Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
schaute ihm ins Gesicht, und sein Blick und sein Mund verzerrten
     sich, und das … das erregte mich.
    Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, daß er mich wollte, es tat mir gut, zu sehen, wie sehr er mich wollte, das gab mir das
Gefühl,
gewollt zu werden. Wenn der eigene Vater einen für Dreck hält, die anderen aber nicht. Manche Erwachsenen finden einen großartig.
    Aber als er mit mir Sex hatte, war es, als wäre ich gar nicht in meinem Körper. Ich kam mir vor wie jemand anders, als |136| säße ich bloß daneben. Ich konnte alles spüren, ich konnte seinen Schwanz und seinen Körper und all das spüren, aber ich war
     draußen. Ich betrachtete den Mann und das Mädchen und dachte: Was macht sie da? Was für eine Schande! Aber auch das war okay.
    Das war das Merkwürdigste daran, daß auch die Scham und die Schande okay waren.
     
    Sie fand jemand, der sie im
Trawlers
vertreten konnte. Sie verbrachte den Tag mit Sonia, fuhr mit dem Fahrrad am Strand entlang bis zum Schwimmbad in Sea Point,
     dann langsam wieder zurück. Sie überlegte, was sie anziehen würde, sie spürte die Erwartung und das altbekannte Gefühl, nicht
     mehr in sich zu sein, das vage Bewußtsein der Schande, und auch die merkwürdige Befriedigung, die es mit sich trug.
    Um vier brachte sie ihre Tochter zu der Kinderfrau, dann badete sie in aller Ruhe, wusch und föhnte ihr langes Haar. Sie zog
     einen Tanga an, ein mit Blumen bedrucktes Top, Jeans und Sandalen. Um halb sechs stieg sie auf ihr Fahrrad, sie fuhr langsam,
     damit sie nicht verschwitzt und außer Atem am Hotel ankam. Es fühlt sich beinahe an wie eine Verabredung, dachte sie. Als
     sie sich durch den Rush-hour-Verkehr auf der Kloof Street schlängelte, sah sie, wie die Männer in den Autos ihre Köpfe verdrehten.
     Sie lächelte insgeheim, denn keiner von ihnen wußte, wer sie war, wohin sie unterwegs war.
Hier kommt die Hure auf dem Fahrrad
.
    Es war nicht so schlimm.
    Er war ein ganz normaler Kerl. Hatte keine merkwürdigen Vorlieben. Er empfing sie mit ausgesprochener Freundlichkeit und sprach
     leise mit ihr. Er wollte, daß sie ihn streichelte, berührte, neben ihm lag. Aber zuerst mußte sie sich entkleiden, und er
     zitterte und sagte: »Gott, was du für einen Körper hast«, und er fuhr mit seinen Fingern langsam über ihre Knöchel, ihre Schenkel,
     ihren Bauch. Er küßte ihre Brüste und saugte ihre Nippel. Dann der Geschlechtsverkehr. Er erreichte schnell einen Orgasmus,
     er stöhnte und kniff die Augen zusammen. |137| Er lag auf ihr und fragte: »Wie war es für dich?« Sie sagte, es wäre wundervoll gewesen, denn das war es, was er hören wollte.
    Als sie auf dem Fahrrad die lange Steigung nach Hause nahm, dachte sie beinahe mitleidig, daß er in Wirklichkeit hatte reden
     wollen. Über seine Arbeit, seine Ehe, seine Kinder. Was er wirklich gewollt hatte, war, der Einsamkeit der vier Hotelzimmerwände
     zu entgehen. Was er wirklich gewollt hatte, war ein mitfühlendes Ohr.
    Als es später ihr Beruf wurde, wurde ihr klar, daß es den meisten von ihnen so ging. Sie zahlten dafür, eine Stunde lang wieder
     jemand zu sein.
    In jener Nacht war sie einfach bloß glücklich, denn er hätte ja auch ein Tier sein können. In ihrer kleinen Wohnung nahm sie,
     als Sonia schlief, die fünf neuen Hundert-Rand-Scheine aus ihrer Geldbörse und breitete sie vor sich aus. Fast eine Woche
     Arbeit im
Trawlers
. Wenn sie auch nur einen Mann pro Tag schaffte, fünf Tage die Woche, waren das zehntausend Rand im Monat. Wenn alle Rechnungen
     bezahlt waren, blieben ihr siebentausend Rand zum Ausgeben. Siebentausend Rand.
    Drei Tage später kaufte sie sich das Handy und schaltete eine Anzeige im
Die Burger’s Snuffelgids
. Sie las sorgfältig die anderen Anzeigen in der Rubrik
Kontakte
, bevor sie ihre formulierte:
Bibi. Frisch und neu. 22-jährige Blondine mit Traumkörper. Zufriedenheit garantiert, nur erfolgreiche Geschäftsmänner
. Danach die Nummer.
    Die Anzeige erschien das erste Mal an einem Montag. Das Telefon klingelte kurz nach neun am Morgen. Mit Absicht ging sie nicht
     sofort ran. Dann mit kühler Stimme: »Hallo.«
    Er hatte kein Hotelzimmer. Er wollte zu ihr kommen. Sie sagte nein, sie arbeite nur außer Haus. Er wirkte enttäuscht. Bevor
     das Telefon wieder klingelte, dachte sie: Warum nicht? Aber es gab zu viele Gründe. Hier lebten Sonia und sie – hier war sie
     Christine. Das war sicher. Nur sie kannte die Adresse. So würde sie es belassen.
    Ein Muster bildete

Weitere Kostenlose Bücher