine ganz entzückende Gesellschaft, witzig,

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