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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Inneren des Hauses zu. Durch den Flur, nach links, er vermutete dort das
     Wohnzimmer. Fernsehgeräusche. Er rannte hinein, das Assegai in der Hand. Wohnzimmer, Couch, Sessel, das Gelächter einer Komödie.
     Niemand da. Er wirbelte herum, bemerkte |131| eine Bewegung im Flur. Der Mann war dort, erstarrt im Licht einer Tür, sein Mund halb aufgerissen.
    Einen Moment lang sahen sie einander von gegenüberliegenden Seiten des Flures aus an, dann lief seine Beute davon, und er
     griff an. Der Alarmknopf würde sich im Schlafzimmer befinden. Er mußte ihn aufhalten. Die Tür begann sich zu schließen. Er
     senkte die Schulter, sechs, fünf, vier Schritte, die Tür knallte zu, drei, zwei, einer, das Klicken eines Schlüssels im Schloß,
     er traf die Tür mit einem Donnern wie eine Kanonenkugel, der Schmerz erschütterte seinen Körper.
    Die Tür hielt stand.
    Er würde es nicht schaffen. Er trat zurück, wollte die Tür eintreten, aber es wäre zu spät. Pretorius würde den Alarmknopf
     betätigen.
     
    »Das Bild in meinem Kopf, Doc … Es ist, als hinge sie von einer Klippe und klammerte sich an das Leben. Er erwürgt sie, die
     Kraft verläßt sie, und sie spürt, wie ihr Atem schwächer wird. Sie weiß, daß sie nicht fallen darf, sie will nicht, sie will
     leben, sie will nach oben klettern, aber er quetscht das Leben aus ihr heraus, und sie beginnt abzurutschen. Sie empfindet
     große Angst, denn unten ist es dunkel, es ist entweder schwarz oder rot oder braun dort unten, und dann kann sie sich nicht
     mehr halten, und sie fällt.«
     
    Er spürte den Schrecken: die verschlossene Tür, der Schmerz in seiner Schulter, das Wissen darum, daß die Alarmanlage gleich
     losgehen würde. Aber er atmete tief durch, traf seine Entscheidung und trat die Tür mit dem Absatz ein. Reichlich Adrenalin
     im Blut. Holz splitterte. Die Tür klaffte jetzt auf. Der Alarm begann irgendwo auf dem Dach zu heulen. Pretorius stand vor
     dem Kleiderschrank, reckte sich, tastete nach einer Waffe. Thobela stieß ihn gegen die Kommode, ein großgewachsener, schlanker
     Mann. Er trug eine Brille und hatte unsauber geschnittenes Haar. Er stürzte. Thobela über ihm, Knie auf der Brust, Assegai
     am Hals.
    |132| »Ich bin für die Kinder hier«, sagte er laut über den Lärm der Alarmanlage hinweg, jetzt ganz ruhig.
    Ein Blick auf das Assegai. Keine Angst. Etwas anderes. Erwartung. Ein gewisser Fatalismus.
    »Ja«, sagte Pretorius.
    Thobela rammte die lange Klinge durch das Brustbein des Mannes.
     
    »Und wenn sie fallen, schreien sie. Dort unten ist der Tod, und das Leben ist hier oben, und der Schrei steigt auf, er kommt
     immer nach oben, er bleibt dort. Er bewegt sich schnell, es sieht aus wie … als wenn man Wasser aus einem Eimer schüttet.
     Das ist alles, was bleibt. Er ist voll entsetzlicher Panik. Und Verlust …«
    Griessel schwieg eine Weile, und als er fortfuhr, klang er ruhiger. »Was mich am meisten ängstigt, ist, daß ich weiß, daß
     es nicht wirklich ist, Doc. Wenn ich darüber nachdenke, ist mir klar, daß es meine Vorstellung ist. Aber wo kommt das her?
     Warum tut mein Kopf das? Warum ist der Schrei so schrill, so klar und laut? So entsetzlich voll Verzweiflung? Ich bin nicht
     verrückt. Nicht wirklich – ich meine, sagt man nicht, wenn man weiß, daß man ein bißchen verrückt ist, ist man in Ordnung,
     denn die echt Verrückten haben keine Ahnung?«
    Barkhuizen kicherte. Das überraschte Griessel, aber es war ein freundliches Kichern, und er grinste zurück.
     
    Er rannte durch das Haus, während der Alarm monoton jaulte. Zur Hintertür hinaus, um die Häuserecke auf die hell erleuchtete
     Straße. Er bog nach rechts ab. Er konnte den Park bereits sehen, die Geborgenheit der Dunkelheit und Schatten. Er spürte tausend
     Augen auf sich. Seine Beine pumpten rhythmisch, sein Atem raste, instinktiv zog er den Kopf zwischen die Schultern und verspannte
     seine Rückenmuskeln gegen die Kugel, die auf ihn zupfeifen würde, er lauschte auf einen Ruf oder das Geräusch eines Polizeiwagens,
     während seine Füße über den Asphalt klatschten.
    |133| Als er das Unterholz erreichte, wurde er langsamer, denn seine Sicht war nach dem Lauf unter den Straßenlaternen eingeschränkt.
     Er mußte seinen Weg sorgfältig wählen und nicht stolpern. Er konnte es sich nicht leisten, sich den Knöchel zu verstauchen.
     
    »Sie wissen, wo sie wirklich herkommen«, sagte Barkhuizen.
    »Doc?«
    »Sie wissen es, Benny. Denken Sie

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