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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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weder ausleihen noch zum Weiterverkauf zurücknehmen.«
    Ich nickte und warf einen schüchternen Blick zur geöffneten Tür hinter ihr. Mir taten die Füße weh, und ich hätte mich liebend gern gesetzt. Die Tochter des Buchhändlers verschränkte die Arme. Die Brosche an ihrer Brust funkelte.
    »Mein Vater ist ausgegangen.«
    Ich ließ mir meine Enttäuschung nicht anmerken und zuckte nur die Schultern. Rasch steckte ich den Leinenband in meinen Korb und beeilte mich, wieder aus dem Laden zu kommen. Wenn der Hugenotte nicht da war, um sie in ihre Schranken zu verweisen, wurden die Bücher hochmütig und herablassend. Sie plusterten sich in ihren Einbänden auf, wenn ich an den Regalen vorbeiging, und stellten in verächtlicher Selbstgefälligkeit ihre Pracht zur Schau. Und die Tochter spornte sie dazu an. Doch wenn er da war, wagten sie es nicht. Denn trotz seiner großen Gelehrsamkeit zeigte er keinerlei Dünkel. Anfangs fragte ich mich, ob er womöglich gar nicht wusste, dass ich nur eine Dienstmagd war, denn er zeigte sich niemals barsch oder herablassend. Vielmehr unterhielt er sich mit mir ungezwungen und vertrauensvoll, als sei ich ihm völlig ebenbürtig. Es schien ihm selbstverständlich, dass ich genau verstand, was er sagte. Das traf zwar nicht immer zu, aber ich wollte ihn das auf keinen Fall merken lassen. Wenn er mit mir redete, hatte ich das Gefühl, ein Mensch aus Fleisch und Blut zu sein, so wie im Straßengewühl, wenn mir ein Gentleman ausweichen musste, weil ich keinen Schritt von der Hauswand zurückwich. Ich fühlte mich ernst genommen und respektiert, und mir war, als könnte ich mit meiner Anwesenheit hier die Dinge ein wenig verändern.
    Doch mich fesselte nicht nur, was er sagte, sondern auch, wie er sprach, wie die Worte in seiner Kehle vibrierten und gurgelten. Er lebte zwar schon seit mehr als dreißig Jahren in England, aber vom Londoner Akzent hatte er nicht das Mindeste angenommen. Er sei, sagte er bei meinem nächsten Besuch und nippte an einem Tässchen dickflüssigen schwarzen Kaffees, ein
réfugié
aus Frankreich, der in den schrecklichen Zeiten nach der Aufhebung des Edikts von Nantes seine Familie nach England geschmuggelt habe. Ich wusste nicht, was er meinte, nickte aber trotzdem. Sein Vater war in Nérac auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, weil er angeblich die Hostie entweiht hatte. Sein Haus wurde zerstört, seine Wälder wurden beschlagnahmt. Der Rest seiner Familie hatte Glück, denn es gelang ihr, nach England zu fliehen. Honfleur hatte sich eine illegale Überfahrt auf einem Kohlenschiff erkauft, seine Tochter Annette, damals noch ein Säugling, war, in einem Fischfass versteckt, mit ihrer Amme auf ein Schiff nach Dover geschmuggelt worden. Eine aufregende Geschichte – ich hätte sie jeden Tag hören können, ohne ihrer je überdrüssig zu werden.
    Oft drängten sich andere Franzosen in dem Laden, auch sie größtenteils Flüchtlinge, die ein Kauderwelsch aus Englisch und ihrer Muttersprache pflegten. Sie unterhielten sich vorwiegend über Männer aus ihrem Bekanntenkreis, und von einigen war fast ständig die Rede: Mr Wren, Mr Boyle, Mr Hooke und Mr Pope. Erst nach einer Weile begriff ich, dass sie diese Männer bloß dem Namen nach kannten, denn die Franzosen sprachen über sie wie Väter über ihre Söhne, in einer Mischung aus Zuneigung und Verdruss. Außer bei Mr Newton. Über Mr Newton sprachen sie nur mit dem allergrößten Respekt.
    Sobald die Franzosen gegangen waren, unterhielt sich der Hugenotte mit Annette und auch mit mir, wenn er sah, dass ich noch da war. Aber anders als andere Männer zog er uns nicht auf und riss auch keine Zoten, obwohl er gern lachte. Seine Lieblingsthemen waren die Regierung und die Gesetze, wissenschaftliche Entdeckungen und die Wunderwelt der Astronomie. Gelegentlich griff er nach einem Band, hob Ruhe gebietend den Finger und las zur Bekräftigung dessen, was er vorher gesagt hatte, einen Abschnitt laut vor. Oft ließ er, während er redete, seine Hand über ein Buch gleiten, betastete gedankenverloren die Goldprägung eines Einbands oder strich mit Daumen und Zeigefinger über die goldgefassten Kanten der Seiten. Meistens jedoch saß er in seinem Laden, wie ein Kerzengießer zwischen seiner Seife und seinen Kerzen sitzt, eingetaucht in die unverwechselbaren Gerüche, die seinen Waren entströmten – eins mit deren Wesen und zugleich von ihnen getrennt, als wären sie sein eigen Fleisch und Blut. Die Pflege der

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