Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
Vom Netzwerk:
mehr. Sie war zu kraftlos. Seit Tagen hatte sie nichts Richtiges mehr gegessen. Ein paar Bucheckern, getrocknete Beeren. Das war’s. Ich muss schon sehr bald aufbrechen und auf die Jagd gehen, dachte sie. Dann schlief sie ein.

22 . LOUIS
    » Hey, Lou! Wo ist dein Kostüm?«
    Auf dem Schulhof wurde Louis von einer Armee schauerlich maskierter Teenager empfangen, die sich unter den herbstlichen Bäumen zusammengerottet hatten. Was für eine alberne Veranstaltung! Julian hatte total recht: Den Halloweentag sollte man für eigene Pläne nutzen, anstatt in die Schule zu gehen. Soweit das Auge reichte: grässliche Clownsmasken. Werwölfe mit Reißzähnen. Schweinenasen. Zusammengeflickte Splatter-Gesichter. Gebogene Hexennasen mit riesigen Warzen. Leere schwarze Augenhöhlen, hinter denen jugendliche Augen blinzten.
    So ein Typ aus der Elften kam mit blutigem Plastikhackebeil auf ihn zu gerannt. » Lou! Dein letztes Stündchen hat geschlagen!«
    Und schon hatte er das Teil in der Seite. Mann, dieser alberne Kinderscheiß schaffte es beinahe, ihn zum Ausflippen zu bringen! Er griff nach dem Plastikbeil und schleuderte es rüber zu den Müllcontainern. » Hol das Stöckchen, du Spacko!«
    Er war jetzt echt nicht in der Stimmung.
    Irgendwer rief: » Alter, was ist denn mit dir los? Hast du keine anderen Hobbys?«
    Nirgends war Michelle zu sehen. Wie sollte er seine Freundin unter all den maskierten Horrorgestalten finden?
    Überhaupt war es total merkwürdig, dass sie angeblich zur Schule gegangen war. Zumindest hatte das eben ihre Mutter behauptet, als er an der Tür geklingelt und mit klopfendem Herzen nach Michelle gefragt hatte. Sarah hatte die Haustür nur einen Spalt breit geöffnet und ihn aus tiefen Augenhöhlen angesehen. » Sie ist nicht da. Wirklich! Sie ist nicht da! Sie ist heute Nacht noch zu Mascha gegangen.«
    » Und warum geht sie nicht ans Telefon, wenn ich sie anrufe?«
    » Vermutlich, weil sie nicht mir dir reden will.«
    » Warum nicht? Was habe ich ihr getan?«
    Danach hatte Sarah versucht, die Tür zuzudrücken. Aber Louis hatte sich mit Kraft dagegengedrückt, während Sarah von innen gegenhielt. » Halt dich aus unserer Familie raus«, hatte sie durch den Türspalt gezischt. »Du hast uns schon genug Kummer bereitet.«
    In Louis hatte sich die alte Wut des verlassenen Jungen gemeldet. Mit aller Macht hatte er versucht, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, aber es war ihm kaum gelungen. » Was habe ich?«
    » Wenn sich Michelle nicht heimlich mit dir getroffen hätte, wäre das alles gar nicht passiert.«
    Da hatte Louis die Tür endlich losgelassen. Fassungslos hatte er auf dem Absatz kehrtgemacht und war auf seinem Rennrad zur Schule gerast. Über zwei rote Ampeln. So war das also. Inzwischen war er schuld an der Sache. Kein Problem. Jetzt hatten sie endlich einen richtigen Grund, Miche ll e zu verbieten, mit ihm zusammen zu sein. Wie praktisch. Das Leben lieferte einem immer das, was man brauchte. Er hoffte nur, dass Michelle das anders sah. Oder hatten ihre Eltern ihr inzwischen erfolgreich das Gehirn gewaschen? Was war sonst der Grund dafür, dass sie nicht ans Telefon ging und lieber bei Mascha die Nacht verbrachte als bei ihm? Das tat weh. Das tat richtig weh. Wenn jemand verstand, was Michelle gerade durchmachte, dann doch wohl er! Garantiert nicht diese affektierte Mascha!
    Louis kämpfte sich durch die Zombieansammlung auf dem Schulhof. Sie grunzte und schnaufte in seine Ohren. » He, Lou! Als was gehst du denn heute? Als Kindermörder?«
    » Halt die Klappe!« Louis war kurz davor zuzuschlagen.
    » Wow! Echt gruselig!«
    Über ihnen stand die orange leuchtende Herbstsonne. Jemand wuschelte ihm von hinten durchs Haar. » Wo gab’s denn die Zombieperücke?«
    Ein Lasso flog um seinen Hals. Louis fuhr herum. Es war Mascha, die sich als sexy Wonder Woman verkleidet hatte. Typisch! Enges rotes Top. Goldener Haarreif. Knapper blauer Mini mit weißen Sternen. Dazu rote Lackstiefel. Sie grinste und zog Louis vor den amüsierten Blicken der anderen am Lasso zu sich ran. Sie verlieh ihrer Stimme einen verruchten Unterton. » Gefangener! Dieses Lasso zwingt dich dazu, die Wahrheit zu sagen: Wer bist du wirklich unter deiner Maske?«
    Louis zog sich das Seil über den Kopf. » Lass den Scheiß. Hast du Michelle gesehen?«
    » Wow! Mister Superempfindlich! Chill mal!« Mascha drehte sich beleidigt um und wollte mit flottem Hüftschwung in der Menge verschwinden. Doch Louis hielt sie am Arm fest. »

Weitere Kostenlose Bücher