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Der Atem der Welt

Der Atem der Welt

Titel: Der Atem der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Birch
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so viel Rotze sein musste wie bei normalen Leuten.
    »Auf der Insel Rinca, Mr Comeragh«, antwortete Dan zu ihm gewandt, »an einem Strand. Rinca ist nicht weit von hier, wie Sie wissen.«
    Comeragh zog die Augenbrauen hoch und nickte.
    »Da fahren wir also jetzt hin?«, fragte Mr Rainey.
    »Nicht unbedingt, Mr Rainey. Der Mann, der es gesehen hat, lebte auf Pulau Lomblen. Dort fangen wir an. Schnüffeln ein bisschen herum. Und dann weiter – dorthin, wo es uns klug erscheint.«
    »Wir können uns in Pulau Lomblen ein Boot besorgen«, bemerkte der Kapitän.
    »Ihr habt als Walfänger angeheuert«, fuhr Dan fort, »nicht als Drachenjäger. Außer mir und meinen beiden Jungs wird keiner von euch irgendetwas mit dem Tier zu tun haben. Wenn dieses Biest existiert, werden Tim und ich es finden und hinunter zur Küste treiben, wo der Käfig es erwartet.« Er sah zu mir. »Und
Jaffy wird dafür sorgen, dass das Biest in den Käfig geht, und sich überzeugen, dass die Tür auch fest verschlossen wird, sobald es da drinnen ist.«
    Das war neu für mich.
    »Klingt ja einfach«, flüsterte Tim in meinem Nacken.
    Ich strahlte übers ganze Gesicht.
    »Niemand wird sich dem Biest nähern«, fuhr Dan sehr ernst fort. Mich überkam ein heftiger Lachdrang. »Ihr werdet mit Trommeln ausgerüstet werden.«
    »Trommeln?«, flüsterte Tim. Ich prustete.
    »Und Fackeln«, sagte Dan, »ihr bildet Reihen, und sobald das Biest auftaucht, schreit ihr und brüllt und hopst wie wild, macht möglichst viel Lärm, schwenkt die Fackeln in alle Richtungen und treibt das Biest auf den Käfig zu. Tim und ich werden direkt hinter ihm sein und es zum Strand scheuchen. Ihr werdet an beiden Seiten aufschließen, so dass es nur noch zum Käfig rennen kann. Und sollte in irgendeinem Moment für irgendeinen von euch ernsthafte Gefahr bestehen, schieße ich und töte es. Verstanden?«
    Es wurde feierlich genickt und gemurmelt.
    »Ich will keinen Mann verlieren«, sagte Dan.
    Kapitän Proctor trat vor und lächelte. »Ich denke, da müssen wir noch ein wenig üben«, sagte er mutig.
    »Selbstverständlich.« Dan grinste. »Vergesst aber nicht, ihr seid Walfänger. Wer einen Wal jagen kann, kann alles jagen.«
    »Huh«, sagte Skip.
    »Was ist, wenn es Feuer spuckt«, meldete sich eine Stimme.
    Das war Felix Duggan, seine aufgerissenen Augen verrieten echte Angst. Alle lachten.
    »Ich glaube nicht, dass es Feuer spuckt«, sagte Dan. »Das glaube ich wirklich nicht. Aber falls doch, dann sage ich euch, was zu tun ist.« Er machte ein sehr ernstes Gesicht, brach dann aber in Lachen aus. »Wir rennen wie der Teufel!«
    Alle anderen lachten auch.
    »Keine Sorge«, sagte Dan, »ihr werdet uns kommen hören, mit brennenden Hosen. Und dann ab in die Boote und nichts wie aufs Schiff.«
    »Und was, wenn es fliegen kann?«
    Das war John Copper.
    Wir alle sahen ihn vor uns, den fliegenden Drachen, weiße, geschuppte Flügel, feurige Strahlen, die alles vor ihm verwüsteten, die Erde versengten. Wie er hinter unserem Schiff herflog. Das Auge am Himmel.
    »Es gibt keine glaubwürdigen Berichte, dass es fliegt«, sagte Dan.
    Es.
    Dan sagte: »Wir veranschlagen zwei Wochen dafür. Dann geben wir auf und machen weiter mit dem Walfang. Keiner ist verpflichtet, sich an dieser Sache zu beteiligen. Jeder, der möchte, kann beim Schiff bleiben.«
    »Gut gesprochen, Mr Rymer«, sagte der Kapitän. »Ich meinerseits bin gespannt auf diese Erfahrung. Wenn wir erfolgreich sind, wird es eine große Sache sein, eine wirklich große Sache.«
    »Es kann sein, dass wir gar nichts finden«, sagte Dan trocken. »Es kann sein, dass wir auf ein paar Inseln herumstochern und mit nichts als einem zahmen Papagei zurückkehren.«
    Kapitän Proctor gluckste. »So«, sagte er, »an die Arbeit.«
    Arbeit bedeutete die Straße von Malakka. Wir segelten zwischen den Inseln hindurch und kamen an vielen kleinen Booten vorbei, von denen jedes, für mein Gefühl, gut ein Piratenschiff hätte sein können. Keines war eins. Wie sollte man das bloß wissen? Die anderen, Gabriel, Sam und Yan und sogar John Copper, schienen es einfach zu wissen. »Das«, sagten sie jedes Mal, »ist doch nur ein Sampan.« Als ob man das sehen könnte. Was mich betraf, so hätten diese Gesichter, die zu uns hinaufschauten, alle Yans Vater sein können. Ich hätte keinen Unterschied zwischen
einem Piraten und Yans Vater erkennen können. Dann erschien ein großer Liniendampfer am Horizont, und ein hoher Berg tauchte an unserer

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