Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
zu helfen.
Pip war – im Gegensatz zu Viola – überzeugt, dass er das nicht aus irgendeinem bestimmten Grund tat. Sie glaubte, dass jeder ansatzweise gute Mensch, der mit ihrem Chaos konfrontiert würde, seine Hilfe angeboten hätte.
Aber Balthazar war besonders gutmütig gewesen. Er hatte keine Chance gehabt, mal Pause zu machen, und darum freute sie sich für ihn, dass ihn seine Geschäfte nun dazu zwangen. Jetzt hatte er eine handfeste Ausrede, sich abzuseilen. Sollte er wiederkommen, so tat er das aus freien Stücken. Weil er es wirklich wollte.
Natürlich würde er schon aus praktischen Gründen wiederkommen. Schließlich hatte er das Cottage für ein halbes Jahr gemietet, und der Großteil dieses Zeitraums lag noch vor ihnen. Aber vielleicht würde er einfach eine Weile wegbleiben, um auf die Weise die gewachsene Intimität und die gesteigerten Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, wieder zurückzuschrauben. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass er sich ihnen verpflichtet fühlte.
Doch obwohl Pip entschlossen war, ihm mit der gleichen Selbstlosigkeit zu begegnen, mit der er auch ihnen begegnet war, und obwohl sie alle unvermindert schufteten, um alles für den Wettbewerb vorzubereiten, waren die nächsten beiden Tage ohne ihn irgendwie seltsam. Vielleicht weil sie ohne ihn nur etwa die Hälfte dessen schafften, was sie vorher mit ihm geschafft hatten, dachte sie. Oder vielleicht – gestand sie sich am zweiten Tag ein – hatte sie sich einfach an seine ruhige Gesellschaft gewöhnt, an sein freundliches, aufmunterndes Lächeln, mit dem er sie aufrichtete, wenn sie schlappmachte.
Am Morgen des Tages, an dem er zurück sein wollte, um gemeinsam den Cider in Flaschen umfüllen zu können, ging sie voller Vorfreude auf die Scheune zu und ... Niemand war da.
Balthazar war nicht da.
Ein seltsames Gefühl übermannte sie, während sie sich in der stillen Scheune umsah, und sie brauchte einen Moment, bis sie verstand, was sie fühlte: grenzenlose Enttäuschung.
Doch bevor sie diese Grenzenlosigkeit weiter ausloten konnte, hörte sie Schritte hinter sich und dann eine vertraute Stimme:
»Guten Morgen, Persicoria.«
Was sie nun fühlte, wusste sie sofort: Erleichterung. Die war genauso grenzenlos wie zuvor die Enttäuschung. Mit einem breiten, warmherzigen Lächeln drehte sie sich zu ihm um.
»Du bist wieder da!«
Ihr Erstaunen versetzte ihn in Erstaunen.
»Ja, natürlich. Das hatte ich doch versprochen.«
»Ja, schon, aber ...« Pip senkte betreten den Blick. Balthazars Lächeln verschwand zu Gunsten eines Stirnrunzelns. Er ging auf Pip zu, legte ihr die Hände auf die Schultern und blickte sie sehr ernst an.
»Nicht alle Männer brechen ihre Versprechen, Pip«, sagte er leise.
Sie hob den Blick, sah ihm in die Augen, und einen Moment lang verloren sie sich ineinander.
Und dann stürmte der Rest der Charteris-Bande schnatternd und lachend die Scheune.
Alle Hände wurden gebraucht, sodass sogar Flora und Gypsy ohne viel Quengeln der Schule fernbleiben durften. Doch als sich ihre Freude über Balthazars Rückkehr etwas gelegt hatte und sie alle wieder in der Wirklichkeit angekommen waren, wurde ihnen klar, wie viel Arbeit da eigentlich noch vor ihnen lag. Doch niemand äußerte seine Bedenken.
Judy hatte sich einen Tag freigenommen und gleich noch eine Menge neuer Freunde und Bewunderer zusammengetrommelt, die ebenfalls helfen wollten.
Pip & Co. standen also einigermaßen ehrfürchtig vor den riesigen Fässern und einer Myriade von Flaschen und versuchten, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass sie unter Einhaltung strengster Sauberkeitsregeln bis zum Abend alles aus den großen in die kleinen Behälter umgefüllt haben mussten. Da jauchzte eine Stimme von der Tür her:
»Verstärkung!«
Sie drehten sich um und sahen Dudley in die Scheune spazieren, dicht gefolgt von seiner deutlich jünger aussehenden Frau Opal – eine neue Lebenseinstellung, ein stetes Lächeln und eine Packung Henna hatten wahre Wunder bewirkt –, die einen Korb voller selbstgebackener kornischer Pasteten schleppte. Außerdem waren Morven, der alte Josh sowie die Stammgäste Mad Mary, Barry und Nigel dabei.
»Wir dachten, ihr könntet vielleicht etwas Hilfe gebrauchen ...«, lächelte Dudley. »Was meint ihr?«
»Was wir meinen? Wir meinen, dass ihr absolut spitze seid!«
Dankbar fiel Judy Dudley um den Hals, und Opal freute sich, dass sie Judy dafür nicht mehr – wie noch vor wenigen Tagen – am liebsten
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