Der Atem der Apokalypse (German Edition)
eher gesagt?«, fragte Ramsey.
Perry Jordan ignorierte den wütenden DI und konzentrierte sich weiter auf Hask. »Ganz einfach – keiner hat mich gefragt. Shearman ist ja nicht tot.«
20
Cass Jones hatte nicht damit gerechnet, dass es sich bei Freemans Überraschung um einen Menschen handeln würde.
Dr. Cornell hatte sich erstaunlich gut in der Anbauwohnung über der Doppelgarage eingewöhnt. Cass erwog die Möglichkeit, dass Brian Freeman ihm ein leichtes Beruhigungsmittel verabreichte; in der kurzen Zeit, die Cass mit ihm verbracht hatte, war er jedenfalls recht ruhig geblieben. Da sich seine größte Angst – dass ihm sein Lebenswerk gestohlen wurde – nun erfüllt hatte, fand der alte Professor vielleicht etwas Frieden.
Als Osborne ihn hereingebracht hatte, war er in einem Rollstuhl festgeschnallt und gerade eben bei Bewusstsein. Sie hatten über eine halbe Stunde gebraucht, um den Laster mit Papier und allerlei Müll aus Dr. Cornells Haus in Oxford zu entladen.
Selbst in dieser exklusiven Wohnlage, wo die Häuser hinter hohen Toren und Mauern verborgen waren, bemerkte man die ungewohnte Aktivität. Freeman hatte deswegen einem vorbeikommenden Nachbarn extra erzählt, Dr. Cornell sei sein dementer Bruder, der solange bei ihm einziehe, bis seine Krankheit sich verschlimmere und er in ein Pflegeheim müsse. Cass fand das lustig. Sie waren schon ein sonderbares Trio, vereint im Interesse an Mr Bright und dem Netzwerk: ein alternder Gangster, ein Ex-Bulle auf der Flucht und jetzt auch noch ein halb verrückter Akademiker. Das Netzwerk machte sich bestimmt schon in die Hose.
Als Dr. Cornell aus der Narkose durch das Chloroform oder was immer Osborne benutzt hatte, um ihn auszuschalten, erwachte, brachte Brian Freeman ihm eine Tasse Tee. Cass stand in der Tür und sah zu, wie der alte Verbrecher dem ängstlichen Mann gut zuredete und die Tasse für ihn festhielt. Cass verstand nicht, was genau gesprochen wurde, aber der Tonfall war sanfter und freundlicher, als er es Freeman zugetraut hätte. Nicht einmal vor vielen, vielen Jahren, als Cass noch Charlie gewesen war und Freeman angefangen hatte, ihn wie einen Sohn zu lieben, hatte er eine solche Sanftmut an den Tag gelegt.
Während der alte Mann sprach, hatte Dr. Cornell mit weit aufgerissenen Augen von Cass zu Freeman und wieder zurück geblickt, dann aber nach wenigen Minuten seinen Tee getrunken. Cass überließ die beiden sich selbst. Seine Schulter tat weh und zumindest sich selbst gestand er ein, dass Dr. Cornell ihm unheimlich war. Mit Mr Bright und der Suche nach Luke konnte passieren, was wollte, er und Freeman würden überleben, wenn sie nicht gerade eine Kugel traf. Sie hätten vielleicht eine körperliche oder seelische Narbe mehr, doch wahrscheinlich würden sie am Leben bleiben. Selbst wenn er Luke nicht fand oder sich herausstellte, dass Luke tot war, so wie der Junge, mit dem er damals vertauscht worden war, würde er es überleben, das wusste er einfach.
Doch für Dr. Cornell war es anders: Er war empfindsam und schon so lange Zeit allein in seinem Glauben an diese Verschwörung, dass er darüber fast verrückt geworden war. Und jetzt erzählten Cass und Freeman ihm, dass es richtig war, dass sie auf seiner Seite waren und alles glaubten, was auch er glaubte. Vielleicht stimmte das im Wesentlichen sogar, doch in Wirklichkeit benutzten sie den alten Professor wegen seiner Informationen, mit denen sie tun würden, was sie für richtig hielten, selbst wenn es Dr. Cornell ins Mark träfe. Sie waren keine guten Menschen, er und Freeman, und irgendwie hoffte Cass, dass Dr. Cornell es merken und sich vor ihnen schützen würde.
Er ließ die beiden Alten weiterreden und machte sich auf die Suche nach einem Sandwich und Schmerztabletten. Der nervöse Wahnsinn des Professors erschöpfte ihn bis zur Schmerzgrenze.
*
Für den Rest des Abends war es still im Haus. Cass blieb in seinem Zimmer und schlief ein wenig, als das Schmerzmittel wirkte. Später duschte er lange. In einem der vielen Zimmer lief ein Fernseher, doch Cass hatte kein Bedürfnis zu erfahren, was in der Welt los war; falls es ihn betraf, würde man ihm schon Bescheid sagen. Wahrscheinlich kam ohnehin nur das übliche Untergangsszenario; Alison McDonnell, deren Karriere nach den Bombenattentaten auf London und dem Abigail-Porter-Fiasko im Eimer war, wurde gerade von ihrem eigenen Innenminister beerbt, während die übrigen Einwohner der Stadt wegen des Virus Panik schoben. Er hatte
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