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Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition)

Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition)

Titel: Der Archipel GULAG: Vom Verfasser autorisierte überarbeitete und gekürzte Ausgabe in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Solschenizyn
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die theoretisch ideale Einsamkeit abgegeben haben. Auch in solchem Menschengewühl findest du nicht leicht den rechten heraus, dich ihm anzuvertrauen und ihn um Rat zu bitten. Auch werden dir Folterungen und Prügel eher glaubwürdig erscheinen, wenn du die Leute selbst siehst, als wenn dir der Untersuchungsrichter nur damit droht.
    Von den Opfern selber erfährst du, daß sie Salzeinläufe in den Rachen geschüttet bekamen und danach vierundzwanzig Stunden ohne Wasser in der Box standen (Karpunitsch). Daß sie einem mit Reibeisen die Haut am Rücken wundreißen und Terpentin draufgießen. (Der Brigadekommandeur Rudolf Pinzow hat von beidem was abbekommen, obendrein noch wurden ihm Nadeln unter die Nägel getrieben, obendrein noch wurde er mit Wasser vollgeschwemmt, alles, damit er unterschrieb, daß er die Absicht hatte, bei der Oktoberparade seine Panzerbrigade gegen die Regierung zu wenden. Von Alexandrow aber, dem ehemaligen Leiter der künstlerischen Abteilung der WOKS, der wegen seines gebrochenen Rückgrats stets zur Seite sinkt und mit Mühe die Tränen zurückhält, kann man erfahren, wie Abakumow (1948) höchstpersönlich prügelte.
    Ja, ja, der Minister für Staatssicherheit Abakumow verabscheut die schwärzeste Arbeit nicht («Suworow allen voran!»), er ist nicht zu stolz, den Gummiknüppel hier und da selber zu schwingen. Um so freudiger prügelt dann auch sein Stellvertreter Rjumin. Sein Arbeitsplatz ist die Suchanowka, das «Generals»-Zimmer. Es ist rundherum in Nuß getäfelt, Seidenvorhänge umrahmen Fenster und Tür, ein großer Perserteppich dämpft die Schritte. Damit diese Pracht keinen Schaden nehme, wird für den zu Prügelnden über den Teppich eine schmutzige, blutbefleckte Matte ausgebreitet. Während der Exekution assistiert im «Generals»-Zimmer kein einfacher Wächter, sondern ein Oberst. «So, so», beginnt Rjumin höflich und fährt zärtlich über den zwei Zoll starken Gummiknüppel, «die Probe auf Schlaflosigkeit haben Sie ehrenvoll bestanden [Al-der D. lernte es, im Stehen zu schlafen, und diese List half ihm, die Schlafmarter einen Monat lang durchzuhalten]. – Nun wollen wir es mit dem Knüppel versuchen. Bei uns hält keiner mehr als zwei, drei Behandlungen aus. Hosen runter und hingelegt, auf die Matte!» Der Oberst setzt sich dem Opfer auf den Rücken. A. D. nimmt sich vor, die Schläge zu zählen. Er weiß noch nicht, wie das ist, ein Schlag auf den Ischiasnerv, wenn die Hinterbacken vom langen Hungern eingefallen sind. Man spürt’s nicht an der Schlagstelle – es sprengt einem den Schädel. Nach dem ersten Schlag verliert das Opfer vor Schmerz beinah die Besinnung, seine Nägel verkrallen sich in die Matte. Rjumin bemüht sich, präzise Schläge zu setzen. Der vollgefressene Oberst drückt den Liegenden nieder – gerade die passende Arbeit für drei große Sterne auf den Achselstücken! (Nach der Behandlung kann das Opfer nicht gehen, getragen wird es selbstredend auch nicht, sie schleifen es über den Boden. Bald schwellen die Hinterbacken an, daß die Hose nicht mehr zuzuknöpfen ist, doch Striemen bleiben fast keine zurück. Ein schrecklicher Durchfall ist das nächste, und auf dem Kübel in seiner Einzelzelle hockend, beginnt D. schallend zu lachen. Eine zweite Behandlung steht ihm noch bevor, dann die dritte, die Haut wird platzen, und am Ende verliert Rjumin die Beherrschung und beginnt, auf den Bauch zu schlagen, bis die Bauchdecke aufbricht und die Gedärme aus dem riesigen Bruch hervorquellen; dann bringen sie den Häftling mit Peritonitis ins Krankenrevier der Butyrka und geben für eine Weile ihre Versuche auf, aus ihm den Anstand herauszuprügeln.)
    So können sie auch dich zum Krüppel foltern! Als simple altväterliche Liebkosung erscheint es einem danach, wenn in Kischinew der Untersuchungsrichter Danilow einen Priester, Hochwürden Viktor Schipowalnikow, mit dem Schürhaken auf den Hinterkopf schlägt und ihn an den Zöpfen zerrt (der Popen lange Haare eignen sich gut dazu, die Laien haben Bärte, daran zu zerren, sie zu schleifen von einer Ecke zur anderen. Richard Achola aber, den finnischen Rotgardisten, der mitgeholfen hat, Sidney Reilly zu fangen, und bei der Niederwerfung des Kronstadter Aufstands eine Kompanie befehligte, den hoben sie mit einer Zange an seinem langen Schnurrbart hoch, abwechselnd je zehn Minuten fürs rechte und linke Ende, und so, daß die Füße nicht bis zum Boden reichten).
    Doch das Furchtbarste, was sie dir antun können,

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