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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Gold?«
    »Wenn dem so ist, Vater, solltest du dich für glücklich erachten«, meinte Annette spöttisch. »Deine Papierschätze würden selbst Krösus vor Neid erblassen lassen.«
    Ich versuchte mir Mr Honfleur in einem Gewand aus Goldbrokat vorzustellen, schwere Ringe an den Fingern, wie er zur Fanfare livrierter Musikanten aus einer goldglitzernden Barke steigt.
    »Das Ganze ist reiner Schwindel«, beharrte Annette. »Denk an die Worte des weisen Lukrez:
Nil posse creari de nihilo.
Aus nichts kann nichts geschaffen werden.«
    Honfleur zuckte die Schultern. »Hätte Lukrez das Glück gehabt, den Respekt gebietenden Mr Law zu kennen, wäre er womöglich zu einem anderen Schluss gekommen. Gewiss hätte auch er den Engländer gebeten, ihm das Geheimnis seines Erfolgs zu verraten und ihm Aktien zu verkaufen.«
    »Auf Erden überall erkennen wenige nur, was wahre Güter sind und was ihr Gegenteil, wenn man vom Nebel des Unverstandes sich befreit«,
höhnte Annette mit einer Stimme, die sie sich eigens für die aus Büchern herausgeschriebenen Zitate zurechtgelegt hatte. »Law ist ein Scharlatan. Er will sich nur die eigenen Taschen füllen, auf Kosten der einfachen Leute.«
    »Im Gegenteil,
ma petite,
John Law ist ein visionärer Ökonom, und die einfachen Leute, wie du sie nennst, haben allen Grund, ihm dankbar zu sein. Dank seiner Reformen ist Frankreich heute ein reiches Land, und es gibt keine Steuern mehr auf Wein, Brot, Hafer, Öl und hundert andere Waren. Kohle ist halb so teuer wie noch vor einem Jahr. Nicht nur seine Aktionäre, alle Franzosen profitieren davon. Das heißt, alle Franzosen in Frankreich«, fügte er hinzu und stupste mich sanft am Arm. »Bemitleiden Sie mich, Eliza. Die Zeiten sind wirklich schlecht für uns
réfugiés.
«
    Ich machte ein verständnisloses Gesicht. Ich war so sehr in meine eigenen Gedanken versunken, dass ich ganz vergessen hatte, wo ich war.
    Annette sah mich über ihr Buch hinweg mit zusammengekniffenen Augen an. »Erwartet dich deine Herrin nicht längst wieder zu Hause?«, fragte sie scharf.
    »Annette!«, wies ihr Vater sie zurecht. »Sie tut doch nichts Böses.«
    »Sie tut überhaupt nichts«, gab Annette zurück. »Ein bequemes Leben für eine Dienstmagd.«
    »Ich … Miss Honfleur hat recht«, stammelte ich und griff nach meinem Korb. »Ich muss gehen.«
    Annette verzog den Mund. »Würde es dir viel Mühe bereiten, das Buch mitzunehmen, das dein Herr bestellt hat?«
    Ich errötete beschämt, als sie ein Buch in meinen Korb legte, das mit einer kreuzweise gebundenen Schnur umwickelt war.
    »Ich habe es nicht eingepackt. Papier kostet schließlich Geld. Sag ihm, die anderen kann er haben, sobald er seine Rechnung bezahlt hat. Sie ist schon sechs Monate überfällig.«
    Honfleur warf seiner Tochter einen finsteren Blick zu, während ich den Laden verließ und durch das Gedränge des Kirchhofs stolperte. Eine rot glühende Sonne ruhte sich kurz auf den niedrigen Dächern aus, bevor sie verschwand. Die Wolken waren rosige Streifen, deren Unterseite wie poliertes Kupfer glänzte. Ein Abend, erfüllt vom blassrosa Versprechen des Frühlings.
     
    Am nächsten Tag schüttete ich weg, was von dem Belebenden Sirup noch übrig war. Er hatte eine grünliche Farbe angenommen, und ich musste das Fläschchen mehrmals ausspülen, um es von dem schleimigen Bodensatz zu befreien. Edgar blinzelte nervös, als er das Labor aufschloss und mir nach kurzem Zögern den Schlüssel reichte. Ich machte die Tür hinter mir zu und sperrte sie ab. Im Flur war das Knarren der Dielen zu hören, als ich mich in fliegender Hast daranmachte, einen Sud von Weißem Fuchsschwanz zu kochen, den ich in ein Fläschchen goss, Edgars Wochenration an Medizin, um anschließend ein Dutzend weiterer Fläschchen mit Tallys Elixier zu füllen.
Zehn Gran Opium & acht Gran Rhabarber, zerstoßen mit etwas Kampfer & eingenommen mit einem Glas blutwarmen kanarischen Weins.
Während ich mich über den Mörser beugte, wiederholte ich lautlos immer und immer wieder diese Formel, bis sie klang wie ein Gebet.

Tumor
    in fortgeschrittenem Stadium
    kein Zweifel
    Unterleib nahe der rechten Hüfte
    von der Größe eines kleinen Apfels, bei Berührung hart/weich
    von schwarzer Farbe
    Haut in der Mitte gelblich mit rötlich violettem Hof
    durch ein Geflecht schwarzer Adern mit der umgebenden
    Haut verbunden
    zweiter, kleinerer Knoten in 2  Teilen, 5  Zentimeter darüber
    klein & violett, wie kleine Trauben
    Haut ringsum

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