Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
anderes Problem im Begriff, wenn nicht gelöst, so doch immerhin entschärft zu werden.
Pip hatte nicht damit gerechnet, dass der kleine Aushang für Pops Cottage auf reges Interesse stoßen würde, und hatte deshalb die Zettel bereits aufgehängt, bevor sie überhaupt damit angefangen hatten, das vernachlässigte Haus wieder auf Vordermann zu bringen. Entsprechend panisch wurden sie alle, als jemand anrief, der sich das Cottage bereits übermorgen ansehen wollte.
So brauste der Mini wieder einmal von Laden zu Laden und kehrte voll beladen nach Arandore zurück: Schindeln, Filz, Zement, Nägel, Beschläge sowie meterweise Dachrinnen, die wie Fahnenmasten aus dem Sonnendach des Wagens ragten.
Susan legte sich ihren Werkzeuggürtel um und kletterte aufs Dach, während Pip sich alte Klamotten anzog, ins Haus ging und mit Staubwedeln, Politur, diversen Reinigungsmitteln, Mopp und Eimer bewaffnet dem Schmutz von fünf Jahren den Kampf ansagte.
Pops Cottage war mit seinen zwei Schlafzimmern, einem Badezimmer, einem Wohnzimmer und der Küche zwar nicht gerade groß, aber für den ersten Putzdurchgang brauchte Pip dennoch den ganzen Tag. Und um mit dem zweiten Durchgang bis zum Besichtigungstermin am nächsten Nachmittag fertig zu werden, musste sie sich schon richtig ins Zeug legen.
Susan hatte am ersten Tag das Dach und die Dachrinnen repariert und am zweiten Tag sämtliche Fenster und die Haustür gestrichen.
Sie sah zum Küchenfenster herein, als Pip gerade Anlauf nahm, den letzten Punkt auf ihrer Liste abzuhaken: den Kühlschrank.
»Ich bin dann jetzt fertig, Pip, du musst aufpassen, weil die Farbe an Fenstern und Tür noch feucht ist ... Wow!!«, bemerkte sie, als ihr die Verwandlung des Cottage-Inneren auffiel. »Hut ab, Miss Charteris! Langsam sieht die Hütte nicht mehr wie ein Hexenhäuschen aus, sondern eher wie Buckingham Palace!«
»Danke, Susan. Meinst du, das reicht so?«
»Aber dicke, Pip! Super! Ich habe saubere Bettwäsche auf den Küchentisch gelegt, aber ich muss jetzt los und die Mädchen von der Schule abholen. Tut mir leid. Schaffst du das?«
»Klar. Die Bewegung tut mir sogar gut. Bin nur froh, dass es hier keinen Spiegel gibt ... Ich sehe bestimmt selbst aus wie ein Wischmopp ...«, sagte Pip, blies sich eine Spinnenwebe aus dem Gesicht und fischte zwei Zwanziger aus der Tasche.
»Bring auf dem Rückweg doch bitte Fish & Chips mit – von uns beiden hat wohl keine Lust, zu kochen, und die Mädchen sind sicher am Verhungern.«
Susan wollte das Geld nicht nehmen.
»Du kannst nicht ständig für alles bezahlen, Pip.«
»Ach, und wer hat in den letzten Monaten ständig alles bezahlt, Susan? Nun komm schon, nimm das Geld. Wenn ich gewusst hätte, wie schlimm es um euch stand, hätte ich schon viel früher ausgeholfen, das weißt du.«
»Ja, das weiß ich, und genau darum hatte ich den Mädchen gesagt, dass sie dir nichts davon sagen sollten. Du hast schon genug Lebenszeit damit verbracht, als Notfall-Mutter für deine Schwestern einzuspringen ...«
Das Cottage war kaum wiederzuerkennen, als Pip erst damit fertig war.
Gut, es würde keine fünf Sterne bekommen, aber es war gemütlich und einladend. Es war sauber und aufgeräumt und müffelte nicht mehr wie der Inhalt eines vergessenen Abfalleimers.
Im Gegensatz zu Pip.
Der einstige Schmutz und Mief des Hauses hatte sich auf sie übertragen. Ihre Haare waren so voller Staub, dass sie aussah, als sei sie frühzeitig ergraut, und ihre Lungen fühlten sich an, als sei sie seit ihrem sechzehnten Lebensjahr Kettenraucherin. Dabei hatte Pip erst einmal in ihrem Leben an einer Zigarette gezogen und es so ekelhaft gefunden, dass sie auf jegliche Wiederholung verzichtete. Im Gegensatz zu ihrer Schwester Viola, die immer noch hinter dem Holzschuppen quarzen ging und glaubte, sie sei dort unbeobachtet.
Ihr gelbes T-Shirt und ihre blaue Jeans waren einheitlich grau.
Sie selbst war völlig geschafft.
Aber gleichzeitig hatte sie auch etwas geschafft, und so war sie zwar fix und fertig, aber auch irgendwie beglückt.
Sie trat vors Haus und kam sich dabei ein wenig wie ein Minenarbeiter vor, der nach einem langen Arbeitstag in der staubigen Mine wieder ans Tageslicht kommt. Nachdem es am Morgen leicht geregnet hatte, empfing sie nun strahlender, für den Herbstanfang eher ungewöhnlicher Sonnenschein.
Klebrig, verschwitzt und müde machte sich Pip auf den Weg zum Haupthaus. Als sie am Weiher vorbeikam, blieb sie stehen und dachte nicht lange
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