Der Apotheker: Roman (German Edition)
sollten wir uns beeilen, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen. Wir brauchen kein Aufgebot. Warum unsere Absicht öffentlich erklären, wenn der
curé
in der Threadneedle Street die Sache in kleinem Rahmen und ohne viel Brimborium erledigt? Wir werden zwei Gäste einladen, die unsere Trauzeugen sind, ein herzhaftes Mahl einnehmen und es dabei bewenden lassen.«
Mir sank der Mut. Ich dachte an den jungen Campling, an die Zeremonie in unserem Cottage.
»Aber, Sir, es muss doch alles so stattfinden, wie es sich gehört, meinen Sie nicht …?«
»Du meine Güte!« Honfleur runzelte die Stirn. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie zu den törichten jungen Dingern gehören, die auf Pomp und Verschwendung aus sind. Sie werden zu diesem Anlass ein neues Kleid bekommen, aber bitte bloß keine Überspanntheiten. Ihre Bescheidenheit hat Ihnen immer gut zu Gesicht gestanden.«
»Im Gegenteil, an Pomp liegt mir gar nichts«, sagte ich. »Es ist nur … ich möchte nur, dass die Ehe rechtsgültig ist, Sir. Keine heimliche Heirat.«
»Heimlich? Meine liebe Eliza, Sie halten mich doch nicht etwa für einen, der sich mit einer Scheinehe zufriedengibt, für einen Lügner und Schwindler? Ich bin Franzose, vergessen Sie das nicht. Es wird alles seine Richtigkeit haben, das versichere ich Ihnen.«
Ich hatte ihn verärgert. Schnell nahm ich seine Hand und drückte sie an meine Lippen. »Dann bin ich es zufrieden, Sir. Was ich mir wünsche, Sir, ist die Ehe; an der Zeremonie liegt mir wenig.«
Der Buchhändler sah mich nachdenklich an. »Ich war stets ein großer Bewunderer der zarten Tugenden: Bescheidenheit, Anstand und Geduld. Aufwühlende Leidenschaften sind trügerisch. Wenn sie sich abkühlen, wie alle Leidenschaften, verwandeln sie sich in Reizbarkeit und Verbitterung. Meine Landsleute sollten sich ein Beispiel an eurem Grafen von Dorset nehmen:
›Die Liebe ist ein ruhigeres, sanfteres Glück.‹
Kennen Sie Sackvilles Gedicht? Darin nennt er Dorindas Cupido
›einen bösen Buben, der einem seine Fackel direkt ins Gesicht stößt‹.
Eine schöne Metapher,
non?
Der kluge Mann hatte keine Lust, sich die Augenbrauen zu versengen.«
»Ich bin überzeugt, Sie haben recht, Sir«, pflichtete ich ihm eifrig nickend bei.
»Sie machen sich doch nicht etwa über mich lustig?« Honfleur zog eine Grimasse. »Wirklich, Eliza, Sie sind heute ausgesprochen unerquicklich.«
Ich schüttelte bekümmert den Kopf. Mir war es unerklärlich, wie es hatte dazu kommen können, dass er sich über mich ärgerte, wo ich doch genau das Gegenteil im Sinn hatte.
»Verzeihen Sie mir, Sir, wenn ich Ihnen Verdruss bereitet habe. Es ist … ich bin nur überwältigt. Ihre Freundlichkeit übertrifft all meine Erwartungen.«
Wieder nahm ich seine Hand und küsste sie. Mr Honfleur tätschelte mir geistesabwesend die Wangen, seine Aufmerksamkeit war nach draußen auf die Straße gerichtet. Dann erstarrte er plötzlich. Er wandte sich um, packte mich an den Armen und zog mich fest an sich.
»Dann schenken Sie mir bitte einen Kuss«, erklärte er und drückte den Mund auf meine Lippen und schob die Zunge in meinen Mund. An seiner Nasenspitze hing ein kalter Tropfen. Die Türglocke ging. Er küsste mich noch einmal, diesmal länger, bevor er den Kopf hob, meine Unterarme fest umklammernd.
»Annette, meine liebe Tochter«, flötete er. »Was für eine angenehme Überraschung. Was verschafft uns das Vergnügen?«
Annette sagte nichts. Die Blumenbrosche auf ihrer Brust glitzerte.
»Ich … ich sollte jetzt besser nach Hause gehen«, murmelte ich und versuchte, mich seiner Umarmung zu entziehen.
»Bald wird Ihr Zuhause hier sein«, schnurrte Honfleur und packte mich noch fester. »Annette, es wird dich sicher freuen zu erfahren, dass Eliza und ich einen Zeitpunkt für unsere Hochzeit festgesetzt haben, den Bartholomäustag, in fünf Wochen.« Er streckte ihr meine Hand mit dem Ring hin. »Wir dürfen doch damit rechnen, dass du und dein Pfarrer unsere Trauzeugen sein werdet?«
Annettes Körper straffte sich, sie musterte ihren Vater von oben bis unten. »Am Bartholomäustag, aber natürlich, wie passend!« Sie klatschte in die Hände – eine verwirrende, kokette Geste. »Was gäbe es für einen besseren Ort für ein Mädchen ihres Rangs als den Jahrmarkt? Du hast womöglich schon einen Zwerg angeheuert, der die Zeremonie durchführt? Oder vielleicht ein siamesisches Zwillingspaar? Etwas Groteskes in dieser Art würde den Anlass prächtig
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