Der Atem Manitous
er es schon einmal getan hatte. In Tokio, als El Nabhals Geist sie an den Rand des Untergangs getrieben hatte. 3
El Nabhal .
Nonas Gedanken irrten durch Zeit und Raum zur Oase des Ma-giers zurück, den sie in früher Kindheit, noch vor Erhalt der Langlebigkeit, kennengelernt hatte. Und der danach so nachhaltig ihr Schicksal geprägt hatte.
Sie war seine dunkle Geliebte geworden - aber die Leidenschaften, die sie mit dem maurischen Hexer teilte, hatten sich grundlegend von denen unterschieden, die Landru und sie seit jener Nacht in Rom miteinander verbanden .
Letztlich hatte sich Nona deshalb auch, als sie gezwungen war, zwischen beiden zu wählen, für Landru entschieden. In einer Vollmondnacht hatte sie El Nabhal, den Meister der magischen Tücher, in seinem Palast getötet - nicht ahnend, daß seine rachedurstige Seele in eines seiner Tücher übergesprungen war, so daß er eine Möglichkeiten fand, sie auch über den Tod hinaus zu verfolgen. Jeder, der das betreffende Tuch berührte, war El Nabhal verfallen und hatte seinen Körper in den Dienst der Rache gestellt .
Als etwas klirrend neben ihr auf den Zellenboden fiel, schrak Nona auf.
Zunächst stoben ihre Gedanken so chaotisch durcheinander, daß sie Zweifel hegte, ob sie sich nicht auch dieses Geräusch nur eingebildet hatte. Aber dann schwang sie doch die zittrigen Beine von der Liege und setzte sich mit klopfendem Herzen auf.
Die Zelle war finster wie eine Gruft. Das Gitterfenster oben war zwar zu erkennen, aber es warf keinerlei verwertbares Licht bis zu Nona hinab. Sie war ummantelt vom Panzer der Finsternis.
Stöhnend rutschte sie auf den Boden und versuchte tastend zu ergründen, ob tatsächlich etwas gefallen war.
Möglicherweise hatte irgend jemand etwas zu ihr hereingeworfen.
Vor Entkräftung schwindelte ihr. Sie kämpfte um ihren Gleichgewichtssinn.
Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, was in Menschen vorging, die ohne die Unterstützung anderer zu nichts mehr fähig waren - so wie es bei ihren Opfern oft der Fall war. Nun kam sie daran nicht mehr vorbei .
Die Finger ihrer Linken stießen gegen etwas Hartes, Längliches. Sie hob es auf. Und noch während sie sich aufrecht setzte, versuchte sie herauszufinden, worum es sich handelte.
Spätestens als die scharfe Klinge in ihre Hand schnitt, ahnte sie es.
Aber für ein Messer war der daran befindliche Holzschaft zu lang. Außerdem endete er nicht glatt, sondern rauh und zersplittert.
Nona erfühlte Gravuren, die sie jedoch nicht deuten konnte. Am Übergang zwischen Metall und Holz waren mehrere Federn befestigt, was auf indianische Herkunft schließen ließ.
Nona unterbrach ihre Untersuchung, richtete den Blick zu dem Fensterviereck und rief mit krächzender Stimme: »Wer . ist da? Geben Sie sich ... zu erkennen! Helfen Sie mir!«
Es war sinnlos. Sie wußte, daß ihr niemand antworten würde.
Mona rief noch ein paarmal, bis ihr Hals vor Heiserkeit schmerzte und sie einsah, daß auch diese Versuche zum Scheitern verurteilt waren.
Das Werkzeug oder die Waffe, die man zu ihr hereingeworfen hatte, erschien ihr plötzlich wie die Aufforderung, sich damit selbst das Leben zu nehmen.
Oder wollte ihr tatsächlich jemand helfen? Warum ließ er dann nicht wenigstens von sich hören? Fürchtete er dieselben Leute, die Nona in diese Lage gebracht hatten?
Plötzlich kam ihr die Idee, daß es mit dieser Klinge vielleicht gelingen könnte, die Tür aufzubrechen.
Ohne wirklich daran zu glauben, schaffte es Nona, auf die Beine zu kommen. Die Zelle war winzig. So etwas wie Entfernungen existierte darin gar nicht. Mit zweit wankenden Schritten erreichte sie den vergitterten Zellenabschluß.
Auch hier war das Dunkel absolut. Nona mußte Tür und Schloß ertasten. Und als sie die Klinge schließlich hinter den Riegel schieben wollte, machte sie eine Entdeckung, die sie ebenso niederschmetterte wie elektrisierte.
Die Tür war gar nicht verschlossen! Sie gab sofort nach, als Nona sich dagegenlehnte!
Im ersten Moment wollte ein Lachen in ihrer Kehle aufsteigen. Aber Nona konnte es unterdrücken. Sie ahnte, daß es zu der schmalen Grenze geführt hätte, hinter welcher der Irrsinn lauerte.
Nein, sie war nicht verrückt! Die Zelle war verriegelt gewesen. Jemand mußte sie unbemerkt aufgeschlossen haben. Aber wer? Und warum?
Nona schluckte krampfhaft. Absurde Hoffnung glomm in ihr auf. Ihre Beine hörten auf zu zittern. Das Chaos in ihren Gedanken lichtete sich.
Sekunden später trat sie
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