Der Attentäter - The Assassin
Aktivitäten würden
»weder von dieser noch von jeder anderen Administration einfach hingenommen« werden.
Er legte die Zeitungen weg und nippte geistesabwesend an seinem Kaffee, der anscheinend schon vor einigen Stunden gekocht worden war. Alles lief nach Plan. Die Iraner standen zunehmend unter Verdacht, die verschiedenen Gruppierungen im Irak gingen sich gegenseitig an die Kehle, und zwischen den Fronten standen die Amerikaner, die täglich hohe Verluste hinnehmen mussten. Wenn die Delegation in New York erst einmal aus dem Verkehr gezogen war, würde das Land mit größter Wahrscheinlichkeit in den Bürgerkrieg abgleiten, und damit war Izzat al-Douri am Ziel.
Ein dumpfes Donnergrollen riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte auf die Uhr, und Raseen, der seine Bewegung aufgefallen war, schaute über die Schulter. Auf der anderen Seite des Platzes standen Touristen vor dem Brandenburger Tor, von denen wahrscheinlich nicht alle wussten, dass es nur einige Kilometer weiter östlich, am Pariser Platz in Berlin, noch ein deutlich größeres Tor gleichen Namens gab. Die meisten Touristen hatten Kameras und Rucksäcke dabei, einige vorsorglich auch einen Schirm. Als Vanderveen sie betrachtete, löste sich ein Mann aus der Gruppe, ging zur Mitte des Platzes und machte ein paar Bilder mit einer Digitalkamera.
»Das ist er nicht«, sagte Raseen leise. »Die Klamotten stimmen, aber das ist nicht Rühmann. Warum ist er nicht gekommen?«
Vanderveen zuckte die Achseln. Er hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass der Österreicher persönlich auftauchen würde. Der Mann auf dem Platz, der sich nervös umblickte, war Karl Lang, Rühmanns Leibwächter und rechte Hand. In dem Schnellhefter, den sie am Vortag bekommen hatten, waren
auch ein Bild von und Informationen über Lang enthalten gewesen. Vor ihrer Abreise aus London hatte Vanderveen sich alles eingeprägt und die Papiere in einen Gully in der King’s Road geworfen.
»Ich weiß es nicht.« Er hob eine Hand und winkte Lang herbei. »Aber er ist wegen uns hier. Also können wir ihm ruhig guten Tag sagen.«
Lang war ein kleiner, stämmiger Mann, der auf die vierzig zuging. Um seinen Hals hing eine teure Nikon-Kamera, der Riemen steckte unter dem speckigen Kragen seiner leichten Baumwolljacke. Er hatte seltsam androgyne Gesichtszüge, was nicht zu seinem groben Körperbau passte. Als er in ihre Richtung kam, nahm er seinen blauen Rucksack ab, und sobald er in dem Café neben ihnen Platz genommen hatte, warf er ihn lässig unter den Tisch, wo er neben einem fast identischen Rucksack landete.
»Wie sind Sie hergekommen?«, fragte er auf Englisch, in einem unverkennbar aggressiven Ton.
»Wir haben ein Auto«, antwortete Raseen. »Es ist uns niemand gefolgt.«
Lang schnaubte, sagte aber nichts.
»Wo ist Rühmann?«, fragte Vanderveen. »Man hat mir gesagt, er würde kommen.«
Das trug ihm einen abschätzigen Blick ein. »Mein Boss ist ein sehr wichtiger Mann und kann es sich nicht leisten, seine Zeit mit unbedeutenden Kleinigkeiten zu verschwenden. Außerdem sind Treffen gefährlich. Diese Geschichte hätte am Telefon abgewickelt werden können.«
»Was ist mit dem Schlüssel für den Container auf dem Lagerplatz?«
»Hätte man per Post schicken können.« Lang beugte sich wütend vor. »Lassen Sie uns eins klarstellen. Ich will eigentlich nicht hier sein, und Sie imponieren mir schon gar nicht. Für einen Profi gehen Sie eine Menge unnötiger Risiken ein. Ich weiß, wer Sie sind, Vanderveen, genau wie Herr Rühmann. Haben Sie wirklich gedacht, wir würden Ihre wahre Identität nicht herausbekommen? Was glauben Sie, wie er sonst so lange in diesem Geschäft überlebt hätte?«
»Bestimmt nicht, weil er arrogante kleine Scheißer wie Sie beschäftigt«, antwortete Vanderveen ruhig. Der Deutsche schäumte vor Wut und streckte die Hand nach ihm aus, aber Raseen stieß sie weg.
»Aufhören«, zischte sie. »Wir sind in der Öffentlichkeit.« Sie bedachte Lang mit einem kalten Blick, und der zuckte unwillkürlich zurück. »Da Sie hier sind, nehme ich an, dass die Zahlung eingegangen ist.«
»Ja, die Überweisung ist eingegangen«, bestätigte Lang. »Der Schlüssel ist in dem Rucksack und passt für Container 124 auf dem Lake-Forest-Lagerplatz in Montreal. Eine Wegbeschreibung vom Flughafen Trudeau-Montreal finden Sie dort ebenfalls, zusammen mit einer Rechnung für den Dampfkessel. Bleibt die Frage nach der Ausrüstung. Sie wissen, was Sie
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