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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Suche beauftragte Arbeiter brachte einen zerbrochenen Grabstein von der gewünschten Größe. Erst als er ihn an der vorgesehenen Stelle niederlegte, sah er, dass darauf noch ein einzelnes Wort der Inschrift zu lesen war. Weil er weder lesen noch schreiben konnte, achtete er nicht weiter darauf. Doch als der Baumeister den Stein sah, sank er auf die Knie und dankte Gott dafür, dass er seinem kühnen Plan den Segen erteilt hatte. Denn das in den Stein gemeißelte Wort lautete:
RESURGAM
 – »Ich werde auferstehen«.
    Zehn Gran Opium & acht Gran Rhabarber, zerstoßen mit etwas Kampfer & eingenommen mit einem Glas blutwarmen kanarischen Weins.
Nicht der armselige Balsam einer Kräuterkundigen aus dem Dorf, sondern ein wundertätiges Mittel, das einen Toten wieder zum Leben erwecken konnte. In der Flasche, die Edgar versteckt hatte, war genügend Opium für ein Dutzend Flakons.
    RESURGAM .
    Die Treppendielen unter meinen nackten Füßen waren eiskalt, aber sie knarrten nicht. Als ich fast schon am Zimmer des Herrn war, sah ich ihn, das entstellte Gesicht ein noch dunklerer Fleck im Schatten. Ich hielt die Luft an und drückte mich gegen die Wand, aber er blickte nicht hoch, sondern glitt wortlos in sein Zimmer und schloss die Tür mit einem laut hallenden Klicken.
    Nachdem sich mein Atem etwas beruhigt hatte, schlich ich mich an seiner Tür vorbei, wachsam auf jedes kleinste Geräusch horchend. Als ich den Leuchter vom Nagel an der Wand nahm und die eiserne Öse am Griff gegen den Verputz schabte, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Aber niemand kam. Ich wollte die Kerze an der Glut des Küchenfeuers entzünden und dann schnurstracks ins Labor gehen. Nachts war die Küchentür zwar verschlossen, aber meine Herrin ließ seit Monaten den Schlüssel im Schloss, damit ich Mary morgens wecken und mit der Hausarbeit beginnen konnte, während sie noch auf dem Markt war.
    Als ich in die Küche schlüpfte, drehte sich Mary gerade auf die andere Seite und gab einen Laut von sich, halb Seufzer, halb Schnarchen. Ich stieg über sie hinweg und kauerte mich vor dem Feuer nieder. Im karmesinroten Licht der Holzglut wirkte ihr Gesicht bleicher, ihr Körper noch massiger als sonst. Ich stocherte in der Glut und hielt den Kerzendocht an eine rot glühende Kohle, bis er Feuer fing. Fröstelnd warf ich einen Blick über die Schulter. Die Tür hinaus auf die Gasse stand einen Spalt offen. Die Hand schützend vor die Flamme haltend, lief ich hinüber und schloss sie. Bang sah ich mich um. Jeder Kunde im Laden hatte schon eine schauerliche Geschichte von Dieben und Vagabunden zum Besten gegeben. Erst als ich beinahe über den Fuß gestolpert wäre, sah ich ihn. Fast hätte ich laut aufgeschrien, doch da erkannte ich, wem der Fuß gehörte. Mit einem Schwung riss ich die Decke hoch. Mary grunzte, drehte sich zur Seite und vergrub das Gesicht im Kissen. Neben ihr, völlig angekleidet, lag zusammengekauert Edgar. Ein Wirtshausmief stieg von ihm auf wie Kotgestank aus einem Schweinekoben.
    Ich versetzte ihm einen Fußtritt. Er stöhnte auf und blinzelte benommen, die Augen geschwollen, die Nase schleimverkrustet.
    »Du pockennarbiger Widerling! Wenn du sie auch nur angerührt hast …!«
    »Dieses Ding da? Eher würde ich
sterben
«, lallte Edgar. Mit einem Mal schluchzte er laut, ganz aufgelöst vor Trunkenheit und Selbstmitleid. »O mein Gott, Eliza, hilf mir, ich bitte dich. Lass mich nicht sterben. Ich will nicht sterben.«
    Und so kam es, dass er mir ein Geständnis machte. Dabei klammerte er sich verzweifelt flehend an meinen Rock, als wäre ich die heilige Muttergottes höchstpersönlich. Edgar hatte die französischen Pocken. Die ersten Pusteln hatte er vor wenigen Tagen entdeckt, und seither trieb ihn die Angst schier in den Wahnsinn. Eine Quecksilberkur wagte er nicht in Erwägung zu ziehen. Wie sollte er die ausfallenden Zähne, den schwarzen Speichel, das endlose Spucken erklären, ganz zu schweigen von dem unverkennbaren üblen Geruch? Würde Mrs Black diesen Pesthauch an ihm wahrnehmen, wäre es aus mit ihm. Die einzige andere Kur, die ihm Erfolg versprechend schien, war, es einer Jungfrau zu besorgen, je jünger, desto besser, aber woher sollte er eine nehmen? Die Puffmutter verlangte für eine Jungfrau zehn Guineen, eine Summe, die seine Möglichkeiten weit überstieg.
    »Da war ich all die Jahre ein treuer Kunde, und jetzt will sie aus meinem Elend Gewinn schlagen«, schluchzte Edgar.
    Er heulte noch jämmerlicher. Ich

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