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Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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der Kerl merkte, was los war. Doch das dauerte eine Weile.
    »He«, sagte Keule. »Was soll das? Sie haben gerade meinen −« Und dann fiel der Groschen. »Sie tragen ja keine Handschellen.«
    »Was für ein kluges Kerlchen«, sagte Turnball, stieß Keule den Elektrostock in den Bauch und jagte eine 10 000-Volt-Ladung durch den Körper des Wichtels. Der Aufseher zuckte auf den Zehenspitzen wie eine hysterische Ballerina und sackte dann in einen schlaffen Haufen zusammen.
    »Sie haben meinem Kollegen einen Stromstoß versetzt«, sagte Vishby mit ausdrucksloser Stimme. »Das sollte mich eigentlich aus der Fassung bringen, aber es macht mir nichts aus. Ich finde es sogar gut, auch wenn man mir das nicht anmerkt.«
    Turnball zwinkerte Unix erneut zu, was so viel bedeutete wie: Hier siehst du deinen genialen Boss bei der Arbeit .
    »Sie brauchen nichts zu fühlen, Mister Vishby. Sie brauchen nur die Sicherheitsbügel Nummer drei und sechs zu lösen.«
    »Nur drei und sechs? Wollen Sie nicht alle Ihre Freunde befreien? Sie sind so lange einsam gewesen, Turnball.«
    Mit einem Zischen lösten sich Bügel drei und sechs.
    Turnball stand auf und streckte genüsslich die Beine, als hätte er stundenlang gesessen. »Noch nicht, Mister Vishby. Einige von meinen Freunden haben mich vielleicht vergessen.«
    Unix wurde ebenfalls befreit und machte sich sofort an die Arbeit. Er nahm Keule Stiefel und Gürtel ab, dann zog er das Oberteil seines Overalls herunter und knotete es sich um die Taille, damit das Narbengewebe seiner Flügelknubbel ein wenig Luft bekam.
    Turnball verspürte ein vages Unbehagen. Unix war ein äußerst seltsamer Kerl, ergeben bis in den Tod, aber irgendwie verstörend. Er hätte sich die Knubbel von einem Schönheitschirurgen entfernen lassen können, doch er zog es vor, sie wie eine Trophäe zu tragen.
    Falls er jemals das leiseste Anzeichen von Illoyalität erkennen lässt, werde ich ihn erschießen müssen wie einen Hund. Ohne zu zögern.
    »Alles in Ordnung, Unix?«
    Der blasse Feenmann nickte kurz und wandte sich wieder Keule zu, den er von Kopf bis Fuß filzte.
    »Nun denn«, sagte Turnball und brachte sich für seine große Rede in Position. »Meine Herren, wir stehen kurz vor einem verwegenen Gefängnisausbruch , wie die Presse das nennen würde. Einige von uns werden ihn überleben, andere leider nicht. Die gute Nachricht ist, Sie haben die Wahl.«
    »Ich will überleben«, sagte Ching Mayle, ein mürrischer Kobold mit Bissnarben am Schädel und Muskeln bis an die Ohren.
    »Nicht so schnell, Mayle. Dazu brauche ich den Beweis, dass ich Ihnen vertrauen kann.«
    »Sie können auf mich zählen, Captain.«
    Das kam von Bobb Ragby, einem Zwerg, der neben den Handschellen zur Sicherheit noch einen Maulring trug. Er hatte in zahlreichen Gefechten an Turnballs Seite gekämpft, einschließlich der schicksalhaften Begegnung auf den Tern Islands, bei der Julius Root und Holly Short Turnball schließlich festgenommen hatten.
    Turnball schnippte gegen den Maulring, dass er klirrte.
    »Kann ich das wirklich, Mister Ragby, oder hat das Gefängnis Sie verweichlicht? Haben Sie immer noch den nötigen Biss?«
    »Nehmen Sie mir den Ring ab, dann werden Sie’s schon sehen. Ich verschlinge den Aufseher da auf einen Satz.«
    »Welchen Aufseher?«, fragte Vishby, der trotz der pulsierenden Rune an seinem Hals nervös wurde.
    »Keine Sorge, Vishby«, beruhigte Turnball ihn. »Mister Ragby meinte nicht Sie, oder, Mister Ragby?«
    »Doch, eigentlich schon.«
    Turnball schlug die Hände vor den Mund. »Ach herrje, das wird jetzt aber schwierig, Mister Vishby. Sie haben mir keinen geringen Dienst erwiesen, aber der gute Bobb Ragby möchte Sie fressen, und das wäre sehr unterhaltsam. Außerdem wird er unleidlich, wenn wir ihn nicht füttern.«
    Vishby wollte entsetzt sein und radikal durchgreifen, aber die Rune an seinem Hals hinderte ihn an jedem Gefühl, das stärker gewesen wäre als die leise Beunruhigung, die er empfand. »Bitte, Turnball − äh, Captain. Ich dachte, wir wären Freunde.«
    Turnball Root dachte einen Moment darüber nach. »Sie haben Ihr Volk verraten, Vishby. Wie kann ein Verräter mein Freund sein?«
    Trotz der magischen Betäubung bemerkte Vishby die Ironie, die in Turnballs Worten lag. Hatte nicht auch Turnball Root etliche Male sein Volk verraten und sogar Verbrecherkollegen für ein paar Bequemlichkeiten während des Gefängnisaufenthalts geopfert?
    »Aber Ihre Modellteile«, protestierte er schwach.

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