Der Apotheker: Roman (German Edition)
mich fröstelte, als sie die Tür hinter uns schloss, die Hände verschränkte und ein wenig den Kopf neigte. Ich atmete flach, und vor Beklemmung war mir ganz flau zumute.
»Ich möchte dir mitteilen, dass es von nun an sonntags keine Bibelstunden mehr geben wird«, sagte sie. »Und du brauchst auch nicht mehr zur heiligen Messe zu gehen.«
Sie starrte mich mit wutverzerrter Miene an, als würde sie eine solche Ausnahme nur unter größtem Zwang gewähren. Es war klar, dass ihr noch einiges mehr auf der Zunge lag.
»Wie Sie wünschen, Madam«, sagte ich folgsam.
»Noch etwas«, fuhr Mrs Black fort. »Ich möchte, dass du diesen Teppich hier in Ordnung bringst. Du nimmst die vom Frühstück übrig gebliebenen Teeblätter, feuchtest sie an und bürstest sie der Länge nach über den Teppich, damit sich der Flor wieder aufrichtet. Danach wirst du die abgenutzten Stellen mit Tinte ausbessern. Mary hat hier drinnen nichts verloren, solange du den Teppich bearbeitest. Beim letzten Mal wollte sie die auf dem Boden verstreuten Teeblätter essen. Das ist alles.« Sie nickte mir zu, presste die Lippen zusammen und streckte die Hand nach dem Türgriff.
Ich starrte sie erschreckt an. »Aber was ist mit … bestimmt ist doch …«
Mrs Blacks Mund wurde schmal wie ein Schlitz. »Du hast doch gehört, was du zu tun hast. Nun mach dich gefälligst an die Arbeit.«
»Ich dachte … ich dachte nur … gibt es nicht etwas, das Sie … wir … soll ich denn nicht etwas bekommen? Gegen die …«, stotterte ich und deutete hilflos auf meinen Bauch. Mrs Black runzelte missbilligend die Stirn, aber ich konnte jetzt nicht innehalten. Tränen standen mir in den Augen. »Bitte, Madam. Woche um Woche vergeht, und ich …«
»Ach ja. Natürlich.« Mrs Black neigte den Kopf, und mir schien, dass ihre Miene nun ein wenig entspannter wirkte. »Ich verstehe. Und du hast ganz recht, mich daran zu erinnern. Wir haben die Dinge lange genug schleifen lassen. Ich werde heute mit Mr Black darüber sprechen.«
Der Tag verging mit Hausarbeiten, die ich in einem Gefühl süßer Angst und banger Erwartung verrichtete. Wenn ich am Labor vorbeikam, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, rasch hineinzuspähen, aber stets war nur Edgar darin. Kurz vor dem Abendessen lugte ich noch einmal in den engen, vollgestopften Raum mit seinen seltsamen Apparaturen. Edgar saß am Tisch, über ein aufgeschlagenes Buch gebeugt. Vor ihm auf der langen Theke lagen bunt durcheinandergewürfelt schmutzige Arzneifläschchen, Flaschen und Destillierkolben, unverschraubte Gläser und Dosen ohne Deckel. Ich hatte keine Ahnung, was sich darin befand. Gerade als ich wieder gehen wollte, blickte Edgar hoch.
»Du spionierst hinter mir her, stimmt’s?«, rief er. »Ich muss dich warnen, ich habe wenig Nachsicht mit Leuten, die herumschnüffeln.«
Mir fiel ein, dass Edgar selbst gern durch den Spalt in das Zimmer seines Herrn spähte, sagte aber nichts. Ich wollte ihn mir nicht zum Feind machen, nicht an diesem Abend. Also lehnte ich mich lässig an den Türrahmen und zuckte mit den Schultern.
»Die Herrin hat gesagt, sie will mir etwas geben. Da dachte ich, es steht vielleicht schon bereit.«
Edgar grinste und stocherte mit einem Skalpell zwischen seinen Zähnen.
»Tja, vielleicht kann ich dir ja behilflich sein«, sagte er und zwinkerte mir lüstern zu. »Vorausgesetzt natürlich, du kommst mir gleichfalls ein wenig entgegen.«
Mein Verlangen nach der Arznei war stärker als mein Abscheu vor Edgar.
»Du kannst immer auf meine Freundschaft zählen, Edgar«, gelang es mir zu sagen.
»Freundschaft!«, rief er höhnisch. »Die Freundschaft einer Hure! Ha! Du meinst wohl, man sollte mit einer Gans erst einmal ein Pläuschchen halten, bevor man sie tranchiert.«
Bevor ich etwas erwidern konnte, schellte die Glocke zum Abendessen. Ich aß wenig. Mrs Black machte zwar ein großes Getue darum, dass sie uns Rindfleisch vorsetzte, doch es war trocken und zäh und blieb mir fast im Hals stecken. Erst viel später, als wir das Feuer löschten, kam die Herrin zu mir. Sie hielt mir einen Keramikbecher hin, aus dem es vielversprechend dampfte. Meine Hand zitterte, als ich ihn entgegennahm. Mit gesenktem Kopf sog ich den blumigen Geruch ein. Der Tee roch seltsam süß für etwas so Ungesundes.
»Ein Aufguss aus Honig und Muskatnuss mit ein wenig Sirup aus Beifuß«, sagte Mrs Black. »Das regt den Urin an und beruhigt die Gebärmutter.«
Achselzuckend ließ
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