Der Assistent der Sterne
hieß seine Frau, »kann mit einem Eimer Crevetten durch den Garten laufen, darauf reagiert Baudouin nicht. Also du siehst, ich muss jetzt wirklich los.«
»Schön, dass du gekommen bist«, sagte O’Hara, auch sie hatte sich zurechtgemacht. Sie trug einen roten Faltenrock, der ihre Knie umspielte, dazu einen engen schwarzen Pullover mit durchsichtigen Ärmeln. Sie knisterte und duftete, ihre Lippen glänzten.
Jensen legte die Skijacke ab. Auf dem Sofatisch stand eine Flasche Champagner.
»Mach ihn auf«, sagte sie. »Und setz dich neben mich.«
Jensen saß üblicherweise auf dem Sessel neben dem Sofa, es hatte sich so eingebürgert. Und nun wollte sie, dass er Knie an Knie mit ihr auf dem Sofa saß, und er hielt sich nicht für würdig.
»Was gibt es zu feiern?«, fragte er.
Der Test, dachte er. Keine Chromosomenschädigung, das Kind ist gesund.
Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. In den Gläsern ihrer schwarzen Brille spiegelte sich das Licht der Stehlampe; es war, als würden O’Haras Augen hinter den Gläsern in einem milden Glanz leuchten.
Jensen drückte mit dem Daumen den Korken aus der Flasche. Es erinnerte ihn zu sehr an Island. In den Gläsern zischte das Gesöff, er konnte das Geräusch kaum ertragen. Sie stießen an, Jensen trank nicht, O’Hara jedoch leerte das Glas in einem Zug. Sie stellte es auf den Tisch, zu nah bei der Kante, es fiel auf den Teppich. Jensen wollte sich danach bücken, aber sie sagte: »Lass. Lass das jetzt.« Sie strich mit den Händen über seine Schultern, über den Hals, den Schal. Sie stutzte, der Schal irritierte sie, aber dann glitten ihre Hände weiter; sie fasste ihn plötzlich bei den Ohren und lachte. Sie küsste ihn, überschwänglich, aufs Kinn, auf die Stirn, die Lippen.
»Und?«, sagte sie. »Freust du dich? Bist du darüber so froh wie ich?«
»Wann hast du es erfahren?«
»Heute Nachmittag, im Krankenhaus. Es war wunderbar. Zwei gute Nachrichten kurz hintereinander. Zuerstteilte uns der Stationsarzt mit, dass Trees die Operation gut überstanden hat. Sie wird noch eine Weile auf der Intensivstation bleiben müssen. Aber der Arzt meint, dass sie gute Aussichten hat, wieder vollständig gesund zu werden. Jorn weinte vor Freude und hat es gleich begossen. Ich konnte hören, wie er seine Flasche aufschraubte. Er hat immer einen Flachmann dabei, aber diesmal habe ich ihm den Schluck gegönnt. Und dann, Hannes, hat mich jemand angesprochen. Doktor Vermeulen. Er sagte, so ein Zufall, dass ich Sie hier treffe, ich habe gerade den Biopsiebericht erhalten. Herzliche Gratulation. Er schüttelte mir die Hand und verschwand wieder. Ich glaube, er war enttäuscht. Ihm wäre ein negatives Testresultat lieber gewesen. Eine schwangere Blinde, das verstößt wohl gegen seine ethischen Grundsätze. Und was hältst du davon, Hannes? Glaubst du, dass ich es schaffe, ein Kind großzuziehen?«
»Allein nicht.«
»Das denke ich auch. Allein werde ich es nicht schaffen. Ich habe mir das lange überlegt. Ob ich es allein schaffen könnte.«
»Ich weiß.«
»Das war sicher nicht leicht für dich.«
»Nein.«
»Aber ich glaube, dass du es andererseits verstehst. Wir kennen uns noch nicht lange. Und das Kind hat uns beide überrascht. Wenn mich vor einem halben Jahr jemand gefragt hätte, ob ich ein Kind will und ob ich es mit dir will, hätte ich aus tiefster Überzeugung zweimal nein gerufen. Ich und ein Kind? Und du und ich? Das ist alles ziemlich waghalsig, findest du nicht?«
Ihr Glas lag noch immer auf dem Boden; sie tastete nach ihm und stellte es auf den Tisch.
»Füll es.«
»Ja«, sagte er. »Es ist waghalsig.« Er füllte ihr Glas und trank jetzt seines leer und goss sich großzügig nach.
»Ich habe mich gefragt«, sagte sie, »was das Kind sich wünschen würde. Und das ist natürlich ganz einfach: Das Kind wünscht sich Vollständigkeit. Es wünscht sich, dass die beiden wichtigsten Personen in seinem Leben dauernd in seiner Nähe sind. Und so wird es jetzt auch sein. Wenn du immer noch willst.«
»Ich wollte das von Anfang an.« Dieses zierliche Champagnerglas war seinem plötzlichen Durst nicht gewachsen.
»Aber wir müssen uns ein größeres Haus suchen«, sagte sie. »Meins ist zu klein, und deines auch. Wir werden beide Häuser verkaufen, und du suchst uns ein größeres. Mit drei Schlafzimmern. Das ist meine Bedingung: Ich möchte ein eigenes Schlafzimmer.«
»Einverstanden«, sagte er und trank einen Schluck aus der Flasche.
»Aber heute«, sagte sie,
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