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Der arme Drache (German Edition)

Der arme Drache (German Edition)

Titel: Der arme Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Heiser
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wird seine Arbeit machen?"
    Kein
Wort des Beileids. Die reine Geschäftsmäßigkeit der
Beamten machte Marie zornig.
    "Ich
bin seine Enkelin, wenn es genehm ist", fauchte sie
angriffslustig. "Alle Lasten, die wegen seinem Tod aufkommen,
werden auf meine Schultern geladen werden."
    Sie
sprach so erwachsen, dass Oliver richtig stolz auf sie war, wie er so
aus seinem Versteck hervorlugte.
    "Aber
Ihr seid ja fast noch ein Kind", empörte sich einer der
Beamten.
    "Unmöglich!"
    "Das
geht nicht."
    "Das
Gesetz sagt ...", plapperten sie durcheinander.
    "Was
ist daran unmöglich?" fragte Marie. "Ich werde in
seiner Hütte wohnen, seine Arbeit machen und auch seine Steuern
zahlen. Gebt mir nur ein wenig Zeit."
    Doch
die Männer achteten schon gar nicht mehr auf sie. Sie steckten
die Köpfe zusammen und berieten sich schnatternd.
    "Wir
müssen das Grundstück dem König als Eigner
zurückführen."
    "
... das Kind in ein Heim ..."
    "
... einen alleinlebenden Holzfäller herholen, der für das
Reich arbeitet."
    Immer
wieder versuchte Marie die Auferksamkeit der drei Männer zu
erregen, doch vergebens. Sie wollten nicht auf sie hören.
Oliver, der ihre missliche Lage erkannte und über seine
aufkommende Wut jede Vorsicht vergaß, sprang hinter den kahlen
Bäumen hervor und brüllte:
    "Genug!"
    Er
kannte sich mit Menschen nicht aus, aber er war schlau genug zu
fühlen, dass Maries Begegnung mit den Beamten in eine Richtung
führte, die dem Mädchen nicht gefiel. Ja, die sogar
gefährlich für sie werden konnte. Was, wenn sie sie aus
ihrer Heimat fortholten, weil sie dachten, es sei für sie das
Beste? Wenn sie sie von ihm fortholten?
    Die
Gelehrten erstarrten förmlich, als sie den Drachen erblickten.
Jedes Wort aus ihren Mündern wurde abgeschnitten und ohne jeden
Sinn mit dem kalten Wind weggeweht. Ihre Gesichter wurden lang vor
Entsetzen, bleicher als der Schnee.
    "Ein
D ... D ... D ..."
    "
... Drache"
    "Ein
Drache ... ", stammelten sie. Sie wichen langsam zurück,
das Buch fiel in den Schnee und verschwand darin. Die Männer
plumpsten auf die Hinterteile und hielten schützend die Hände
vor ihre Körper.
    "Oliver",
stieß Marie erstaunt hervor. "Halte dich zurück, es
ist alles in Ordnung."
    Aber
das stimmte nicht. Marie wusste es, die Beamten wussten es, und
Oliver, jetzt, da es zu spät war, wusste es ebenfalls. Nichts
war in Ordnung. Er hatte überstürzt gehandelt. Mit den
besten Absichten zwar, aber dennoch gefährlich überstürzt.
Das kam davon, wenn man sich in Menschendinge einmischte.
    Die
drei Gelehrten, als sie merkten, dass sie nicht sofort aufgefressen
würden, rappelten sich auf und gaben dann stolpernd Fersengeld.
Als sie sich an das Rennen gewöhnt hatten, was innerhalb von
Sekunden geschah, flitzten sie über die Ebene als wären
alle Dämonen der Hölle hinter ihnen her. Der Anblick war so
absonderlich, dass er hätte lustig sein müssen. Aber
irgendwie war er es nicht. Marie ahnte, dass diese Sache damit nicht
aus der Welt sein würde. Wenn sich die Geschichte erst
verbreitete, dass hier im Wald ein Drache hauste, würde es Ärger
geben.
    "Oh
Oliver", stöhnte das Mädchen. "Warum hast du dich
diesen Kerlen nur zeigen müssen?"
    Sie
nahm liebevoll seine Schnauze in ihre Hände. Mit gesenktem Kopf
sah er sie an.
    "Ich
mochte nicht, wie sie mit dir sprachen. Wie sie über dich sprachen. Ich dachte, sie würden dir wieder zuhören, wenn
ich sie zur Vernunft bringe."
    "Menschen
sind kaum vernünftig, wenn sie Drachen sehen", sagte Marie
niedergeschlagen. "Jetzt, wo sie wissen, dass es dich gibt,
werden wir Schwierigkeiten bekommen."
    "Es
tut mir leid", sagte Oliver. Er fühlte sich wie ein Idiot.
    Marie
blickte todernst in die Ferne.
    "Ich
glaube, es wird uns bald noch viel mehr leid tun." Sie seufzte
und versuchte, ihn mit einem Streicheln aufzumuntern. Es war schwer,
weil sie sich selbst nicht munter fühlte. "Komm, sehen wir
uns die Hütte an. Deswegen sind wir hergekommen und etwas
anderes können wir im Augenblick nicht tun."
    Und
so taten sie genau das, obwohl ihre Herzen schwer waren bei der
Vorstellung, was wohl auf sie zukommen mochte. Drachen waren in den
Köpfen der Menschen eine große Bedrohung, meistens sogar
völlig zu Recht. Kein Königreich würde einen Drachen
innerhalb seiner Grenzen dulden, wenn es etwas dagegen unternehmen
konnte.
    Und
die Kunde von dem Ungetüm im Wald sollte sich noch schneller
verbreiten, als sich Marie und Oliver vorstellen konnten.

    6.
    Ein
mutiger Ritter und ein

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