Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
Meeres oder in deren Nähe zu Hause sind und ihren Lebensunterhalt aus ihm beziehen. Ob diese Konsequenzen sich nur temporär oder permanent auswirken werden, spielt kaum eine Rolle: Wichtig ist, dass sie jedermann betreffen werden und nicht nur die Narwaljäger von Ittoqqortoormiit.
Im Kernpunkt des Streits scheinen folgende Fakten zu stehen, die wohl unwiderlegbar sind (was, wie wir sehen werden, nicht bedeutet, dass man sie nicht zu widerlegen versucht). Erstens lässt sich ganz klar mit Messungen dokumentieren, dass sich während des letzten Vierteljahrhunderts die durchschnittliche Temperatur der Atmosphäre an der Erdoberfläche um durchschnittlich 0,19 Grad Celsius pro Jahrzehnt erhöht hat. Zweitens haben Beobachtungen von Schiffen oder Flugzeugen aus sowie solche, die von Wissenschaftlern mithilfe von Satelliten oder auch am Boden vorgenommen wurden, erwiesen, dass die Eisflächen und -kappen im Arktischen Ozean, auf Grönland und dem antarktischen Kontinent ausnahmslos zurückgehen. Außerdem ist unbestreitbar, dass seit 1990 die Gletscher und Eiskappen anderswo, die sich seit einem halben Jahrhundert in einem Prozess des langsamen Schrumpfens befanden, plötzlich angefangen haben, sehr schnell zu schmelzen. Und drittens haben Satellitenaufnahmen gezeigt, dass der Spiegel der Weltmeere in den letzten eineinhalb Jahrzehnten um 3,4 Millimeter jährlich angestiegen ist, und dieser Wert dabei ist zuzunehmen.
Zusätzlich zu diesen harten Fakten wird von der überwältigenden Mehrheit der Klimatologen eine Reihe nicht so gesicherter – oder anfechtbarerer – Behauptungen und Vorhersagen abgegeben. Erstens nimmt man an, dass die Meeresspiegel weltweit weiter steigen und sich 2100 um mehr als einen Meter erhöht haben werden, vielleicht sogar um zwei. Zweitens steht dieses Ansteigen der Meeresspiegel mit dem Abschmelzen der Eiskappen in Zusammenhang. Drittens nähern wir uns jetzt schnell einer Reihe von sogenannten »tipping points«, Umkipp-Punkten, und wenn der beobachtete Prozess der Erwärmung anhält (was keineswegs gewiss ist), dann werden alle möglichen Merkmale der Welt und Erscheinungen auf ihr einem Wandel unterworfen, der vielleicht nicht reversibel ist. Die Regenwälder werden ebenso von ihm betroffen sein wie die Monsunwinde, er wird sich auf die Häufigkeit von Hurrikans und die Versteppung von Territorien auswirken.
Das vierte Phänomen, auf das viele verweisen und an dessen tatsächliche Existenz heute die meisten glauben, ist das zeitliche Zusammentreffen der genannten Entwicklungen mit einem dramatischen Anstieg der Menge an Kohlendioxid und anderen sogenannten Treibhausgasen, die aus Schornsteinen und Auspuffrohren in die obere Atmosphäre aufsteigen, sich dort ablagern und verhindern, dass Wärme von unserem Planeten entweichen kann. Diese Emissionen, die alle auf die eine oder andere Weise durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursacht werden, haben seit 1990 um nicht weniger als vierzig Prozent zugenommen.
Viele Menschen sind davon überzeugt, dass die Erderwärmung, das Schmelzen der Eiskappen und Ansteigen der Meeresspiegel mit der Zunahme des durch den Menschen verursachten Kohlendioxidausstoßes nicht nur zeitlich zusammenfällt, sondern Letztere die Ursache für alle diese Entwicklungen ist. Das ist aber der Punkt, bezüglich dessen die beiden unterschiedlichen Gruppierungen Front gegeneinander machen. Während die eine darauf beharrt, dass das so ist, zweifelt die andere dies an und meint, das Geld, das allenthalben dafür verwendet wird, um eine Verringerung der Kohlendioxidemission zu erreichen und den Erwärmungsprozess aufzuhalten, könne und solle sinnvoller für andere Projekte eingesetzt werden. Die große Zahl der auf der Erde lebenden Menschen, argumentieren diese Zweifler, stelle das Hauptproblem dar, und man müsse zunächst andere gravierende Notstände beheben, etwas gegen Krankheiten, den Mangel an Trinkwasser oder die weit verbreitete Armut unternehmen, bevor man sich dem absolut nicht nachweisbaren Nexus zwischen Kohlendioxidemission und globaler Erwärmung widmen dürfe.
3. Das Meer steigt und steigt
P rognosen zufolge wird die Erderwärmung vielfältige Folgen haben. Einige davon betreffen ausschließlich das feste Land – wie die größere Häufigkeit von Dürreperioden und die flächenmäßige Zunahme von Wüstengebieten –, die meisten aber die Meere. Zwei Auswirkungen der globalen Erwärmung scheinen besonders gravierend zu sein: das Ansteigen der
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