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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Mom geschlagen? Und uns verflucht? Glaubst du, es
     ist lustig, wenn man seinen Vater so sieht?«
    »Fritz!« Aber sie konnte ihn nicht aufhalten.
    »Dich jede Nacht bewußtlos ins Bett zu bringen? Oder dich morgens im Sessel zu finden, wenn du stinkst und dich nie erinnern
     kannst, was du getan hast? Wir hatten nie einen Vater. Bloß einen Trinker, der bei uns lebte. Du kennst uns nicht, Dad. Du
     hast keine Ahnung. Du weißt nicht, daß wir |226| den Schnaps versteckt haben. Du weißt nicht, daß wir dir Geld aus dem Portemonnaie genommen haben, damit du dir nichts zu
     trinken kaufen kannst. Du weißt nicht, daß wir unsere Freunde nicht mit nach Hause bringen, weil wir uns für unseren Vater
     schämen. Wir können auch nicht bei unseren Freunden übernachten, weil wir Angst haben, daß du Mom schlägst, wenn wir nicht
     da sind. Du glaubst, wir gehen immer noch gern ins
Spur
, Dad. Du glaubst, Charlize Theron ist eine Kriminelle. Du hast keine Ahnung, Dad. Und du säufst.«
    Fritz konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten, sprang auf und lief die Treppe hoch. Griessel und Carla blieben zurück,
     und er konnte ihr nicht in die Augen schauen. Er saß in seinem Sessel und schämte sich. Er sah, was für einen Mist er aus
     seinem Leben gemacht hatte. Was für einen riesengroßen Mist!
    »Du
hast
aufgehört, Dad.«
    Er sagte nichts.
    »Ich
weiß
, daß du aufgehört hast.«
     
    Die Unruhe hatte Thobela früh am Sonntagmorgen auf den Tafelberg getrieben. Er fuhr nach Kirstenbosch und stieg von hinten
     auf den Berg, bei Skeleton Gorge, bis er auf dem Gipfel stand und hinunterschauen konnte. Aber das half auch nicht.
    Er zog und knetete an den Gefühlen, suchte nach Gründen, fand aber keine.
    Es war nicht nur, daß sie eine Frau war.
    »O Gott«, hatte sie gesagt. Er war aus dem Unterholz und den Schatten getreten und hatte im Dunkeln ihre Waffe gepackt und
     ihren Arm verdreht, so daß sie losließ. Die Hunde bellten wie verrückt, ein Schäferhund biß ihn mit seinen scharfen Zähnen
     in die Fersen. Er mußte nach dem Tier treten, und Laurens sprach ihr letztes Wort.
    »Nein.«
    Sie hatte sich mit den Händen geschützt, als er das Assegai hob. Als die lange Klinge eindrang, war Frieden über sie gekommen. |227| Wie bei Colin Pretorius. Erleichterung. Das war es, was sie wollten. Aber in ihm hallte ein Schrei, ein Schrei, der ihm sagte,
     daß er keinen Krieg gegen Frauen führen konnte.
    Er hörte ihn immer noch, doch da war noch etwas. Ein Druck. Wie Mauern. Wie ein schmaler Korridor. Er mußte raus. In die Freiheit.
     Er mußte sich bewegen. Weitergehen. Er ging über den Berg in Richtung Camps Bay. Er kletterte über die Felsen, bis der Atlantische
     Ozean sich tief unter seinen Füßen erstreckte.
    Warum verspürte er jetzt diesen Drang? Sein Motorrad zu holen und eine lange, nie enden wollende Straße vor sich zu sehen.
     Er tat doch das Richtige. Er bezweifelte das nicht mehr länger. Im
Spur
, mit den Straßenkindern, hatte er eine Antwort gefunden, nach der er nicht gesucht hatte. Sie war einfach zu ihm gekommen.
     Was die Menschen ihnen antaten. Denn sie waren die Schwächsten.
    Er ging weiter. Der Berg erstreckte sich nach Süden, ein paar Erhebungen, die man nicht erwartet. Wie weit konnte man so gehen,
     auf diesem Grat? Bis nach Cape Point?
    Er tat das Richtige, aber er wollte weg.
    Er fühlte sich klaustrophobisch.
    Warum? Er hatte keinen Fehler begangen. Das wußte er. Aber etwas stimmte nicht. Es war zu eng hier. Er stand still. Es war
     sein Instinkt, wurde ihm klar. Weiterziehen. Zuschlagen und dann verschwinden. So war es gewesen, damals. Zwei, drei Wochen
     Vorbereitung, bis man seine Aufgabe erledigt hatte, dann stieg man in ein Flugzeug und tauchte unter. Niemals zwei aufeinanderfolgende
     Anschläge am selben Ort, das wäre zu riskant. Dann hinterließ man Spuren, zog die Aufmerksamkeit auf sich. Das war eine schlechte
     Strategie. Aber es war schon zu spät, denn er hatte bereits Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Reichlich Aufmerksamkeit.
    Deswegen mußte er weg von hier, mußte in seinen Wagen steigen und davonfahren.

|228| 28
    Er setzte den Kessel auf.
    »Ich mache Kaffee, Dad«, sagte Carla.
    »Ich möchte es gern machen«, sagte er. Dann: »Ich weiß nicht mal, wie du deinen Kaffee trinkst.«
    »Ich trinke ihn mit Milch, aber ohne Zucker, und Fritz nimmt Milch und drei Zucker.«
    »Drei?«
    »Jungs«, sagte sie achselzuckend.
    »Hast du einen Freund?«
    »Irgendwie

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