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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Polizeischule gegangen war.
    Großer Gott.
     
    In seinem Hotelzimmer suchte Thobela unter »P« im Telefonbuch, und da stand der Name:
Colin Pretorius
, einfach so, und die Adresse,
122 Chantelle Street, Parow
. Er fuhr zum Sanlam Centre in der Voortrekker Road und kaufte sich eine Straßenkarte für Kapstadt.
    Als die Sonne hinter dem Tafelberg verschwand, fuhr er den Hannes Louw Drive entlang und bog links nach Fairfield ab, direkt
     auf die Simone, und nach einer langen Kurve links in die Chantelle. Die geraden Nummern waren auf der rechten Seite. Nummer
     122 war ein unscheinbares Haus mit vergitterten Fenstern und einem Sicherheitstor. In dem gepflegten Garten standen zwei Zypressen,
     ein paar Büsche, außerdem gab es einen grünen, frisch gemähten Rasen. Das Ganze war hinten und an den Seiten von einer Betonmauer
     umgeben. Kein Lebenszeichen. Über dem Garagentor hing ein blau-silbernes Schild:
Cobra Security. Vorsicht, Waffeneinsatz
.
    Er hatte ein Problem. Er war ein Schwarzer in einem weißen Vorort. Ihm war klar, daß die Tatsache, daß er einen Bakkie fuhr,
     half, so blieb er in der Dämmerung farblos und anonym. Aber nicht ewig. Wenn er zu lange herumhing oder einmal zu oft vorbeifuhr,
     würde jemand seine Hautfarbe bemerken und sich wundern.
    Er fuhr einmal um den Block und dann erneut an der 122 vorbei, diesmal betrachtete er die Nachbarhäuser und den langen Streifen
     Parkland, der sich an der Simone Street entlangzog. Dann mußte er los, zurück ins Einkaufszentrum. Er brauchte ein paar Sachen.
     
    Griessel saß auf dem immer noch ungemachten Bett und starrte in den Schrank. Seine Kleidung belegte nicht einmal ein Drittel
     des Platzes. Der leere Raum faszinierte ihn.
    |125| Zu Hause war sein Schrank voll mit Klamotten, die er seit Jahren nicht mehr angehabt hatte, Sachen, die zu klein waren oder
     so sehr aus der Mode, daß Anna ihm untersagte, sie zu tragen.
    Aber hier konnte er an einer Hand jede Bekleidungsart abzählen, die sie für ihn eingepackt hatte, außer den Unterhosen – davon
     gab es vielleicht acht oder neun, er hatte sie auf dem mittleren Brett zu einem Häufchen geschichtet.
    Wäsche. Wie sollte er das hinkriegen? Er hatte schon zwei Tage Dreckwäsche auf dem Boden des Schrankes liegen, neben seinem
     einzigen Paar Schuhe. Und bügeln – herrje, es war Jahre her, daß er ein Bügeleisen in Händen gehalten hatte. Kochen, Abwaschen.
     Staubsaugen! Der Schlafraum verfügte über einen schmutzigbraunen Teppichboden.
    »Scheiße«, sagte er und erhob sich.
    Er dachte wieder an die Bierwerbung.
    Gott, nein, genau so etwas hatte ihn in diese Lage gebracht. Das dürfte er nicht tun. Er mußte sich beschäftigen. Akten steckten
     in seiner Aktentasche. Aber wo sollte er arbeiten? Auf dem Bett? Er brauchte einen Hocker für den Frühstückstresen. Jetzt
     war es zu spät, danach zu suchen. Er wollte einen Kaffee. Vielleicht hatte der
Pick and Pay
in Gardens noch offen. Er nahm sein Portemonnaie, sein Handy und die Schlüssel zu seiner neuen Wohnung und ging die Treppe
     in das leere Wohnzimmer hinunter.
     
    Thobela kaufte eine kleine Taschenlampe, Batterien, ein Fernglas, einen Satz Schraubenzieher und setzte sich dann in ein Restaurant,
     um die Karte genauer zu studieren.
    Sein erstes Problem bestand darin, in den Vorort zu gelangen. Er konnte den Wagen nicht in der Nähe des Hauses parken, denn
     der Bakkie war auf seinen Namen zugelassen. Jemand könnte die Nummer aufschreiben oder sich an den Wagen erinnern. Er mußte
     irgendwo anders parken und hinlaufen, aber es war trotzdem riskant. An jedem zweiten Haus klebte ein Schild einer Wachmannschaft.
     Es würden Patrouillen herumfahren, und die Leute waren mehr als bereit, den |126| Wachdienst zu verständigen: »Da läuft ein Schwarzer über unsere Straße.«
    Tagsüber standen seine Chancen besser – er könnte ein Gärtner auf dem Weg zur Arbeit sein –, aber nachts nahm das Risiko zu.
    Er betrachtete die Karte. Sein Finger fuhr über den Hannes Louw Drive und kreuzte die N1. Wenn er nördlich des Freeways parkte
     und über den schmalen Streifen Feld und Park ging … Es würde lange dauern, ging aber.
    In einem Gerichtsverfahren, in dem Colin Pretorius Mißbrauch und Vergewaltigung von Kindern vorgeworfen wird, hat gestern
     ein elfjähriger Junge ausgesagt, daß der Angeklagte ihn vor drei Jahren in sein Büro gerufen und ihm pornografisches Material
     gezeigt habe. Der Angeklagte habe die Tür abgeschlossen und

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