Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
Meere sowie potenzielle umfassende und weltweite Veränderungen des Wetters.
Das Ansteigen der Meeresspiegel weckt vielleicht das größte unmittelbare Interesse, nicht zuletzt weil die Millionen Menschen, die an den Ufern eines Meeres leben, oft hautnah zu spüren bekommen, dass ein solcher Prozess im Gang ist. Es gibt zwei Ursachen für dieses Phänomen, das sehr real ist und von Wissenschaftlern schon seit Längerem registriert wird; seit 1870, als die relevanten Daten noch mithilfe von mechanischen Wasserstandsmessern ermittelt wurden, bis heute, da Satelliten diese Aufgabe übernehmen, hat sich das Niveau der Weltmeere um rund zwanzig Zentimeter erhöht.
Ein simples physikalisches Gesetz liefert die erste Erklärung dafür: Wenn seine Umgebungstemperatur steigt, dehnt Wasser sich aus. Die sich erwärmende See wird also mit anderen Worten nicht eigentlich größer, das Wasser wird nicht mehr , sondern es schwillt an .
Man geht zwar davon aus, dass diese Ausdehnung aufgrund von Wärmezufuhr für ungefähr vierzig Prozent des weltweiten Anstiegs der Meeresspiegel verantwortlich ist, doch lässt sich das nur schwer nachweisen. Man bekommt manchmal auch die Theorie zu hören, dass bei heißerem Wetter die Becken der Meere sich ebenfalls ausdehnen, der Wasserspiegel daher die gleiche Höhe behält. Physiker, die sich der Theorie vom Anschwellen des Wassers anschließen, kontern aber mit dem Hinweis darauf, dass Wasser sich stärker ausdehnt als Felsgestein, und sie daher mit ihrer Behauptung recht haben.
Der andere Grund dafür, dass das Niveau der Meere ansteigt, ist viel leichter einzusehen; er soll für sechzig Prozent des Anstiegs verantwortlich sein und hat mit dem Aggregatzustand zu tun, in dem Wasser auf einem großen Teil unserer Welt vorkommt: Es ist in großen Höhen und an den Polen vor allem in Form von Eis vorhanden, also in gebundener Form. Solange das auf dem festen Land vorkommende Eis – in Gestalt von Gletschern, Eiskappen, Schneefeldern – nicht schmilzt, ist alles in Ordnung, oder es herrscht zumindest Stabilität. Doch ein großer Teil dieses Eises ist dabei zu schmelzen, ein Prozess, der vor zwanzig Jahren oder sogar schon früher eingesetzt hat. Wenn der Vorgang weiter anhält und sich sogar noch beschleunigt, wie es seit einiger Zeit der Fall ist, das heißt, wenn das ganze gebundene Wasser sich verflüssigt und in die Meere strömt, dann wird das Riesenprobleme bereiten.
Da das Vorhandensein von Eis entscheidend für die Stabilität der Meere ist, gilt es vor allem, den Atlantik im Auge zu behalten. Von den drei großen Ozeanen der Welt ist er derjenige, in dem und an dem die bei Weitem größte Menge Eis vorkommt. Ein Blick auf eine Karte zeigt, warum er in größerem Maß als die beiden anderen Ozeane ein Auffangbecken für polares Treibeis ist.
Der Pazifik ist von der Arktis beispielsweise durch die nur sechzig Meilen breite Beringstraße getrennt, und wenn im Beringmeer im Winter auch eine Menge Eisschollen treiben, produzieren die Gletscher in Alaska und Kamtschatka sowie dem hohen Norden Russlands relativ wenig neues Eis. Die südamerikanischen Anden lassen an der chilenischen Küste einiges Eis in den Südpazifik gleiten – das meiste schmilzt aber schon in großen Höhenlagen und bildet Seen, aus denen Flüsse entspringen, die sich durch Argentinien hindurch einen Weg zum Atlantik bahnen. Der Südpazifik steht außerdem kaum in Verbindung mit den Eisfeldern der Antarktis. Dieser von Permeis bedeckte Kontinent liegt Hunderte von Meilen südlich von der Linie, an der den Kartografen der International Hydrographic Organization in Monaco zufolge der Südpazifik offiziell endet. Und der Indische Ozean, der überwiegend ein Ozean der südlichen Hemisphäre ist, besitzt ebenfalls keine physische Verbindung zur Arktis. Seine südliche Grenze ist – wie die des Pazifiks – viele hundert Meilen von der Küste der Antarktis entfernt. Im Südpazifik und im Indischen Ozean kommen sehr selten, ja so gut wie nie Eisberge vor, und auch Eisschollen sind äußerst rar. Ihr Vorkommen oder Nichtvorkommen hat aber ohnehin nur eine jahreszeitlich begrenzte Auswirkung auf das Niveau des Meeres.
Der Atlantik jedoch ist im Gegensatz zu den beiden anderen Ozeanen nicht nur eng mit dem bitterkalten Wasser an den Polarkreisen verbunden, sondern auch mit Festlandgebieten, die Eisberge in großer Zahl produzieren. Sowohl an seinem nördlichen als auch an seinem südlichen Ende erhält der Atlantik mehr
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