Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
brennbaren Ölen gewinnen.
Fluggesellschaften – unter denen Japan Airlines und Virgin Atlantic die Pioniere sind, wobei Letztere auf Routen über den Ostatlantik und die Nordsee Versuche durchführt – haben einige ihrer Triebwerke so umgerüstet, dass sie mit den neuen experimentellen Biotreibstoffen laufen. Meist begnügt man sich aber aus Sicherheitsgründen damit, nur eine von vier Turbinen eines Flugzeugs auf diese Weise umzurüsten. In den ersten Berichten wurde gemeldet, dass diese Turbinen tatsächlich funktionierten, dass sie sich auch wieder starten ließen, wenn man sie abgestellt hatte (anfangs bestand die Befürchtung, dass das eventuell nicht so sein würde), und dass der neuartige Treibstoff auch in großen Höhen nicht einfror (was ebenfalls nicht auszuschließen gewesen war). Einige Fluggesellschaften meinten, dass man die sogenannten green fuels schon 2015 für Passagierflüge einsetzen könne, worauf Friends of the Earth und Greenpeace prompt ihre Skepsis äußerten und ihre Überzeugung kundtaten, der einzig gangbare Weg, die das Klima bedrohende Kohlendioxidemission zu drosseln, bestehe darin, das unaufhörliche Wachstum der Massenfliegerei einzudämmen – und das könne man am besten erreichen, indem man das bislang nicht besteuerte Flugbenzin mit einer saftigen Abgabe belege.
Doch sehr wenige gegenwärtige Formen der Massenbeförderung von Menschen oder auch von Gütern sind vollkommen schuldlos an der »Sünde« der Kohlendioxidemission. Das trifft auch in einem keineswegs geringen Maß auf die Schifffahrt zu, in einer Zeit, da man vom Antrieb durch Segel, also durch die Kraft des Windes, fast vollkommen abgekommen ist. Schiffe produzieren genauso viel Dreck und verbrennen genauso viel Treibstoff wie Flugzeuge. Dass heute auf der Oberfläche des Atlantiks mehr Gedränge herrscht als auf den Flugrouten über ihm, trägt in keinem geringen Umfang zu dem Problem bei. Eine 2007 von der Gesellschaft BP sowie von dem Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen-Weßling in der Nähe von München veröffentlichte Zahl deutet darauf hin, dass aus den Schornsteinen der siebzigtausend Fracht- und Passagierschiffe, die weltweit im Einsatz sind, mehr Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre aufsteigt, als gegenwärtig von allen afrikanischen Ländern zusammen produziert wird.
Die Leiterin einer Forschungsgruppe, die die Auswirkungen der Schifffahrt auf die Umgebung untersucht, Dr. Veronika Eyring, hat Sensoren an Bord des sich seit 2002 in Umlauf befindlichen europäischen Envisat-Satelliten verwendet, um die langgezogenen Rauchwolkenstreifen aufzuzeichnen, die die Fahrtwege von Fernfrachtern markieren. Die starken Winde in der oberen Atmosphäre sorgen dafür, dass die Kondensstreifen von Flugzeugen Minuten nach ihrer Entstehung verweht sind. Das gilt nicht für Schiffe: Man hat in jüngerer Vergangenheit nachgewiesen, dass die gewaltigen Mengen von schwefelhaltigem Ruß und anderen Partikeln, die sich in dem Rauch finden, der unablässig aus den Schornsteinen von Schiffen quillt – und der immer weiter nach oben steigt, da er so viel wärmer ist als die ihn umgebende Luft –, lange Bahnen von niedrigen Wolken entstehen lassen, die wochen- und sogar monatelang in der Atmosphäre hängen bleiben können.
Diese sogenannten ship tracks – kein sehr einfallsreicher Terminus – können vom All aus, also von Satelliten, leicht ausgemacht werden: Es sind sich zwischen Osten und Westen hinziehende größere Streifen von in keiner Beziehung zum Wetter stehenden Wolken, die sich hartnäckig über dem Nordatlantik halten und eindeutig mit den Schifffahrtsrouten in Zusammenhang gebracht werden können. Andere Wolkengebilde dieser Art sind über dem Ostatlantik sichtbar; sie ziehen sich von der westafrikanischen Ausbuchtung bis hinunter zum Kap. Ein besonders ausgeprägter track verbindet Sri Lanka und die Straße von Malakka, und ein weiterer verläuft zwischen den großen Hafenstädten Singapur und Hongkong.
Die unheimliche Beständigkeit dieser Wolken ist darauf zurückzuführen, dass sie durch neue Schiffe, die unter ihnen hindurchdampfen, unablässig »aufgefrischt« werden – die meisten Frachter halten sich sogar draußen auf hoher See an etablierte Schifffahrtsstraßen, um die Vorteile von Winden und Strömungen besser nutzen zu können. Zwei der zehn Hauptsensoren an Bord von Envisat haben sich als außerordentlich nützlich erwiesen. Einer, der die Bezeichnung »Advanced Along-Track
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