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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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die alle nur wegen ihr hier, sonst würden sie zu Hause vor der Glotze hängen und Dosenbier saufen. Ich weiß, dass es dir stinkt, Dudley und Judy so eng zusammenarbeiten zu sehen, aber du weißt genauso gut wie ich, dass das Fisherman’s Boots zurzeit jede Unterstützung braucht, die es nur kriegen kann.«
    »Da hast du leider recht«, seufzte Opal.
    Im Gegensatz zu ihrem Mann konnte Opal nicht sonderlich gut mit Zahlen umgehen, aber selbst sie hatte mitbekommen, dass es um die Bilanzen des Fisherman’s Boots nicht zum Besten bestellt war.
    »Guck doch mal, Opal Dooley.« Morven stellte sich zusammen mit Opal an die Saloontür zum Kneipenraum. »Guck doch nur, die vielen Leute. Hör doch nur, wie eure Kasse klingelt, als wäre es noch Hochsommer und Gallant voller gut betuchter Touristen. Und sei dankbar, dass der einzige Preis, den du dafür zahlen musst, der ist, dass dein Alter der neuen Mitarbeiterin auf den Arsch guckt.«
    Normalerweise war es mitten in der Woche abends ziemlich leer im Pub, doch heute waren elf der zwölf sonst unbesetzten Barhocker von Männern aus Gallant und Umgebung belegt.
    Morven drückte ihr tröstend den Oberarm.
    »Komm schon, das Essen muss serviert werden. Kopf hoch und weitermachen.«
    Opal versuchte sich damit zu trösten, dass steigender Umsatz auch bedeutete, dass sie wieder mehr in ihren Sparstrumpf stecken konnte. Seit Jahren legte sie nämlich Geld für eine Schönheitsoperation beiseite, aber in geschäftlich flauen Zeiten war das natürlich nicht viel gewesen.
    »Kopf hoch«, wiederholte Morven und schob Opal sanft, aber bestimmt durch die Saloontüren.
    »Dann sieht man das Doppelkinn nicht so«, brummte Opal vor sich hin und setzte ein gequältes Lächeln auf, bevor sie sich ins Getümmel stürzte.
    Morvens Bemühungen, Opal moralisch aufzurichten, schlugen nicht recht an. Eine halbe Stunde später, als Opal Zitronen schnitt, machte sie ein so verkniffenes Gesicht, als würde sie an den gelben Scheiben saugen. Sie brauchte jedenfalls keine neue Brille, um zu sehen, worauf sich Dudleys Blick konstant richtete. Und jetzt war auch noch Viola Charteris aufgekreuzt und hatte sich auf einen der Barhocker gepflanzt. Sie trug ihre langen, in superkurzen Jeansshorts steckenden Beine zur Schau, und ihr goldblondes Haar floss ihr förmlich über die Schultern. Unter dem engen T-Shirt mit der Aufschrift: »Lieber am Busen der Natur als am Arsch der Welt« zeichneten sich ihre Brüste und die Tatsache, dass sie keinen BH trug, sehr deutlich ab.
    Jetzt wussten die armen Männer überhaupt nicht mehr, wohin sie gucken sollten. Wie bei einem Tennismatch drehten sich die Köpfe in einer Tour von rechts nach links und von links nach rechts.
    »Na, großartig. Zwei von den Charteris-Weibern zum Preis von einer«, brummte Opal vor sich hin. »Ich komme mir vor wie Quasimodo beim Miss-World-Casting ...«
    Sie schenkte sich einen großzügigen Wodka-Tonic ein und bekam gar nicht mit, dass die junge Charteris sie ihrerseits neidisch beäugte, weil sie freien Zugang zu Violas Lieblings-Longdrink hatte. Erst war es Viola hochnotpeinlich gewesen, dass ihre Mutter im Fisherman’s Boots arbeitete, aber dann war ihr eingefallen, dass dabei womöglich jede Menge Gratis-Drinks für sie abfallen würden. Doch da hatte sie sich geschnitten, denn Judy erwies sich als äußerst gewissenhaft, was bedeutete, dass die Gratis-Drinks sich sehr in Grenzen hielten.
    Außerdem sah es ganz so aus, als hätte sich Judy am Kleiderschrank ihrer Tochter bedient ... Heute trug sie Violas beste schwarze Jeans und ebenfalls eins ihrer geliebten Sprüche-T-Shirts. Dieses bezeichnete ganz einfach Judys Brüste mit »links« und »rechts«.
    Viola wurmte nicht so sehr die Tatsache, dass ihre Mutter sich Klamotten von ihr auslieh – schließlich waren die Charteris-Mädchen daran gewöhnt, immer alles zu teilen, und dass alles allen gehörte. Nein, was sie fuchste, war, dass ihre Sachen ihrer Mutter nicht nur passten, sondern ihr auch noch besser standen.
    Je länger Viola ihre schöne Mutter beobachtete, fühlte sie sich wie ein hässliches Entlein. Eigentlich hätte sie sich inzwischen daran gewöhnt haben sollen, dass ihre Mutter so ein Hingucker war. In ihrer ersten Jugendzeit hatte sie es auch ganz toll gefunden, dass alle ihre männlichen Freunde ihre Mutter »echt steil« und »rattenscharf« fanden – aber jetzt ärgerte es sie von Jahr zu Jahr mehr. Mit ihren fast zwanzig Jahren hatte Viola nunmehr

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