Der Assistent der Sterne
Brusttasche ein operettenhaftes nautisches Symbol eingestickt war, ein von Tauen umrankter goldener Anker. »Sie waren der Letzte, der das Fenster geschlossen hat. Und ganz offensichtlich waren Sie dabei sehr nachlässig. Wir haben unseren Besucher hier also Ihnen zu verdanken.«
»Das Fenster«, sagte Jensen, »schließt nicht richtig. Es ist Ihr Haus. Ich bin für Reparaturen nicht zuständig.« Er drehte sich zu Van Gaever um, der in einem roten Pyjama hinter einem Küchenstuhl stand, um im Falle eines Angriffs etwas zwischen sich und dem Hund zu haben.
»Sie haben das Problem verursacht«, sagte De Reuse. »Folglich werden Sie es jetzt lösen.«
»Ich werde morgen abreisen. Und Sie werden mich nach Reykjavík fahren.«
»Wir fahren alle gemeinsam zurück nach Reykjavík. Wenn dieses Seminar beendet ist. Keinen Tag früher und keinen Tag später. Van Gaever. Wie sehen Sie das?«
Van Gaever schlotterte vor Kälte. Er sagte etwas, aber man verstand es nicht.
»Sie müssen lauter sprechen«, sagte De Reuse.
»Ich sagte, dass ich ein paar Stunden schlafen muss. Und ich mische mich hier nicht ein. Das alles geht mich nichts an.« Jensen fragte sich, ob das etwas zu bedeuten hatte, all diese merkwürdigen Menschen. Hing das mit ihm zusammen, mit seiner Lebenssituation? Sie waren alle merkwürdig, De Reuse, seine Freundin, Van Gaever; es war unwahrscheinlich, dass er selbst der einzige vernünftige Mensch hier war. Er hatte plötzlich das Bedürfnis, zu ihnen zu gehören, dadurch wäre alles sehr viel erträglicher geworden.
»Auf welcher Seite stehen Sie, Van Gaever?« De Reuse stellte die Frage in sanftem Ton.
»Ich weiß es nicht. Ich stehe auf keiner Seite. Ich werde jedenfalls nicht abreisen, wenn Sie das meinen.«
»Gut«, sagte De Reuse. »Und jetzt hören Sie zu, Van Gaever. Sie frieren. Sie brauchen Bewegung. Gehen Sie nach oben in mein Schlafzimmer. In der Nachttischschublade liegt eine Rolle Klebeband. Holen Sie es, und bringen Sie es mir. Aber klopfen Sie an, bevor Sie das Zimmer betreten. Sonst zerkratzt meine Assistentin Ihnen das Gesicht.« Er lachte, er genoss die Situation.
Er hält das hier tatsächlich für das echte Leben, dachte Jensen.
»Meinetwegen«, sagte Van Gaever. »Ich hole das Klebeband. Aber dann gehe ich schlafen. Das ist mein gutes Recht.« Er machte sich auf den Botengang.
Der Hund war jetzt still, wahrscheinlich überwältigte ihn der Duft der Tomatensuppe; auf dem Boden hatte sich inzwischen eine rote Lache gebildet.
»Und Sie«, sagte De Reuse zu Jensen, »schrauben ein Bein des Küchenstuhls ab.«
»Warum? Wollen Sie den Hund damit erschlagen?«
»Nein. Das werden Sie tun. Hier draußen können Sie die Verantwortung für Probleme, die Sie verursacht haben, nicht an andere delegieren. Sie werden das Stuhlbein abschrauben, und dann werden Sie den Köter bewusstlos schlagen. Danach werden Sie ihm mit dem Klebeband das Maul zubinden und ihn vors Haus bringen. Dort ist es dann Ihnen überlassen, wie Sie es zu Ende bringen. Wenn es Ihnen leichterfällt, ihn zu erschießen, werde ich Ihnen das Gewehr überlassen.«
Einen Moment lang wünschte sich Jensen, der Hund möge De Reuse angreifen, sich in seinen Arm verbeißen, ihm eine bedeutende Wunde zufügen, die die Behandlung durch einen Arzt erforderlich machte. De Reuse hätte dann selbst das größte Interesse an einer vorzeitigen Abreise gehabt. Doch für einen Angriff war der Hund zu geschwächt. Er schien das selbst zu wissen, er winselte nur noch, in der Hoffnung, die fremden Wesen dadurch zu rühren und von seiner Harmlosigkeit zu überzeugen.
»Geben Sie ihm etwas zu fressen«, sagte Jensen. »Das ist alles, was er will. Lassen Sie ihn die Tomatensuppe auflecken, dann wird er gehen. Oder noch besser, Sie geben ihm eine Wurst. Es ist doch bestimmt noch etwas anderes im Haus als Tomatensuppe. Sie hatten doch nicht im Ernst vor, uns drei Wochen lang verdorbene Suppe vorzusetzen.«
»Nein«, sagte De Reuse. »Das hatte ich nie vor.« Er drückte mit dem Lauf der Schrotflinte das Fenster zu. Es sah sehr abenteuerlich aus. »Morgen werden wir Fleischessen«, sagte De Reuse. »Wir werden es uns in Húsafell besorgen, Sie, Van Gaever und ich. Wir werden früh aufbrechen müssen, denn der Fußmarsch hin und zurück dauert sieben Stunden. Die Straße ist unpassierbar.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »In vier Stunden werden wir aufbrechen. Es wäre also für uns alle das Beste, wenn Sie diese Sache schnell
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