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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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egal.«
    Heidi packte ihn am Arm, viel gröber, als sie eigentlich wollte. » Sag mir sofort, woher du die hast!«
    Winnie wand sich frei. » Bleib mal locker! Die habe ich aus der Schule. Von der Halloweenparty.«
    » Okay, alles klar!« Heidi hob beschwichtigend die Hand und schlug die Wagentür zu. Sie war nervös. Sie war angespannt und überdreht. War das ein Wunder? Sie stieg vorn ein und lächelte tapfer in den Rückspiegel. » Entschuldige, mein Schatz. Erzählst du mir jetzt, wo du warst?«
    » Bei einem Freund.«
    Heidi drehte den Schlüssel im Zündschloss herum. » Kenne ich ihn?« Sie blinkte und fuhr an der Grundschule vorbei in ihre Wohnstraße hinein.
    » Ja.«
    » Sagst du mir seinen Namen?«
    » Den weiß ich nicht.«
    » Okay.« Heidi lächelte noch mal in den Rückspiegel. Neuerdings sagte sie dauernd » okay«. Sie stand komplett neben sich. Sie musste sich erst mal beruhigen. Sie klang wie eine dumme, besorgte Mutter, die hinterrücks versuchte, jedes noch so kleine Geheimnis aus ihrem Kind rauszukriegen. So blöd war kein Kind, das nicht zu merken. Erst recht nicht ihr Sohn. Also gab sie auf und sagte nur: » Papa kommt auch gleich. Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht, wo du bist.«
    » Aha.« Winnie blickte aus dem Fenster, hinaus in die schwarze Nacht. Hinaus auf die Straße, die Häuser mit den erleuchteten Fenstern. » Hast du Papa gesagt, dass du mich nicht von der Schule abgeholt hast?«
    » Ja, habe ich. Und er ist richtig böse auf mich.«
    » Mir scheint, es sind ein paar Leute richtig böse auf dich.«
    » Ach ja?« Heidi drehte sich kurz zu ihrem Sohn um. » Wer denn noch?«

35 . LOUIS
    Das Mädchen mit den verfilzten Haaren hielt eine Fackel in der Hand, die sie vorhin aus ihrem merkwürdigen Ledersack gezogen und angezündet hatte. Sie lief voran, zwischen den kniehohen Farnen hindurch, so schnell, dass er Mühe hatte, ihr den rutschigen Hang hinauf zu folgen. Sie schien sich hier ziemlich gut auszukennen. Es machte ihn wahnsinnig, dass sie in Michelles Klamotten steckte. Immer wieder spielten ihm seine Sinne einen Streich, sodass er glaubte, seine Freundin liefe vor ihm her. Es war so surreal! Wer war dieses Mädchen? Wieso sollte er ihr glauben, dass Michelle tot war? Weil sie ihre Kleider trug? War das schon Beweis genug? Dieses Mädchen schien irgendwie einen Knall zu haben. In jedem Fall nicht von dieser Welt zu sein. Vielleicht redete sie beklopptes Zeug und er machte sich umsonst Sorgen. Vielleicht hockte Michelle irgendwo in einer Berghütte. Halbnackt und gefesselt. Und nun brachte ihn dieses verfilzte Mädchen dahin, um mit ihm dasselbe zu tun? Er glaubte nicht daran, dass Michelle nicht mehr am Leben war. Er würde sie retten. Von fern hörte Louis das Rauschen des Wasserfalls. Der Wald schien ihm mit einem Mal wie ein alles verschlingendes Ungeheuer. Die Kiefernzweige breiteten sich wie schweres, schwarzes Gefieder über ihn. Die Baumwurzeln legten sich wie Eisenfesseln um seine Knöchel. Es roch nach aufgeweichter Erde und nach Farn. Und es roch nach Tod.
    Er wollte doch nur zu Michelle! Wann endlich durfte er aus diesem Albtraum aufwachen?
    Als der Kiefernbewuchs spärlicher wurde, drehte sich das Mädchen zu ihm um. Ihr Gesicht wurde von der Fackel orangerot erhellt, ihre Stimme klang hart, als sie fragte: » Und du bist dir ganz sicher, dass du sie sehen willst?«
    Louis hielt an. » Ja.« Noch immer mit aller Macht darauf hoffend, dass er Michelle gleich in die Arme schließen würde. Eines war klar: Dann würde er sie nie wieder loslassen. Nie wieder.
    Maya nickte. Sie räusperte sich. » Hast du sie geliebt?«
    » Was heißt: Hast du sie geliebt?«, stieß er aufgebracht hervor. » Ich liebe sie noch immer!«
    Maya verzog das Gesicht. » Du glaubst es nicht, oder?«
    Louis malmte mit dem Kiefer. Irgendetwas sagte ihm, dass dieses Mädchen, obwohl es sich so unverwundbar gab, schreckliche Angst hatte. Vor ihm? Kannte Michelle dieses Mädchen? Hatte es etwas mit Leonies Verschwinden zu tun? Wusste es von dem Grauen, das in St. Golden umging? Oder war es selbst in Gefahr?
    Er kam etwas näher heran. » Wer bist du eigentlich? So eine Art Höhlenmensch? Lebst du hier in den Wäldern? Hast du zufällig auch einen Namen?«
    » Zufällig heiße ich Maya.«
    » Und weiter?«
    » Ist nicht so wichtig.«
    » Was tust du hier?«
    » Ist ebenfalls nicht so wichtig.«
    » Kann ich dir vertrauen?«
    » Kommt drauf an, ob ich dir vertrauen kann.«
    Louis kam noch etwas

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