Der Assistent der Sterne
erledigen.«
Van Gaever kehrte zurück, der Hund winselte inständiger, denn er sah sich jetzt wieder der erdrückenden übermacht von drei fremden Wesen gegenüber.
»Ihr Klebeband«, sagte Van Gaever und legte es auf den Tisch. »Und jetzt bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Ich brauche meinen Schlaf! Gute Nacht!«
Jensen bedauerte Van Gaevers Entscheidung, aber er konnte nichts daran ändern. Van Gaever suchte Anerkennung, er würde sie hier bestimmt nicht bekommen, auf ihn warteten weitere Erniedrigungen, davon war Jensen überzeugt.
In diesem Moment hörte Jensen ein merkwürdiges Geräusch. Er drehte sich um. Der Hund lag mit seitwärts ausgestreckten Beinen auf dem Boden, seine Augen waren halb geschlossen, die Lider flatterten. De Reuse schlug noch einmal zu, mit dem Gewehrkolben, es war ein konzentrierter, genau bemessener Schlag.
»Sie sind wirklich ein ausgesprochen erbärmlicher Mensch«, sagte Jensen. »Ich fahre jetzt nach Reykjavík. Morgen schicke ich jemanden mit dem Wagen hierhin zurück. Ich übernehme alle Kosten.«
De Reuse schwieg, er umwickelte das Maul des Hundes mit Klebeband.
»Den Hund nehme ich mit«, fügte Jensen hinzu.
De Reuse band dem Hund nun auch die Vorderläufe zusammen. Dann hob er ihn auf, mühelos, er wog nicht viel mehr als ein Stück nasses Tuch. De Reuse drückte Jensenden Hund in die Arme. Der Hund stank, sein Fell war kalt und klebrig. Das Herz des Hundes pochte in Jensens Händen. Es war unerträglich. Er legte den Hund auf den Küchentisch, er würde das Tier später holen, zuerst wollte er sein Gepäck in den Wagen bringen.
»Wollten Sie den Hund nicht mitnehmen?«, fragte De Reuse.
»Das werde ich auch tun.« Jensen war klar, dass er sich verrannt hatte.
»Ein Wort noch, bevor Sie sich da draußen verirren.« De Reuse wischte sich die Hände an seinem Morgenmantel trocken. »Ich verstehe natürlich, dass es Ihnen hier nicht gefällt. Sie fühlen sich von mir betrogen. Ich habe Sie zu einem Privatseminar eingeladen, Sie dachten, dass wir drei Wochen gemütlich auf dem Sofa sitzen und mit einem Glas Portwein in der Hand über die Vakuumenergie reden, über das Higgs-Boson und die Spezielle Relativitätstheorie. Stattdessen wird von Ihnen verlangt, dass Sie einen Generator bedienen und einen streunenden Hund töten. Sie frieren, Sie haben Hunger, und was tischt der verrückte Professor Ihnen auf? Eine verdammte Tomatensuppe! So haben Sie sich das Leben als selbst ernannter Physiker nicht vorgestellt. Sie sind empört und enttäuscht. Sie glauben sogar, dass Ihre Enttäuschung den Diebstahl eines Mietwagens rechtfertigt. Nicht ich, Jensen, Sie sind ein erbärmlicher Mensch. Und wissen Sie, warum? Weil Sie unfähig sind zu begreifen, dass die Vakuumenergie und die Relativitätstheorie hier draußen so viel wert sind wie die Scheiße dieses Hundes. Das hier«, sagte De Reuse und stieß den Hund mit dem Lauf seiner Flinte an, »das ist das Seminar, Jensen.«
»Ja, aber es ist Ihres, nicht meins. Ich habe mein Leben nicht in Hörsälen und hochreinen Experimentierräumenverbracht. Gleichungen, immer nur Gleichungen, und Protonenspuren auf Bildschirmen. Jetzt sehnen Sie sich danach, einmal einen Hund totzuschlagen. Für mich ist das aber leider nichts Neues. Ich habe genügend Leichen gesehen, genügend Widerwärtigkeit, Blut an den Wänden von Kinderzimmern, Gehirnmasse auf Toilettensitzen. Das ist der Unterschied, De Reuse. Im Gegensatz zu Ihnen möchte ich mich jetzt wirklich sehr gern ausschließlich nur noch mit Atomen beschäftigen, mit der Vakuumenergie, mit all dem, was Sie langweilt. Für mich gilt: Je abstrakter, desto besser. Auf Wiedersehen. Sie haben mein Wort, dass Ihr Wagen morgen um diese Zeit wieder hier steht.«
»Morgen um diese Zeit wird Ihnen das Benzin ausgehen. Und kein Mensch, am allerwenigsten Sie, wird wissen, wo Sie sind.«
Der Hund kam zu sich, seine Augen weiteten sich in der Todesangst. Er krümmte sich auf dem Tisch beim Versuch, die Fesseln abzustreifen, sein Wimmern war schrecklich. Jensen wandte sich ab, um den Hund würde er sich später kümmern. De Reuse schien sich mit der Abreise zwar abgefunden zu haben, aber Jensen hatte dennoch das Gefühl, dass jetzt alles schnell gehen musste. Den Koffer holen, den Hund hinten in den Gepäckraum legen, losfahren, sich verirren, diesbezüglich hatte De Reuse natürlich recht.
Jensen eilte die Stufen ins Obergeschoss hoch. Man musste es zumindest versuchen. Er stieß die Tür zu seiner
Weitere Kostenlose Bücher