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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Kommunikation, die weitreichende, nachhaltige Konsequenzen hatte. Wenn einer der ersten Menschen, die am Meer lebten, zu einem Gezeitentümpel, der besonders reich an Krabben war, zog, konnte er nur hoffen, dass andere aus seiner Sippe es ihm gleichtun würden. Doch irgendwann kam jemand auf die Idee, ein Zeichen zu verwenden: Er benutzte den erst kürzlich erfundenen »Farbstift« dazu, den betreffenden Tümpel mit einer gut sichtbaren, dauerhaften Markierung zu versehen – womit er, mit einem einzigen Strich gewissermaßen, sicherstellte, dass alle seine Gefährten diese Nahrungsquelle auf ihren Streifzügen finden würden. Auf diese Weise wurde eine komplexere Art der Kommunikation begründet, und aus solchem Übermitteln von Botschaften mithilfe von Symbolen entstand im Lauf der Zeit Sprache – und die Fähigkeit, sich mittels verbaler Botschaften zu verständigen, zeugt von mentaler Weiterentwicklung; sie ist etwas, das den modernen Menschen auszeichnet.
    4. Aufbrüche
    Z u Beginn war der Atlantik ein ausgesprochen einseitig besiedelter Ozean, in dem Sinn, dass seine Küsten im Osten recht dicht bevölkert waren, während viele Tausende von Jahren keine Menschen – oder keine Humanoiden – auf seiner Westseite lebten. Anfangs wurden die Küstenstriche im Osten von Ankömmlingen aus dem kontinentalen Binnenland in Besitz genommen, die wenig Erfahrung mit allem hatten, was das Meer betraf, und nicht geschickt im Umgang mit ihm waren. Es verwundert daher nicht, dass es lange dauerte, bis Seeleute es wagten, sich weit von der Küste zu entfernen. Es vergingen Millenien, bis man die im Atlantik gelegenen Inseln erforschte, und es dauerte noch viel länger – geradezu übermäßig lange –, bis jemand den Ozean überquerte. Dieser blieb Zehntausende von Jahren lang eine Barriere aus Wasser, erschreckend und offenbar unüberwindbar.
    Die heutigen Forschungen, die dies alles zu erkennen geben, haben nichts mehr mit den archäologischen Grabungen und dem Im-Boden-Gestochere aus vorviktorianischen Zeiten gemein. Die Aufschlüsselung des menschlichen Genoms im Jahr 2000 ermöglicht es, präzise zu ermitteln, wer im Altertum an welchem Ort und zu welcher Zeit ansässig war. Man braucht dazu nur die DNA der heutigen Bewohner einer Region genau zu analysieren. Natürlich kann man weiterhin auf die Suche nach Topfscherben und Fragmenten von dekorativen Kunstwerken gehen und aus den Funden Schlüsse ziehen – und das Romantische an dieser Tätigkeit ist nicht verflogen –, doch wenn man binnen kurzer Zeit feststellen will, wie sich die Menschheit auf der Erde verbreitet hat, gibt es keine bessere Methode, als mithilfe des Computers das genetische Material zu untersuchen.
    Auf der Ostseite des Atlantiks bildeten sich schon Siedlergemeinschaften, als sich im Westen noch einzelne im Landesinneren lebende Menschenhorden rastlos durch die dichten Wälder hindurch einen Weg Richtung Meer bahnten. An der Levante hatten Menschen der Jungsteinzeit in ihrer Lebenssphäre bereits eine Stadt geschaffen: Jericho. Inzwischen gehörten alle Menschen auf der Welt der Art Homo sapiens an, keine andere Spezies hatte das Paläolithikum überlebt – und sie scheinen, von unserem Ende des Zeitteleskops aus gesehen, beinahe rasend schnelle Fortschritte gemacht zu haben. Die Menschen, die zu einer Zeit, als die westliche Atlantikküste noch so gut wie unbewohnt war, Jericho gründeten und sich dort niederließen, behauten Steine und bauten verschiedene Sorten Hirse und Einkornweizen an. Nur ein paar tausend Jahre später, als in Felle gehüllte Ojibwe, Cree und Eskimos ihr Bestes taten, um im Norden Amerikas die ersten primitiven und noch sehr unwirtlichen Siedlungen anzulegen, verstanden die Menschen im Fruchtbaren Halbmond und weit darüber hinaus, auch in so entlegenen Regionen wie Irland, sich schon darauf, Gefäße auf der Töpferscheibe zu formen sowie Hunde zu halten und Schweine und Schafe zu züchten. Sie hatten Steine zu Axt- und Sichelblättern zugehauen, Hünengräber und Steinkreise errichtet, wussten, wie man Nahrungsmittel mit Salz haltbar machte, und würden sehr bald lernen, Erz zu schmelzen.
    Überdies war es diesen Ostmenschen bereits gelungen, Boote zu bauen. Ganz zu Anfang, vor nicht weniger als zehntausend Jahren, hatten in Holland und Frankreich ansässige Menschen die Stämme umgestürzter Bäume mit Werkzeugen oder auch mithilfe von Feuer ausgehöhlt und auf diese Weise Einbäume hergestellt, mit denen sie die

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