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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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nicht wirklich sehen. Er nahm die Kopfhörer ab.
    Die Geräusche der Stadt klangen leise herein. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Das Licht der Straßenlaternen
     schimmerte durch die leichten Vorhänge. Die Umrisse der Möbel, das dunkle Rechteck des Bildes an der Wand. Kleine rote und
     grüne Lichter an Kühlschrank und Fernseher.
    |329| Er wollte es Fritz wissen lassen, griff über den kleinen Tisch, fand sein Handy und suchte das Menü für SMS-Nachrichten. Er
     hatte seine Mühe mit den kleinen Tasten.
CD IST BASS-HIMMEL. DANKE. DAD
.
    Er verschickte die SMS und legte den CD-Player und das Telefon auf den Stapel mit seinen Sachen. Er mußte jetzt schlafen.
     Er wollte nicht nachdenken, er hatte genug für einen Tag gedacht. Er rutschte auf dem Sofa herum, versuchte es sich bequem
     zu machen. Am besten war es mit dem Rücken gegen die Lehne. Zu heiß für ein Laken. Schlaf jetzt.
    Er dachte an Christine, die in ihrem Schlafzimmer lag, verdrängte die Vorstellung aber und versuchte, an Anna zu denken. Das
     brachte ihm auch keinen Frieden, also dachte er an die Musik und tat, was er getan hatte, als er siebzehn war: Er stellte
     sich vor, auf der Bühne zu stehen. Im
State Theatre
. Mit Anton und Freunden. Er spielte Baß. Er spielte mühelos, er überließ sich dem Fluß der Musik, ließ seine Finger machen,
     was sie wollten, und hörte die Schlafzimmertür aufgehen und leise Schritte auf dem Teppich. Sie mußte ins Bad wollen. Aber
     dann war sie neben ihm. Sie legte sich auf das Sofa. Ihren Rücken ihm zugewandt. Sie kuschelte sich an ihn, bis sie in Löffelchenstellung
     dalagen. Er wagte kaum zu atmen. Er mußte tun, als schliefe er. Ruhig und gleichmäßig atmen. Er konnte sie riechen, ihre Schulter
     direkt unter seiner Nase.
    Sie wollte Nähe. Sie brauchte einfach irgend jemanden. Sie wollte nicht allein sein, sie vermißte ihr Kind, sie war wund und
     verletzt. Er wußte das alles.
    Er gab ein Geräusch von sich, von dem er hoffte, daß es klang, als schliefe er, und legte eine Hand auf ihre Hüfte. Eine beruhigende
     Geste. Halb auf dem dünnen Stoff, halb auf die nackte Haut. Er spürte ihre Körperwärme. Jetzt bekam er eine verfluchte Erektion,
     sie wuchs unaufhörlich, er konnte sie nicht stoppen. Er mußte an etwas anderes denken. Er gab wieder ein Geräusch von sich
     und drehte seine Hüfte weg. Herr, sie dürfte es nicht merken. Er hätte seine Unterhosen anziehen sollen, dann hätte er das
     unter Kontrolle gehabt. Vielleicht |330| war sie nicht ganz wach. Er versuchte ihrem Atem zu lauschen, aber bemerkte nur ihre Wärme und ihren Duft.
    Sie rutschte wieder näher an ihn heran. Ganz nah. Oben. Unten.
    Er wollte sich entschuldigen. Wollte murmeln: »Tut mir leid«, oder so, aber er fürchtete sich. Sie schlief halbwegs, und das
     würde alles noch schlimmer machen. Er lag ganz still, dachte an die Musik, spielte Baßgitarre zu
»gee die harlekyn nog wyn, skoebiedoewaa, skoebiedoewaa, rooiwyn vir sy lag en traan en pyn, skoebiedoewaa, skoebiedoewaa
     …«
Gib dem Harlekin mehr Wein, scubidoowa, scubidoowa, Rotwein zum Lachen und Weinen und Leiden …
    Sie bewegte den Arm, die Hand, legte sie auf seine. Hielt sie einen Augenblick auf ihrer Hüfte, schob sie dann unter ihr Nachthemd,
     o Scheiße, hoch zu ihrer Brust, ihre Handfläche auf seinem Handrücken, und er spürte sie, er spürte, wie weich sie war, und
     sie seufzte tief und drückte seine Hand fest an sich. Sie rührte sich erneut, löste ihre Hüften von seinem Becken, und ihre
     Hand glitt herunter, hinter ihren Rücken und öffnete den Verschluß seiner Hose, er hatte keine Ahnung wie, öffnete den Reißverschluß.
     Sie schob ihre Hand hinein und packte ihn. Die Lust war eine perfekte, hohe Note in seinem Kopf. Eine Leadgitarre, im Freiflug
     zum Rhythmus des Baßschlags seines Herzens, und dann zog sie ihn von hinten in sich hinein.
    Lange nach seinem Orgasmus lagen sie still, Bauch an Rücken, er noch in ihr, wenn auch schlaff. Das erste, was sie sagte,
     kaum hörbar, war: »Sie tragen auch Verletzungen in sich.«
    Er dachte lange nach, bevor er antwortete. Er fragte sich, woher sie es wußte. Wie sie es sehen konnte. Oder fühlen. Warum
     war sie zu ihm gekommen? Ihr Wunsch? Oder ihr Geschenk für ihn? Mitleid?
    Also erzählte er es ihr. Von Anna. Von seinen Kindern. Vom Saufen. Ohne Plan oder Struktur, er erzählte einfach, wie es ihm
     in den Sinn kam. Sein Arm jetzt eng um sie geschlungen, |331| seine

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