Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sehr ernst. »Haben Sie die Räume für die Schwestern bereit?«
    »Ja. In der neuen Baracke ist ein Raum frei.«
    Worotilow nickte. »Ich werde mich selbst überzeugen, wie sich die Schwestern einfügen. Sie unterstehen personell der Genossin Dr. Kasalinsskaja und deren Stellvertreterin Genossin Tschurilowa! Nach mir, natürlich! Sie haben lediglich die Mädchen zur Verfügung Ihres Lazaretts. In allen Dingen, die die Mädchen angehen, haben Sie zu mir zu kommen!«
    Dr. Böhler schwieg verbissen. Er sah Worotilow stumm an.
    »Haben Sie mich verstanden?!« fragte Worotilow scharf.
    »Ja – Herr Major.«
    Worotilow kniff bei dem Wort Herr die Augen zu und drehte sich schroff herum. Mit seinen dicken Beinen stampfte er durch den Schnee der Kommandantur zu. Dr. Kresin sah ihm nach und wandte sich dann zu Dr. Böhler.
    »Ich habe Angst um Worotilow«, sagte er leise und wirklich besorgt. »Er ist seit gestern anders – stiller, verbissener, zwischen Haß und Freundschaft schwankend. Ich glaube« – er stockte und sah sich um, ob es jemand hörte –, »ich glaube, er ist kein guter Kommunist mehr …«
    »Und wenn?« Dr. Böhler hob die Schultern.
    »Es wäre das Ende seiner Offizierslaufbahn.« Dr. Kresin hauchte in seine kalten Handflächen, ehe er die Handschuhe anzog. »Wadislav Kuwakino würde ihn rücksichtslos nach Moskau melden.«
    Nachdenklich wandte sich Dr. Böhler ab und winkte den drei Mädchen. Auf der Treppe zum Lazarett stand die Tschurilowa und sah ihnen entgegen. Ihr Gesicht war blaß und verzerrt. Sie haßte die drei Mädchen schon deswegen, weil sie jetzt da waren und neben Dr. Böhler gingen …
    Vom Fenster aus blickte ihnen auch Janina Salja nach. Sie hatte den Bademantel umgeworfen und musterte kritisch die drei in ihren dicken Mänteln.
    Eine Tür klappte hinter ihr. Sie drehte sich erschrocken um. Dr. Schultheiß stand im Zimmer und sah sie strafend an.
    »Jetzt sind sie da, Jens«, sagte sie leise, fast weinend.
    »Wer?«
    »Deine deutschen Mädchen! Sie sind schön. Groß, schlank, kräftig – viel, viel schöner als ich! Ich bin eine Leiche, die atmet. Nur noch eine Leiche. Die deutschen Mädchen sind viel hübscher als ich …«
    Dr. Schultheiß umfaßte ihre schmalen, zuckenden Schultern und sah neben ihr hinaus auf den verschneiten Platz. Zärtlich drückte er seine Wange gegen ihr Gesicht. »Niemand ist schöner als du, Janinaschka.«
    »Ich bin eine atmende Leiche, Jens …«
    »Du wirst leben, Janinaschka. Du mußt leben, weil ich dich liebe …«
    Sie nickte schwach und suchte seine Lippen. Sie küßten sich lange und innig. Behutsam und zärtlich löste er sich dann aus ihren nackten, warmen Armen und küßte ihre geschlossenen Lider.
    »Du mußt brav sein, Janinaschka, und im Bett bleiben«, sagte er stockend. Ihre großen, fieberglänzenden Augen flehten ihn an. Ihre Hände tasteten zitternd über seine Brust. Er biß die Zähne in die Unterlippe und senkte den Blick.
    »Du mußt dich hinlegen«, wiederholte er leise.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie mit fast erstorbener Stimme. »Ich sterbe, wenn du mich nicht …« Plötzlich warf sie sich an ihn und krallte sich an ihm fest. Ihr Atem flog. Sie riß mit der rechten Hand das Hemd über seiner Brust auf und versuchte, es abzustreifen. Er hinderte sie daran – fast ringend standen sie im Zimmer, ihr nackter Oberkörper zuckte und warf sich ihm entgegen. »Halte mich!« stöhnte sie. »Halt mich fest, schlag mich – nur tu etwas, erwürg mich, laß mich unter deinen Händen sterben … Ich halte es nicht mehr aus ohne dich …!«
    Ein plötzlicher Hustenanfall schüttelte sie. Sie sank aufs Bett und preßte die Hand vor den Mund. In ihren Augen flackerte die Todesangst. Zwischen ihren Fingern rann ein dünner, roter Streifen hervor …
    Dr. Schultheiß rannte in die Ecke des Zimmers und kam mit einer Platte Zellstoff zurück. Er riß ihre Hände vom Gesicht, tupfte das aus dem Mund rinnende Blut ab.
    »Still«, sagte er dabei. »Ganz still, Janinaschka.« Er legte sie zurück in die Kissen und deckte sie bis zum Hals zu. Dann setzte er sich auf die Bettkante, nahm ihre schmale Hand – eine Kinderhand, dachte er – und spielte mit ihren Fingern. Sie sah ihn an und lächelte.
    »Mein blonder Wolf«, sagte sie zärtlich.
    »Ich werde in dieser Nacht bei dir sein.« Er küßte ihre Finger und drückte ihre Hand gegen seine Augen. Ihre Fingerspitzen streichelten seine Brauen und Wimpern.
    »Die ganze Nacht?« flüsterte sie

Weitere Kostenlose Bücher