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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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da mit einem sanften Lächeln, er war damit beschäftigt, ihnen alles
     zu erzählen.
    Griessel blieb stehen, wollte nicht stören. Und da war noch etwas, er spürte den Verlust, den Neid, aber Cliffy sah ihn, sein
     Lächeln wurde breiter, und er sagte: »Komm rein, Benny.«
     
    Auf der Schwelle seiner Wohnung stand eine kleine Glasvase mit einer einzelnen, ihm unbekannten roten Blume. Unter der Vase
     ein kleiner Zettel, zweimal gefaltet.
    Er nahm ihn hoch, öffnete den Brief, spürte Hoffnung. Anna?
    Willkommen in unserem Haus. Kommen Sie auf einen Tee, wenn Sie Zeit haben.
    Charmaine. 106.
    Scheiße. Er schaute durch den Flur in Richtung 106. Alles ruhig. Irgendwo konnte er einen Fernseher hören. Er schloß schnell
     auf und ging hinein, machte leise hinter sich zu. Er stellte die Vase auf den Frühstückstresen. Er las den Zettel noch einmal,
     knüllte ihn zusammen, warf ihn in seinen neuen Mülleimer. So was wollte er die Kinder morgen nicht sehen lassen.
    |221| Seine Wohnzimmergarnitur. Er blieb stehen und betrachtete sie. Versuchte, sie mit den Augen seiner Kinder zu sehen. Die Bude
     sah weniger verlassen aus als gestern, ein wenig gemütlicher. Er setzte sich in den Sessel. Nicht schlecht. Er stand auf und
     legte sich auf die Couch. Nicht ungemütlich. Er war müde, wollte die Augen schließen.
    Ein langer Tag. Der siebte, seit er das letzte Mal getrunken hatte.
    Sieben Tage. Blieben noch hundertdreiundsiebzig.
    Er dachte an das
Fireman’s Arms
und wie sein Hirn gejammert hatte: Bloß einen Drink. Er dachte an Cliffys Familie. Das Furchtbare war, daß er nicht sicher
     sein konnte, ob seine Familie je wieder so sein würde. Anna, er, Carla und Fritz. Wie kriegte man das zurück? Wie baute man
     eine solche Verbindung wieder auf?
    Er erinnerte sich an das Bild und stand auf, um es zu suchen. Er fand es in seiner Brieftasche und legte sich wieder hin,
     ließ das Licht an. Er betrachtete das Foto. Benny, Anna, Carla und Fritz.
    Schließlich stand er auf, ging ins Schlafzimmer und stellte es auf die Fensterbank über dem Bett. Dann duschte er. Sein Handy
     klingelte, als er sich gerade eingeseift hatte. Er hinterließ eine nasse Spur zum Bett und ging ran. Es könnte ja Anna sein.
    »Griessel.«
    »Hier ist Cloete, Benny. Die Sonntagszeitungen machen mich wahnsinnig«, sagte der Pressesprecher.
    »Sag ihnen, sie sollen zur Hölle fahren.«
    »Kann ich nicht. Das ist mein Job.«
    »Was wollen diese Geier wissen?«
    »Sie wollen wissen, ob Laurens Artemis ist.«
    »Ob
sie
Artemis ist?«
    »Du weißt schon, ob Artemis sie ermordet hat.«
    »Wir wissen nicht, wie dieses Arschloch heißt.«
    Cloete war genervt. »Ist es dieselbe Mordwaffe, Benny?«
    »Ja, es ist dieselbe Mordwaffe.«
    »Und derselbe Tathergang?«
    |222| »Ja.«
    »Und kann ich ihnen das sagen?«
    »Das macht keinen Unterschied.«
    »Es macht einen riesen Unterschied für
mich
«, sagte Cloete. »Denn dann hören sie verdammt noch mal auf, mich anzurufen.« Er legte auf.

27
    Drei Minuten vor zehn klopfte er an der Tür seines eigenen Hauses, wie ein Fremder. Anna öffnete. Dann fragte sie: »Bist du
     nüchtern, Benny?« Und er sagte: »Ja.«
    »Bist du sicher?«
    Er sah ihr in die Augen, um sie wissen zu lassen, daß sein erstes »Ja« genug war. Sie sah hübsch aus. Sie hatte etwas mit
     ihrem Haar gemacht. Es war kürzer. Sie trug Make-up, ihre Lippen glänzten rot.
    Sie ließ sich Zeit. Dann sagte sie: »Ich hole die Kinder.«
    Als er den Fuß hob, um hereinzukommen, knallte sie ihm die Tür ins Gesicht. Er stand entgeistert da, dann dämmerte ihm die
     Demütigung. Er senkte den Kopf, falls die Nachbarn draußen waren und ihn so sahen. Alle würden wissen, daß er herausgeworfen
     worden war. Seine Straße war wie ein Dorf.
    Die Tür öffnete sich wieder, und Carla sprang auf ihn zu, sie schlang ihm die Arme um den Hals, drückte ihn und sagte: »Daddy«,
     wie damals, als sie klein war. Ihr Haar roch nach Erdbeeren. Er hielt sie fest und sagte: »Mein Kind.«
    Er sah Fritz in der Tür stehen, einen Rucksack in der Hand. »Hi, Dad.« Unsicher.
    »Hallo, Fritz.«
    »Bring sie um sechs zurück«, sagte Anna, die hinter ihrem Sohn stand.
    »Mach ich«, sagte er.
    Sie schloß die Tür.
    Warum sah sie so hübsch aus? Was hatte sie heute vor?
    |223| Carla redete zu viel, zu fröhlich, und Fritz saß hinten und sagte kein Wort. Im Rückspiegel konnte Griessel sehen, wie der
     Junge ausdruckslos zum Wagenfenster hinausschaute. In Fritz’ Profil

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