Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
Scanning Radiometer« trägt, hat Karten der Ozeane geliefert, auf denen die merkwürdigen Übereinstimmungen zwischen den Niedrigniveau-Wolkenmustern und den bekannten Hauptfahrtrouten großer Frachtschiffe zu erkennen sind. Ein technisch ungeheuer ausgeklügeltes Spektrometer, SCIAMACHY, 55 hat die Emissionsmuster, die sichtbaren wie die unsichtbaren, sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch ihrer chemischen Zusammensetzung aufzuschlüsseln vermocht. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Mithilfe von SCIAMACHY hat das Team um Dr. Eyring nachweisen können, dass die Tausende von Schiffsmaschinen, die die Schrauben großer Frachter auf allen Weltmeeren drehen, jährlich achthundert Millionen Tonnen an Kohlendioxid hervorbringen – nahezu drei Prozent aller Emissionen dieser Art, die von der gesamten Menschheit produziert werden. Die Menge der Emissionen durch Schiffe ist nahezu identisch mit der durch Flugzeuge – Schiffe und Flugzeuge sind also zusammen für fast sechs Prozent des anthropogenetischen Kohlendioxids verantwortlich.
Heute befasst man sich daher nicht nur mit der Umweltverschmutzung durch Flugzeuge, sondern arbeitet auch Pläne aus, um Schiffe beträchtlich effizienter und umweltverträglicher zu machen – mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, nur nicht, indem man etwa ihre Zahl verringert, wozu der rastlose moderne Mensch, dem Mobilität so wichtig ist, anscheinend nicht in der Lage ist.
Einer der effektivsten frühen Ansätze, Ordnung in etwas zu bringen, was seit alters her ein planlos betriebener Gewerbezweig war, kam in den 1950er Jahren zur Anwendung, als ein amerikanischer Transportunternehmer namens Malcolm McLean auf die Idee kam, Fracht in großen Stahlboxen zu verstauen – in Containern. Bis dahin waren Frachtgüter – ob es sich um Säcke mit Kartoffeln, Baumwollballen, Kisten voll Whisky, Automobile oder Maschinengewehre handelte – mithilfe von Kränen in die Laderäume von Schiffen hinabgelassen worden, wo man sie so stapelte, wie ihre Form und Größe es zuließen. Diese Arbeit war von Trupps teurer, oft korrupter und streng gewerkschaftlich organisierter Schauerleute vorgenommen worden; man konnte überall an den Kais Szenen miterleben, wie Elia Kazan sie in dem Film On the Waterfront so eindrucksvoll eingefangen hat.
Der Vorteil, Container von Einheitsgröße zu verwenden, zwanzig oder vierzig Fuß lang, in die Hersteller und Händler ihre Produkte schon in der Fabrik oder auf der Farm verpackten, bestand darin, dass diese großen Boxen auf Lastwagen oder Güterwagen gehoben, zu den Verladekais gebracht und im Nu mit Spezialkränen auf den Decks wartender Schiffe gestapelt oder in deren Laderäumen verstaut werden konnten. Anschließend wurden sie zu entfernten Häfen transportiert, wo man sie, ohne dass sie zwischendurch geöffnet worden wären oder ihr Inhalt mit menschlichen Händen in Berührung gekommen wäre, wieder vom Schiff herunter- und erneut auf Lastwagen oder Güterwagen lud, die sie zum eigentlichen Zielort brachten. Das war die Geburt dessen, was man »intermodale Verfrachtung« nennen könnte: Ein schwimmendes Fahrzeug – ein Schiff – kam dabei nur in einer bestimmten Phase einer langen Transportkette zum Einsatz, bei der man auch auf verschiedene andere Fahrzeugtypen zurückgriff. Und auf diese Weise wurden von jener Zeit an mit rigoroser Effizienz und Ökonomie Produkte von überallher überallhin befördert.
Der Mann, der die epochemachende, ja die Welt verändernde Idee hatte, Frachtgut unterschiedlichster Art in genormten Containern unterzubringen: Malcolm McLean, ein ehemaliger Lastwagenfahrer aus North Carolina.
Das war eine Entwicklung, die zwar die Kosten senkte und die Effizienz steigerte – doch sie beraubte auch auf einen Schlag die atlantische Frachtschifffahrt der ganzen Romantik, die ihr noch anhaftete, und ihres ganzen Reizes. Containerschiffe – und sie stellen heute die bei Weitem größten Schiffe auf der Welt dar: das derzeit größte, die dänische MV Emma Maersk , verdrängt 219000 Tonnen und kann mit einer Geschwindigkeit von bis zu einunddreißig Knoten 15000 Container befördern – gehören zweifelsohne zu den hässlichsten von Menschen ersonnenen Objekten seit den Sozialbauprojekten von Le Corbusier. Alle die, deren Herz noch an Klippern hängt, an Quinquiremen oder vielleicht sogar an irgendwelchen dreckigen britischen Küstenmotorschiffen, verfluchen den Tag, an dem diese kantigen Monstrositäten, die zu den
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