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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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brüllen. Der war richtig sauer, dass sie ihm entkommen war! Wollte wohl mit ihr als Trophäe vor den anderen aus seinem Club glänzen! Maya stieß einen verächtlichen Laut aus. So einfach war sie nicht zu kriegen. Er blieb vernünftigerweise auf der Straße. Der Mond hing über den schwarzen Kiefernwipfeln. Sie hatte es geschafft. Sie war ihm entkommen. Wenn er sie haben wollte, musste er früher aufstehen. Keuchend holte sie hinter einem Gestrüpp Luft. Es war ruhig. Das wütende Rufen hatte aufgehört. Und doch: Jetzt wusste der Widerwärtige, dass sie hier oben herumgeisterte. Wenn sie Pech hatte, würde er die Verfolgung schon bald wieder aufnehmen und mit seinem Gefolge so lange nach ihr suchen, bis er sie hatte.

31 . NIEMAND
    » Kinder in deinem Alter sollten nicht alleine im Dunkeln herumlaufen. Schon gar nicht außerhalb der Stadt. Weißt du das nicht?« Er sah in den Rückspiegel, direkt in Winnies große Augen, die im Schein der Straßenlaternen aufleuchteten und wieder im Dunkeln verschwanden. Der kleine Junge hockte in seiner Gespensterverkleidung in der Mitte des Rücksitzes. Eine grasgrüne Wollmütze auf dem Kopf. Mit den Händen knetete er nervös eine durchsichtige Plastiktüte, in der sich eine Menge eingesammelter Bonbons und Süßigkeiten befanden.
    » Nein.« Winnie schüttelte den Kopf.
    » Und schon gar nicht zu dieser Uhrzeit. Hat dir das deine Mama nicht gesagt?«
    » Nein.« Winnie schüttelte wieder den Kopf. » Ich wollte mir nur ein Heft im 24-Stunden-Supermarkt besorgen. Außerdem frage ich mich, was ich sonst machen soll, wenn meine Mutter mich nicht von der Schule abholt?«
    Er lachte auf. » Verstehe! Aber es gibt böse Menschen, die nur darauf warten, dass irgendwo ein Kind alleine herumläuft. Und außerhalb der Stadt sind sie nun mal leichte Beute.« Er hatte sich vorsorglich schwarze Lederhandschuhe angezogen, um den kleinen Jungen nicht mit seiner Prothesenhand zu verschrecken.
    Kurz drehte er sich über die Schulter zu Winnie um, der seine Mütze vom Kopf nahm und seiner Stimme einen unerschütterlichen Klang verlieh. » Ich passe schon auf mich auf!«
    » Bist du da ganz sicher?«
    » Jepp.« Winnie blickte aus dem Fenster. Dahinter war es dunkel. Vereinzelt sah er Kiefern vorbeiwischen. » Mir passiert nichts.«
    » Tatsächlich nicht?«
    » Ich bin stark.«
    Er lachte wieder. » Okay. Das denken alle kleinen Jungs von sich. Bis ein Stärkerer vorbeikommt und sie eines Besseren belehrt.« Es war so einfach gewesen, den kleinen Jungen auf dem Parkplatz des Supermarkts dazu zu überreden, in sein Auto zu steigen. Es reichte das simple Versprechen, ihn nach Hause zu bringen.
    » Mich besiegt keiner.« Winnie rutschte nach vorne zwischen die Vordersitze. Die weiße Schminke in seinem Gesicht war verschmiert, die schwarze Schminke rund um die Augen verlaufen. Er sah wirklich gespenstisch aus. » Fragen Sie meine Mutter. Ich habe ihr sogar schon mal eine Kopfnuss verpasst. Aus Versehen.«
    » Meine Güte!« Er lachte.
    » Sie hatte hinterher ein richtiges blaues Auge. Und sie hat geweint!«
    » Hast du dich entschuldigt?«
    » Ich weiß nicht. Kann ich ja noch mal machen.«
    » Warum hat sie dich heute nicht von der Schule abgeholt? Wegen der Kopfnuss?«
    » Nö.«
    » Bist du sicher? Vielleicht ist sie noch wütend auf dich? Weil sie denkt, dass du sie nicht lieb hast?«
    » Nein. Weil sie einen Job hat, bei dem man sich ständig verspätet.«
    » Vielleicht verspätet sie sich, weil du ihr egal bist.« Er blinkte, obwohl hinter ihnen und vor ihnen die Fahrbahn komplett leer war. Längst hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und fuhren in die schwarze Bergwelt hinein. » Vielleicht merkt sie gar nicht, dass du vor der Schule nicht mehr auf sie wartest. Kann sein, sie hat dich vergessen.«
    » Nein. Sie hat nur viel zu tun. Ein Mädchen aus meiner Klasse ist entführt worden und jetzt muss meine Mutter nach dem Täter suchen. Wahrscheinlich will er noch andere Kinder klauen. Aber ich nehme an, Mädchen sind mehr in Gefahr, weil die schwächer sind.«
    Feine Schneeflocken fielen vom Himmel.
    » Aha.« Er bog auf einen schmalen, holprigen Weg ein, in dessen Mitte Grasbüschel wuchsen, die nun im Scheinwerferlicht fast weiß wirkten. Vor einem hohen Holztor hielt er an.
    » Und? Was sagt deine Mutter? Wird sie den Täter finden?«
    » Jepp.« Winnie rutschte noch weiter nach vorne und starrte erstaunt durch die Windschutzscheibe. » Hier wohne ich nicht.«
    » Ich weiß. Weil

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