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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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für den unglückseligen Brief Ihres Mannes an.
    Ich meinerseits darf Ihnen versichern, dass ich keinen dauerhaften Groll hege & nicht möchte, dass die lange & für beide Seiten vorteilhafte Beziehung zur Familie Ihres Mannes in irgendeiner Weise getrübt wird. Ich weiß, dass mein verstorbener Vater Daubeney Black in den langen Jahren ihrer Bekanntschaft nicht nur als Kunde, sondern auch als Freund geschätzt hat, & wie Sie würde auch ich es sehr bedauern, wenn durch hitzige Worte auf beiden Seiten dieser schönen Tradition ein Ende gesetzt würde.
    Dennoch muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es nach wie vor unmöglich ist, die von Ihnen gewünschte Frist zur Rückzahlung des Kredits zu verlängern, da Ihnen ohnehin erheblich vorteilhaftere Zahlungsbedingungen eingeräumt wurden. Eine Frau mit Ihrem Geschäftssinn wird begreifen, dass ich mein Unternehmen mit derselben Umsicht & Klugheit führen muss, wie Sie das Geschäft Ihres Mannes führen. Derartige Qualitäten werden in diesen ruchlosen Zeiten immer seltener – Menschen von unserem Schlag, fürchte ich, sterben langsam aus. Als Zeichen meines guten Willens & in Anbetracht des dringenden Bedarfs Ihres Patienten werde ich meinen Burschen zusammen mit diesem Brief 100  Gran Opium überbringen lassen. Gleichzeitig möchte ich Ihren Mann bitten, bis Ende des Monats seine Rechnung vollständig zu begleichen.
     
    Ich verbleibe Ihr ergebener & ehrerbietiger Diener &c.
     
    ISAAC THORNE
    Thorne & Sohn, East India House, Leadenhall Street
    18 . Februar 1720

XXV
    W ährend der dunkelsten Tage des Winters verbesserte sich Marys Zustand nicht im Geringsten. Und auch Mr Black erholte sich nicht, obwohl er weiterhin gelegentlich Besucher empfing. Schnee legte sich als schmutziger grauer Schleier über die Stadt, und der Matsch auf den Gassen gefror zu gezackten Furchen. Die Unpässlichkeit des Herrn machte es erforderlich, dass in seinem Zimmer ständig ein Feuer brannte, uns dagegen wurde es nicht gestattet, im Salon einzuheizen, und nach dem Abendessen musste ich auf Geheiß von Mrs Black die Kohlen vom Rost in der Küche einsammeln, damit sie nicht nutzlos verbrannten.
    Ihre Sparsamkeit umfasste alle Bereiche des Haushalts, und schon die geringfügigste Verschwendung wurde streng bestraft. Es gab keinen indischen Tee mehr. Ich durfte nicht mehr Essig zum Fensterputzen oder Seife für die schwere Leinenwäsche verwenden. Der Zuckerhut wurde in der Anrichte weggesperrt und die Entnahme aus dem Salzfass penibel genau kontrolliert. Abends, wenn ich meine anderen Pflichten erledigt hatte, goss ich, wie schon als Kind, Kerzen aus Binsen und ausgelassenem Speck. Ich musste eine halbe Stunde früher als bisher aufstehen, damit Mrs Black vor allen anderen Kunden auf den Markt gehen und die billigsten Fleischstücke ergattern konnte. Man musste sie allerdings stundenlang kochen, bevor sie einigermaßen weich und genießbar waren. Der Apotheker schlief kaum noch, und obwohl Mrs Blacks Gesicht immer schmaler und verkniffener wurde, mäßigte er sich nicht in seinen Bücherwünschen. Deren Besorgung ließ mir zwar kaum mehr Zeit, mich auszuruhen, aber ich dankte Gott für dieses Glück. Denn meine Besuche bei dem Buchhändler bedeuteten für mich dasselbe wie für den Faulpelz der Schlaf, der ihm hilft, dem öden Einerlei seines Alltags zu entfliehen. Ich wollte, dass dieser gemeine Schuft noch schneller las und noch mehr Bücher verschlang, dass er nach längst vergessenen Werken verlangte oder auf eine wichtige neue Abhandlung stieß, die er unbedingt haben musste.
    Es war nicht der Laden allein, der mich anzog. Wenn ich durch die Cheapside hastete, den dünnen Umhang zum Schutz gegen den Wind fest vor der Brust zusammenhaltend, hatte ich nur einen Gedanken im Kopf – Geld und Freiheit. Außerhalb des dunklen Hauses, das Elixier in meinem Korb, wähnte ich mich frei.
     
    Selbst als es zu tauen begann, stieg das Quecksilber kaum. Ein schneidender Wind ließ die Pfützen erzittern, während ich die Cheapside entlangeilte, und der Himmel, bläulich rot wie ein Bluterguss, kündete weiteren Regen an. Unter meinem Umhang taten mir Nacken und Schultern weh. Mrs Black hatte mich um vier Uhr geweckt, damit ich die Gläser und Flaschen im Laden wusch und blank polierte, die ihrer Ansicht nach verdreckt und eine Beleidigung für die Augen der Kundschaft waren. Doch ich lag ohnehin wach. Der Herr hatte wieder getobt und geschrien, jemand solle ihm vom Leibe bleiben und seine

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