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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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durch den Fleischwolf gedreht und als Füllung für ihre Pasteten verwendet hätte. Stattdessen strahlte sie sie an und umarmte sie selbst.
    »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie dankbar wir euch sind, dass ihr alle hier seid«, keuchte Judy, während sie alle Freiwilligen der Reihe nach in die Arme schloss – sogar den alten Josh, der daraufhin ganz rot wurde und sich auf das hinter ihm stehende Fass setzen musste.
    Die Ad-hoc-Belegschaft war bezüglich ihres Alters, ihrer Größe und ihrer Fähigkeiten eine wilde Mischung. In einem Punkt waren sie aber alle gleich: in ihrem Feuereifer, zu helfen. Dennoch konnten die einen mehr, die anderen weniger ...
    Dankenswerterweise nahm Balthazar stillschweigend eine leitende Rolle ein und vermochte es, das kunterbunte Team durch Ermunterung und geduldiges Demonstrieren so aufzustellen, dass es eine äußerst produktive Fertigungsstrecke bildete, die auf wundersame Weise sehr wirkungsvoll arbeitete. Alle waren fröhlich und plapperten munter drauflos.
    Um punkt fünf Uhr füllten sie die dreihundertste Flasche ab. Der letzte interimistische Korken wurde auf den fünften Schlag der Arandoreschen Turmuhr in den Flaschenhals gedrückt. Alle sahen ergriffen dabei zu, wie Gypsy, der diese ehrenvolle Aufgabe zuteil geworden war, den Hebel der Verkorkungsmaschine herunterdrückte, und spendeten dann stürmischen Beifall, jubelten und fielen einander in die Arme.
    Dann stolperten sie alle aus der Scheune heraus, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen. Völlig erschossen und ausgehungert ließen sie sich auf den feucht-schmutzigen Boden sinken.
    Morven reichte die noch unangetasteten Pasteten herum, und Judy öffnete auf Anregung ihrer ältesten Tochter die Flaschen Nummer achtundzwanzig, siebenundzwanzig und sechsundzwanzig der Pip-Charge. Pip schenkte jedem ein Glas ein.
    Kaum hatte sie den letzten Plastikbecher mit der Sonderproduktion ihres Vaters überreicht, sah die versammelte Mannschaft sie erwartungsvoll an.
    »Rede! Rede!«, rief Dudley, und schon bald stimmten alle mit ein. »Re-de! Re-de! Re-de!«
    Entsetzt sah Pip sie an. Die machten wohl Witze? Sie hatte noch nie im Leben eine Rede gehalten. Aber die anderen skandierten weiter, es gab kein Entrinnen.
    Dann, endlich, hob sie das Glas und prostete ihnen allen zu.
    »Ich habe eigentlich gar nichts zu sagen außer: DANKE!« Und mit Blick auf ihren neuen spanischen Freund fügte sie hinzu: »Ohne eure Hilfe hätten wir das alles nicht geschafft.«
    Alle waren jetzt trotz der anstrengenden Arbeit aufgekratzt. Hinter den Schweineställen neben der Plantage hatte sich in der vergangenen Aufräumwoche ein riesiger Haufen mit Gartenabfällen aufgetürmt, und jetzt, da die Dämmerung einsetzte, beschlossen sie, ihn feierlich anzuzünden.
    Alle versammelten sich um das Freudenfeuer, und während aus Floras Kofferradio Musik plärrte, wurden auch noch die Flaschen fünfundzwanzig, vierundzwanzig und dreiundzwanzig geköpft.
    Völlig verschwitzt, verdreckt und so müde, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte, saß Pip mit dem Rücken an die Stallwand gelehnt da und sah sich um.
    Sie betrachtete die heruntergekommene Scheune, die sie – toitoitoi – in eine funktionierende Kelterscheune zurückverwandelt hatten, und ihre Familie, wie sie so herzlich und ausgelassen zusammen mit Freunden und Nachbarn lachte. In Pips Bauch breitete sich eine wohlige Wärme aus. Seit Jahren war sie nicht mehr so glücklich gewesen. Und zu ihrer eigenen Überraschung: Seit Jahren hatte sie sich nicht mehr so zu Hause gefühlt.
    Sie überlegte gerade, auch noch Flaschen zweiundzwanzig, einundzwanzig und zwanzig zu öffnen, als die Hunde plötzlich anfingen zu kläffen und die Einfahrt hinunterpesten. Ein kleiner Autoconvoy steuerte auf Arandore zu.
    »Was ist das denn?« Susan, die gerade in eine weitere Pastete beißen wollte, reckte den Hals. »Wer ist das?«
    Verwirrt sahen sie und Pip in Richtung Convoy. Sie hatten keine Ahnung, wer das sein könnte.
    Bis die Autos näherkamen und die Aufschrift auf den Türen des ersten Wagens lesbar wurde: »St. Wastrell«.
    »Ach, du grüne Neune! Die Jury!«, quietschte Susan.
    »Aber die wollten doch erst morgen kommen!«, rief Pip entsetzt.
    »Wollen uns wohl unvorbereitet treffen ...«, brummte Susan, sprang auf und fing an, die Spuren ihrer Après-Party einzusammeln. »Fiese Taktik!«
    »Wenn das mal das einzig Fiese hier wäre ...« Hoffnungslos sah Pip sich in der leicht

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