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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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das Rauschen des Meeres ...
    »Ich finde es eigentlich völlig grotesk und unangemessen, dass andere Menschen über deinen Namen bestimmen, obwohl er einen Großteil unserer Identität ausmacht, und dass man selbst keinerlei Einfluss darauf hat«, brummte sie.
    »Ganz meine Meinung. Sieh mich an. Balthazar.«
    »Stimmt. Den Namen kann ich nicht mal aussprechen«, grinste Pip.
    Er verstand ihren Humor und erwiderte ihr Lächeln.
    »Eben. Mein Vater nennt mich Balthazar, nach seinem Großvater. Meine Mutter mag den Namen nicht, sie ist Französin und wollte mich nicht nach etwas so Altmodischem nennen, und darum hat sie sich einen anderen Namen für mich ausgedacht ...«
    »Aha. Du hast also auch einen Spitznamen?«
    »Hmhm.«
    »Verrätst du ihn mir? Darf ich dich so nennen? Ist der für englische Zungen leichter auszusprechen?«
    »Vielleicht ... Er ist mir aber trotzdem irgendwie peinlich.«
    »Peinlich?«
    »Du weißt doch, wie Mütter sind.«
    »O ja.« Pip dachte an die Zeiten zurück, als ihre Mutter sie immer Puppenprinzessin Persicoria nannte. »Also los, raus damit.«
    Verschämt senkte er den Blick.
    »Sie nennt mich Beau ... Das ist französisch für ...«
    »... schön.« Mit einem Mal hatte Pip einen Kloß im Hals.
    »Siehst du.« Er schüttelte den Kopf und lächelte verlegen. »Ich hab doch gesagt, dass es peinlich ist.«
    Doch auch Pip schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie und lächelte wehmütig. »Das ist ein guter Name. Beau. Ein sehr guter Name ...«

– 28 –
    Die Turmuhr von Arandore ging immer noch richtig und schlug zuverlässig zur halben Stunde. Halb zwölf am Abend war es, und Opal Dooley starrte Judys Rücken mit der gleichen Intensität und Ausdauer an wie ihr Mann zuvor deren Hintern.
    Von außen betrachtet, hätte man sicher vermutet, dass sie die schöne Judy mit Blicken auszog, doch im Gegensatz zu ihrem Mann glotzte sie ihre schöne Konkurrentin nicht aus körperlichem Begehren an, sondern aus Misstrauen.
    Opal vermisste ihre Auflaufform mit gebratenen Würstchen, die auf dem Tisch in der Pubküche gestanden hatte. Und einen rot-weiß gestreiften Topfhandschuh, mit dem sie die Form in den Ofen stellen wollte, sobald sie Eierteig über den Würsten verteilt hätte.
    Sie hatte die Küche nur ganz kurz verlassen. Doch als sie zurückkam, waren sowohl die Form mit den Würsten als auch der rot-weiß gestreifte Topfhandschuh weg. Verschwunden. Beides hatte sich in Luft aufgelöst. Und Opal war überzeugt, dass Judy Charteris sich beides unter den Nagel gerissen hatte. Ihr Abendessen.
    Zwar war ihr auch nicht ganz klar, wie Judy eine heiße Auflaufform inklusive Inhalt geklaut und versteckt haben sollte, aber Opal hatte doch die Tüten voller Essen gesehen, die der Judy hündisch ergebene Dudley ihr immer wieder mit nach Hause gegeben hatte. Selbst Morven war inzwischen Mitglied im Judy-Charteris-Fanclub und schob ihr regelmäßig Riesenportionen Moussaka oder Karamelpudding zu. Vielleicht hielt Judy die Küche des Fisherman’s Boots inzwischen wie selbstverständlich für ein nicht versiegendes Füllhorn, von dem sie sich ungefragt bedienen konnte.
    Ja gut, seit Judy bei ihnen arbeitete, hatte sich ihr Umsatz enorm gesteigert. Aber was brachte der Mehrverdienst, wenn er dafür draufging, die gesamte Familie Charteris gratis durchzufüttern?
    Opal zweifelte nicht daran, dass Judy mit dem Verschwinden ihres Abendessens zu tun hatte. Obwohl in der knallengen Jeans eigentlich nicht einmal Platz für eine einzige Pommes war, ganz zu schweigen von einem kompletten Würstchenauflauf und einem Paar Topfhandschuhe ... Doch ganz gleich, wie unmöglich ihr das erschien, es änderte nichts an Opals Überzeugung, dass ihre wunderbar glänzenden, brutzelnden Würstchen von diesem Weibsbild beiseite geschafft worden waren.
    Sie hatte bereits erfolglos nach zum Abtransport bereiten, prall gefüllten Plastiktüten Ausschau gehalten. Jetzt blieb nur noch Judys Handtasche ...
    Sie riss ihren vorwurfsvollen Blick von Judy los und überprüfte deren große, sackartige Handtasche. Doch dort fand sie keine Würstchen ... und auch sonst erstaunlich wenig.
    Opal hatte Judy für eine Frau gehalten, die viel Geld in ihre Schönheit investierte. Sie hatte geglaubt, Judys ebenmäßiger, fast faltenfreier Teint, ihre wunderbare, aschblonde Mähne und ihr drahtiger, straffer Körper erforderten einen halben Zentner Pflegelotionen, Pillen und Packungen, Hand- und Gesichtscremes sowie völlig natürlich

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