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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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sanfter Stimme. » Ich musste mir ihre Sachen ausleihen, wollte sie aber gerade zurückbringen.«
    » Was hast du mit ihr gemacht?« Der Typ rutschte hangabwärts in ihre Richtung, wobei er sich hilflos an ein paar dünnen Ästen festhielt und seine Taschenlampe verlor. Schließlich landete er doch auf dem Hosenboden und schlitterte weiter.
    » Nichts.«
    Als er unten bei ihr angekommen war, reichte Maya ihm die Hand. Er ignorierte ihre Geste. Eilig richtete er sich selbst auf. Der Typ war gut einen Kopf größer als sie. Maya leuchtete ihn mit seiner Taschenlampe an, die ihr direkt vor die Füße gerollt war. Seine Augen waren unglaublich grün. Sein Haar stand verwuschelt ab. Darin hingen ein paar Blättchen. Atemlos stieß er hervor: » Was soll das heißen? Nichts? Wo ist sie?«
    Maya richtete ihren Blick hinauf zu den vom sanften Mondlicht überzogenen Felsen. Der Junge stand kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Das spürte Maya deutlich. Um ihn zu besänftigen, sprach sie noch leiser. » Da oben. Beim Wasserfall. Du solltest besser nicht hingehen.«
    » Was hast du mit ihr gemacht? Hast du sie gefesselt?«
    Jetzt wurde Maya doch ein wenig wütend. » Spinnst du?! Sehe ich aus wie jemand, der Mädchen fesselt?!«
    Er zuckte mit den Schultern, wobei seine Augen Funken sprühten. » Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie du aussiehst. Ist mir auch egal. Warum hast du die Klamotten meiner Freundin an?«
    » Ja, weil sie…«
    Maya stockte. Es war zu spät. Der Junge hatte keine Lust mehr, auf das Ende ihrer Geschichte zu warten. Er kam näher heran und packte sie vorne an der Kapuzenjacke, wobei er ihr mit der anderen Hand die Taschenlampe entwendete. » Was ist mit Michelle?« Seine Stimme zitterte. Das Mondlicht brach durch die Zweige. Auf seiner Stirn glitzerten feine Schweißperlen. Seine Nasenflügel blähten sich. » Sag es mir! Jetzt!«
    Egal, wie schonend Maya es ihm beibringen würde, der Junge würde durchdrehen. Also machte sie es kurz: » Sie ist tot.«
    Bevor Maya sich zum Kampf bereit machen konnte, lag sie schon auf dem laubbedeckten Boden, der Typ saß über ihr und schlug ihr auf die Wange, unter der ihr Kiefer schmerzte. Dann schlug er ihr auf die andere Wange. Er brüllte, wobei sich seine Stimme überschlug. » Was hast du mit ihr gemacht?«
    » Nichts!«, zischte Maya.
    Jetzt reichte es aber. Seit wann schlug man Mädchen?! Sie mobilisierte all ihre Kräfte und stieß den Jungen von sich herunter. Mit einem Satz stand sie wieder auf den Beinen. » Beruhige dich! Alles klar?!«
    » Vergiss es!«
    Erneut stürzte er sich auf sie, wobei er Maya zu Boden riss, sich auf ihren Brustkorb setzte und ihre Handgelenke festhielt.
    Maya rammte ihm von hinten das Knie in den Rücken. » Lass mich los, du Vollidiot!« Das brachte überhaupt nichts. Der Junge war stärker als sie. Und doch hatte Maya nicht vor aufzugeben. Sie hatte niemandem etwas getan. Sie war nur ein Mädchen, das versuchte zu überleben. Koste es, was es wolle. Und dieser Junge schien auch keiner von der Sorte zu sein, der kampflos aufgab.
    Es entbrannte ein heftiger Ringkampf zwischen ihnen, bei dem sie ineinander verknotet den Berg hinunterrollten, bis sie schließlich, wild atmend und sich aneinander festklammernd, an einem Felsbrocken abprallten. Maya lag unten. Auf ihr der Typ. Für einige Augenblicke sahen sie sich abwartend in die Augen. Ihr Blut pumpte. Ihre Herzen klopften. Ihre Gesichter waren nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt.
    Maya flüsterte: » Nichts habe ich mit ihr gemacht.«
    Im Mondlicht sah sie seine leicht geöffneten Lippen. Seine Augen. Sie fühlte die Wärme, die von ihm ausstrahlte. Sein Atem strich weich über ihr Gesicht. Er hielt sie mit beiden Händen fest. Seit Langem war ihr niemand mehr so nah gekommen. Sie hätte ihn jetzt küssen können. Aber sie sah ihn einfach nur sehr lange an.
    Dann fragte er mit rauer Stimme: » Wer bist du?«

34 . HEIDI
    Heidi schaffte es kaum noch, die Augen offen zu halten. Sie war so unglaublich müde. Zum zehnten Mal fuhr sie im Schritttempo den Schlossberg hinunter und starrte übers Lenkrad gebeugt in die Nacht hinaus. Viel war nicht zu erkennen. Das Licht der Straßenlaternen erhellte immer nur einen kleinen Ausschnitt der sie umgebenden Dunkelheit. Ein paar Büsche, ein Stück Gehweg, einen Mülleimer, einen geparkten Wagen, das war’s.
    Ihr Exmann Eric war auf dem Weg aus der Stadt nach St. Golden. Wohl oder übel hatte sie ihm am Telefon beichten müssen,

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