Der Assistent der Sterne
Zwanzigjährige wie früher mit überhöhter Geschwindigkeit bei Gelb noch über die Kreuzung gefahren, hätte er vielleicht eines Tages seinen achtzigsten Geburtstag feiern können. Andererseits hätte er in den sechzig kommenden Jahren vielleicht seine Frau unglücklich gemacht, seine Kinder geschlagen und missbraucht, sodass sein früher Tod vielen Menschen viel Leid ersparte. Vielleicht hätte er seine Frau und die Kinder aber auch von Herzen geliebt und mit ihnen im Glück gelebt; oder aber er verlor sie durch Krankheiten, durch Unfälle, begann mit gebrochenem Herzen zu trinken und verwünschte jeden Tag, den sein stumpfsinnig arbeitender Körper ihn durchleben ließ.
»Alles andere als die Vergangenheit ist ungewiss«, sagte Jensen, er dachte es laut. »Und ausgerechnet die Vergangenheit kann man nicht mehr ändern. In dem Moment, in dem man weiß, was man hätte tun sollen, ist es zu spät.«
»Deshalb kommen die Leute ja zu mir«, sagte Lulambo. »Sie möchten es vorher wissen. Und Sie? Was möchten Sie wissen? Er ist bereit. Er wird mit Ihnen sprechen.«
Jensen betrachtete den Fetisch, das mit Hühnerblut geteerte Holzscheit, an dem die Federchen klebten. Die Kerzenflammen leckten danach, sie hätten die Federn gern in Brand gesetzt.
Es ist nur eine Spielerei, dachte Jensen. Eine Schäkerei mit dem Irrationalen. Er hätte es sich nicht gestattet, wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, dass er die Antwort, wie auch immer sie ausfiel, nicht ernst nehmen würde.
»Es gibt da eine Frau«, sagte er, »die mir sehr viel bedeutet.«
Es ging ja nicht um die Zukunft, es ging um die Gegenwart. Und Lulambo hatte bewiesen, dass er über die Gegenwart erstaunlich gut Bescheid wusste.
»Ich habe sie belogen«, sagte Jensen. Er räusperte sich. Er schloss die Augen, um sich selbst nicht zu sehen, während er sagte: »Fragen Sie Ihren Fetisch, ob sie mir verziehen hat.«
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Dank
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Lisa, Esther Kormann, Wolfgang Hörner,
Jeff Tweedy und David Singer.
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Informationen zum Autor (Klappentext)
Linus Reichlin , geboren 1957, begann nach längeren Aufenthalten in Südfrankreich, Italien und Kanada Reportagen zu schreiben, für die er 1996 den Ben-Witter-Preis der ZEIT erhielt. Er lebt in Zürich und Berlin. Sein erster Jensen-Roman Die Sehnsucht der Atome stand monatelang auf der KrimiWelt-Bestenliste. 2009 erhielt Linus Reichlin für sein Debüt den Deutschen Krimipreis.
Auszeichnungen:
1992 Zürcher Journalistenpreis
1996 Ben-Witter-Preis der ZEIT
2009 Deutscher Krimipreis
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Lieferbare Titel / Lesetipps
Linus Reichlin. Der Assistent der Sterne. Roman. Auch als E-Book erhältlich.
384 Seiten, € 19,95
ISBN 978-3-86971-003-7
Es gibt kein Schicksal. Aber Du kannst ihm nicht entrinnen.
Hannes Jensen, ehemaliger Inspecteur aus Brügge, hat einen Fehler gemacht: Während einer Reise nach Island hat er mit einer Frau geschlafen, die er kaum kannte. Als er nach Brügge zurückkehrt, zu Annick, die er liebt, setzt Jensen alles daran, den Fehltritt zu vertuschen. Notdürftig verdeckt er eine Bisswunde am Hals, fatales Souvenir des Seitensprungs, mit einem Schal. Aber Annick hat ohnehin andere Probleme: Ein afrikanischer Wahrsager hat ihrer besten Freundin prophezeit, dass ihre Tochter ermordet werden wird – von einem Mann mit einem Mal am Hals. Hobby-Physiker Jensen glaubt nicht ans Schicksal. Aber die Ereignisse der nächsten Tage lassen ihn zweifeln: Es scheint, als erfülle sich die Prophezeiung. Je mehr sich Jensen gegen die schicksalhaften Verstrickungen wehrt, in die er gerät, desto weniger kann er ihnen entfliehen. Ein Roman über Schicksal und Zufall, über Liebe und Betrug vom Träger des Deutschen Krimipreises 2009.
Erste Leserstimmen:
„Der Assistent der Sterne gehört zu den Büchern, die man, einmal angefangen, sofort und unbedingt zu Ende lesen muss! Großartig! Bitte mehr davon!“ Iren Isberner, Einkauf Buch und PBS
„Endlich ein intelligenter Krimi, der ohne grauenvoll zugerichtete Leichen und fiese Mordmethoden die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite hält. Ganz wunderbar auch der leicht ironische Unterton.
Dieser Text macht einfach viel, viel Spaß und schreit nach mehr.“ Karin Illner-Schulze, Buchhandlung Werner Sieglin e.K., Bremen
Pressestimmen zu Reichlins Debüt Die Sehnsucht der Atome (2008)
"Einer der besten, originellsten Krimis der Saison, voll raffinierter Wendungen, geistreicher Beobachtungen und einem alles andere als
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