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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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die alte Weise gerufen hatte.
    Jarrod Pretorius wartete vor dem kleinen Gebäude auf sie, in dem seine Forschungsstelle untergebracht war. Es lag direkt hinter dem Bauwerk aus glänzendem Metall und Glas, in dem der Rest des Harwell-Instituts residierte. Sie hatte Herzklopfen. Trotz seiner veränderten Gestalt hätte sie ihn schon an seinem
Leuchten
überall wiedererkannt, das seit jeher besonders gewesen war – nicht golden oder silbern, sondern ein seltsam gedämpftes Silberviolett. Sie hatte ihn stets attraktiv gefunden, obwohl das, was so anders an ihm war, viele auch abgeschreckt hatte. Sie mochte seine ruhige Art; er hatte etwas Friedliches und darüber hinaus ein starkes Herz und Ergebenheit ohne eine Spur von Angst.
    Sie musste sich überwinden, nicht direkt auf ihn zuzulaufen, sondern erst dem alten Mann vom Rücksitz zu helfen.
    Als sie sich schließlich gegenüberstanden, sah er sie nur ganz kurz an, ehe er sich dem Ersten zuwandte. Damit brach er ihr das Herz. Hatte er sie überhaupt erkannt?
    »Ich war so lange allein«, sagte er leise. »Ich habe gewartet, wie du gesagt hast. Ich habe mich versteckt und aufgepasst und ich habe sie so lange schon in meinem Kopf verschlossen. Es war zu viel für mich – es tat weh –, aber ich habe es getan bis ich die Schlösser woandershin tun konnte.«
    Er hatte es nicht heil überstanden, das merkte Gabbi sofort an seinem Blick. Was hatte der Erste genau von ihm verlangt – wie weit hatte er die Ergebenheit seines lieben, treuen Freundes ausgenutzt?
    »Öffnen sich die Gänge? Hast du sie entriegelt?« Sogar die Kinderstimme des Ersten klang kalt.
    »Ich muss die letzte Serie noch starten«, sagte Pretorius.
    »Dann los.« Der Erste lächelte, während der Schweiß aus seinem dunklen Haar rann. »Ich kann diesen Ort nicht ewig unterwerfen. Es bereitet mir Schmerzen.« Er ging vor und betrat das Gebäude. Der alte Mann versuchte humpelnd Schritt zu halten.
    »Diese Familie war immer schon ungeheuer selbstsüchtig«, sagte sie leise und ließ ihre Hand in seine gleiten. Das war Hochverrat, doch Pretorius verpetzte nie etwas, das er aufgeschnappt hatte – darum war er auch so gut zu gebrauchen. Der Erste, der von Geburt an mächtiger als die meisten war, hatte sich jetzt eine Stunde lang konzentriert – höchstens. Der alte Mann starb wegen der anstrengenden Suche nach ihm und Pretorius hatte Jahrtausende lang das Universum in einem Rätsel verschlossen, was ihn so viel gekostet hat, dass er sich in der Stille hatte verkriechen müssen. Sie weckten so viel Ergebenheit, doch unter ihrer freundlichen Fassade waren sie grausam und unfassbar selbstsüchtig.
    Als Jarrod Pretorius neben ihr zu weinen begann, stellte sie sich auf Zehenspitzen und küsste ihn, ehe sie mit ihm hineinging. Sie hatten beide geschworen, dieser Familie zu dienen und nun war es Zeit, diesen Schwur einzulösen.
    »Was ist denn hier los?« Der Mann am Tor schlief und der Schlagbaum war oben. Cass hatte sich Sorgen gemacht, wie sie sich Zugang verschaffen sollten. So einfach hatte er es sich jedenfalls nicht vorgestellt.
    »Der Erste«, antwortete Mr Bright, »lässt seine Muskeln spielen.«
    Cass fragte nicht; er wollte es gar nicht wissen. Er hatte seine Trauer um Pater Michael verschoben, denn die einzige Art, ihm Ehre zu erweisen, bestand jetzt darin, seine Mörder zu finden, sie zu bekämpfen und Christians Sohn in Sicherheit zu bringen. Er konnte Mr Brights Geschichte immer noch nicht ganz glauben und vermutete weiterhin, dass der kleine Junge, den er aus dem Heim geholt hatte, Luke war, der nun ins Zentrum eines irrsinnigen Wahns im Rahmen des Netzwerks gerückt war. Gleichzeitig fing er tiefer in seinem Inneren doch an, Mr Bright zu glauben, eben weil er im Experiment das Chaos gesehen und das
Leuchten
gespürt hatte. Das Schlimmste daran war, dass er so auch begann, an die anderen Dinge zu glauben, gegen die er sich so lange gewehrt hatte: das
Leuchten
, das Netzwerk, das, was Mr Bright und seine Kollegen wirklich waren – und wie sie in ihm auf Resonanz trafen. Auch diesen Gedanken verdrängte er, als er langsam auf das Gebäude zufuhr. Ramsey, Hask und Fletcher waren ebenfalls unterwegs.
Sie
gehörten in die echte Welt, in seine Welt, die ungeschminkte, brutale Welt der Mörder und Diebe, in der zu früh gestorben wurde. Er sollte bei ihnen sein, nicht bei Mr Bright. In was hatte er sie da reingezogen? Und wen wollte er eigentlich überzeugen?
    »Die schlafen hier alle«,

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